Holpriger Start in die heurige Fahrradsaison

Im Frühjahr startet traditionell die Fahrradsaison.
Mit der Pandemie kam auch ein regelrechter Fahrradboom. Laut dem Verband der Sportartikelerzeuger und Sportausrüster Österreichs (VSSÖ) wurden 2021 etwas mehr als 490.000 Fahrräder verkauft und 1,027 Milliarden Euro umgesetzt. Dabei handele es sich um die Einkaufszahlen vom heimischen Sportartikel- und Fahrradfachhandel, nicht die der Endkunden. Die Verkaufszahlen schossen durch die Decke. Aufgrund diverser Covidverordnungen in den vergangenen beiden Jahren stand kurzzeitig immer wieder so gut wie alles still, und Menschen durften sich nur im Freien und mit Abstand bewegen. Viele haben daher ihr Geld in ein Rad investiert. Die hohe Nachfrage hält noch immer an, und daraus resultieren nach wie vor Lieferengpässe und Verzögerungen. Hinzu kommt, dass verschiedene Initiativen – wie etwa das „Jobrad“ – Menschen zum Fahrradfahren animieren möchten.
Lieferprobleme
Das hohe Kaufinteresse bringe die Lieferketten weltweit ins Stocken, und auch bei der Fertigung der Räder komme man nicht mehr hinterher, berichtet Wolfgang Haberstock, Leiter der Filiale Zweirad Express Loitz in Lauterach. Des Weiteren seien ganze Produktionswerke für Fahrradteile in Asien aufgrund von Covidfällen stillgelegt worden. Folgen davon: Das Fahrrad wird teurer. „Die Teuerung, die wir haben, kommt zum einen von den Frachtkapazitäten, die zusammengebrochen sind. Zum anderen sind Containerpreise und Transportkosten in die Höhe geschossen. Die allgemeine Preissteigerung, sprich Inflation, kommt noch dazu, und die Hersteller gehen selbstverständlich auch mit den Preisen hoch. Seit 2020 kam es zu ungefähr 15 Prozent Preiserhöhung“, erklärt Haberstock. Er selbst habe die Räder, die aktuell im Geschäft ausgestellt sind, teilweise bereits im Februar 2021 bestellt. „50 bis 60 Prozent meiner bestellten Menge kommt allerdings erst im Laufe dieses Jahres.“ Vom Händler KTM fehle ihm beispielsweise noch 80 Prozent der Ware. Trotzdem könne er noch alle Kunden bedienen, denn er habe große Mengen bestellt und bekomme wöchentlich neue Räder geliefert. „Wir sind der größten Fahrrädhändler Vorarlbergs und haben daher das Privileg, das Einkaufsvolumen stemmen zu können.“ Dies sei sicherlich nicht bei allen der Fall.
Auch bei Ersatzteilen sei die Verfügbarkeit schwierig. Den Ukrainekrieg spüre man dahingehend, dass es etwa Lieferschwierigkeiten bei den Batterien gebe. Denn dort werden auch teilweise Komponenten für diese hergestellt. Ein anderes Problem sei beispielsweise auch, dass die Lieferanten gewisse Teile nicht lieferbar hätten. Das heißt: „Wir müssen improvisieren, warten oder viel Geld investieren. Teile, die wir im Internet bestellen, zahlen wir nämlich zum vollen Preis.“

Schon Ware für 2024 bestellt
Dass bestellte Räder oder Ersatzteile nicht lieferbar sind, weiß auch Andreas Broger von Sport Broger in Mellau, er wartet noch auf weit über 100 Bikes, was etwa 20 bis 30 Prozent seiner ursprünglich bestellten Menge ausmacht. Termine, wann die Räder ankommen sollen, gebe es schon länger keine mehr. „Es kommt, wenn’s kommt.“ Bereits im Herbst und Winter konnte Broger einige Räder verkaufen, daher könne es sein, dass der ein oder andere Kunde derzeit bei einem speziellen Wunsch leider warten müsse. Gerade erst habe er schon manche Marken für das Jahr 2024 bestellt. „Wir planen mit gewissen Herstellern mittlerweile zwei Jahre voraus.“ Dabei müsse man sich voll und ganz auf den Hersteller verlassen und sei fast gezwungen, das ganze Portfolio mit zu bestellen.
Ebenfalls schon Fahrräder für 2024 bestellt hat Reini’s Bikeshop aus Lustenau. Geschäftsführer Reini Hämmerle meint: „Schon vor der Pandemie war eine große Nachfrage da, die ist jetzt aber explodiert. Die Fertigung kommt nicht mehr hinterher. Die Branche ist zwei Jahre im Rückstand.“ Ersatzteile sind genauso schwierig in der Beschaffung. „Zum Teil sind diese bei den bekannten Lieferanten nicht mehr verfügbar. Wir müssen sie dann auf neuem Weg besorgen.“ Schwer zu bekommen seien aktuell beispielsweise Kassettenkränze oder Scheibenbremsen.
Hämmerle vermutet, dass es auch die nächsten fünf Jahre noch zu Lieferschwierigkeiten kommen wird.
„Wenn sich überhaupt je wieder was ändert, es ist wirklich eine extreme Situation“, gibt er zu bedenken.
Frühzeitig reagiert
Philipp Giselbrecht hat erst letztes Jahr im April gemeinsam mit Anton Meusburger das Geschäft „Radau“ in Andelsbuch eröffnet. Sein Partner, gleichzeitig auch Geschäftsführer bei Mazda Meusburger in Andelsbuch, hat schon zuvor im Autohaus ein paar Bikes verkauft. Die beiden entschieden sich dann aber, gemeinsam einen separaten Bikeshop zu gründen. Meusburger habe 2020 frühzeitig reagiert und deutlich mehr Räder fürs kommende Jahr bestellt, als er im Jahr 2020 verkauft habe. Zusätzlich hätten sie ihr Sortiment dann nochmals um drei weitere Marken erweitert. „Wir waren letztes Jahr daher gut eingedeckt und hatten eine Vielzahl an Rädern.“ Zu ihrem Glück, denn aus diesem Grund haben sie auch heuer noch genügend Drahtesel auf Lager. Trotzdem: „Es ist dringend notwendig, dass Ware nachkommt, sonst ist das Lager irgendwann leer“, meint Giselbrecht mit Blick auf die Lieferzeiten, die sich im Jahr 2022 nochmals verschlechtert hätten. „Auf manche Räder wartet man 26 Monate. Die, die wir letztes Jahr bestellt haben, kommen jetzt nach und nach an. Manche werden allerdings erst im Herbst 2023 geliefert.“
Alternativen gefragt
Das Wichtigste sei daher: „Man muss den Kunden Alternativen bieten können.“ Bei gewissen Marken sei das Rad in nur einem Jahr um 20 Prozent teurer geworden. Das sei aber das Maximum an Preissteigerung gewesen. „Ein E-Bike, welches 5000 Euro gekostet hat, kostet jetzt 1000 mehr. Es ist aber das gleiche Rad.“