Hervorragende Kunst von Frauen

Im Kunstraum Remise in Bludenz sind derzeit die von Andrea Fink und Isabella Marte 2022 getätigten Kunstankäufe des Landes zu sehen.
Andrea Fink und Isabella Marte haben sich durch die Anträge der Künstlerinnen und Künstler gewühlt und sind durch das Land getourt, um 15 Positionen um insgesamt 120.000 Euro anzukaufen – darunter Werke von elf Frauen. Herta Pümpel und Erhard Witzel hatten 2021 noch 40 Positionen aus den Mitteln des Landes erstanden. Die aktuelle Präsentation im Kunstraum Remise, wie die ehemalige Galerie allerArt nun heißt, zeigt: Die Beschränkung auf weniger gewichtige und vor allem weibliche Kunst ist genau richtig. Die Qualität ist hervorragend und unter bewährten Kuntschaffenden lassen sich auch für versierte Kunstgänger veritable Neuentdeckungen machen.

Auffallend ist die 31-teilige Installation „Kraftwerk“ von Carmen Pfanner, die mit 30.000 Euro die teuerste je erworbene Anschaffung im Rahmen der Kunstankäufe sein dürfte. Roter Latex, Klein- und Großmobiliar, verknüpft mit Leitungen hat Pfanner über zehn Jahre zu einer bemerkenswerten individuellen Mythologie erweitert.
Für die Summe musste auch die Kunstkommission des Landes aktiv werden, denn ab 3500 Euro muss sie den Sanctus zu einem Ankauf geben. Die vollständige Arbeit wird 2024 auch im Atrium des Vorarlberg Museums ausgestellt sein. Dazu werden auch Pläne, Schnittmuster und Dokumentationen zu „Kraftwerk“ gezeigt, die als Schenkung der Künstlerin an das Vorarlberg Museum gegangen sind. Winfried Nussbaummüller, Leiter der Kulturabteilung des Landes, freute sich über die Diskussion in der Kunstkommission, in der „ehrlich über Kunst“ debattiert werden könne. Wolfgang Maurer vom Verein allerArt strich heraus, dass die Kunstankäufe nun schon sieben Mal im Süden Vorarlbergs gezeigt würden.

Konsequent
Die konsequenteste Arbeit der angekauften Objekte ist sicherlich die von Peter Lederer aus dem Jahr 2020. Der Künstler hatte in einem konzeptionell radikalen Akt sämtliche Fotonegative aus drei Jahrzehnten mit einer Schere zerschnitten, ohne irgend ein Bild zu digitalisieren. Die Arbeit stellt die diffusen Allmachts- und säkularen Ewigkeitsfantasien der Gegenwart grundsätzlich in Frage. Die Momente, die fotografisch festgehalten waren, sind auch auf den Fotos nun endgültig verloren. Der Augenblick ist vorüber, zwar aufgehoben in der Erinnerung der Menschen, aber ihrem Zugriff entzogen und kann nur über ein verklärendes oder realistisches Gedächtnis zurückgeholt werden.
Edith Hofer hat mit ihrer riesigen Vulva aus Webpelz, Frottee, Vlies, Holz und Stahlseil einen wunderbaren Kommentar zur Sexualisierung der Gegenwart gestaltet. Der allgegenwärtigen Sexbesessenheit vom Volksschulkind, das nur ein paar Klicks vom nächsten Porno entfernt am Handy spielt, bis zur Ermüdung in der Erotikübung der älteren Generation. Ihr Vulva-Textilobjekt sieht sie, wie sie in einem sehr poetischen Text vermeldet, als „Höhle, Raum vertrauter Geborgenheit. Innen sein, hier sein, warm sein“.

Keramikhai
Andrea Salzmanns Installation versammelt feministische Statements. Ulli Knall lässt ihren Keramikhai seine Zähne als winkende Menschen fletschen. Amrei Wittwer hat in ihrer archaischen Steinzeug-Arbeit wieder einmal archetypische Formen gefunden. Christoph Luger, Ina Fasching, Rainer Rainer und Mila Veljaca Plaickner decken das Spektrum der großformatigen abstrakt bis figürlichen Malerei und Zeichnung ab. Albrecht Zauner wurde mit einer Bleistift-auf-Papier-Verdichtung angekauft. Miriam Prantl ist mit Klebeband auf Holz vertreten. Christine Katschner lotet den Gegenstand und dessen Verschwinden in einem Siebdruck aus. Sara-Lisa Bals fragt in ihrem Video nach Identitäten und Rollenbilder.
Last but not least zeigt Veronika Schubert in ihrem Animationsfilm, wie das Scrollen auf Instagram von Sinnfluencern mit Verkaufsabsichten geprägt ist. Schubert ist 1981 in Bregenz geboren, hat in Linz Kunst studiert und lebt heute in Wien. Arbeiten von Jenny Holzer mit ihren LED-Schriftzügen oder die Röhrennetzwerke Peter Koglers, die in der U-Bahn Wiens bestaunt werden können, haben sie beeinflusst. Schubert wird ab 5. Mai das Gebäude des Vorarlberg Museums mit sinnigen Sätzen verkleben und so in digitalen Zeiten eine analoge Lektüremöglichkeit im Zentrum von Bregenz eröffnen.
Wolfgang Ölz