Wenn der Apfelbaum braun-schwarz wird

Hochsaison für Feuerbrand: Obstbauexperte Ulrich Höfert von der Landwirtschaftskammer Vorarlberg beantwortet Fragen rund um die gefährliche Pflanzenkrankheit.
Was ist Feuerbrand, seit wann tritt er in Vorarlberg auf, und wie waren die Verläufe?
Ulrich Höfert: Der Feuerbrand ist eine durch Bakterien verursachte Pflanzenkrankheit. Sie stammt aus dem Raum New York in den USA, wurde in den 1950er-Jahren nach Großbritannien verschleppt und ist dann über Nordeuropa langsam nach Süden gewandert. In Vorarlberg wurde der Feuerbrand erstmals 1993 nachgewiesen. Seit 1997 kommt es regelmäßig zu Schäden. Stärkstes Feuerbrand-Jahr war 2002, gefolgt von den Jahren 2004 und 2007. In diesen Jahren wurden jährlich über 20.000 befallene Pflanzen aus Streuobst und Hausgärten gemeldet, dazu viele 10.000 befallene Obstbäume in den Erwerbsanlagen. Die Tendenz ist aber stark fallend. Die letzten Jahre lagen wir bei gut 100 Befallsmeldungen im Privatbereich. Die Maßnahmen haben gegriffen. Das Wetter hat uns geholfen.

Welche Gewächse sind besonders gefährdet?
Höfert: Wirtspflanzen für den Feuerbrand sind alle Pflanzenarten aus der Familie der Rosengewächse, die dem Kernobst zuzuordnen sind – also Früchte mit einem mehr oder weniger großen Kerngehäuse. Dazu gehören das klassische Kernobst (Apfel, Birne, Quitte), seltene Obstarten (zum Beispiel Mispel, Vogelbeere, Aronia-Beere), aber auch einige Wild- und Ziergehölze (zum Beispiel Cotoneaster, Weißdorn, Felsenbirne, Feuerdorn, Glanzmispel oder Mehlbeere). Die mit Abstand meisten Befallsmeldungen gab es bei den Birnen. Bei den Ziergehölzen sind Cotoneaster, gefolgt vom Weißdorn, die Spitzenreiter.
Lässt sich schon abschätzen, wie hoch heuer die Feuerbrandgefahr ist?
Höfert: Die Hauptgefahr für das Obst besteht während der Blütezeit der Kernobstgehölze. Derzeit blühen Birnen schon stark, die Apfelblüte ist noch am Anfang. Quitten sind noch nicht aufgeblüht. Neben der offenen Blüte braucht es für gröbere Blüteninfektionen aber auch Temperaturen jenseits der circa 23 Grad Celsius für einige Tage und eine gewisse Feuchtigkeit. Die Feuchtigkeit wäre derzeit vorhanden, nicht aber die anhaltende Wärmephase. Kernobstbäume, die derzeit blühen, dürften somit keine nennenswerte Blüteninfektion bekommen. Auch für die nächsten Tage ist keine Erwärmung vorhergesagt. Das ist insgesamt schon einmal eine gute Ausgangsposition für 2023. Die aktuelle Infektionsgefahr ist dargestellt unter: https://obstwarndienst.lko.at/1093/Vorarlberg

Woran erkennt man, dass ein Baum befallen ist?
Höfert: Manchen Bäumen sieht man den Befall gar nicht an. Gerade Birnen tragen den Erreger oft auch jahrelang latent in sich, sind also Infektionsquellen, ohne dass man es ihnen ansieht. Sichtbare Symptome sind zunächst welkende Blüten und Jungtriebe, später auch absterbende Zweige und Äste, bis hin zum kompletten Absterben. Bei den unterschiedlichen Wirtspflanzen sind die Symptome auch etwas unterschiedlich. Das Tückische ist aber der latente Befall. Darum sind wir im Zweifel auf eine Labordiagnose angewiesen.
Wie unterscheidet sich Feuerbrand von der ähnlich aussehenden Pilzerkrankung Monilia?
Höfert: Während Monilia vor allem beim Steinobst und bei nasskaltem Wetter zuschlägt, macht der Feuerbrand bei Kernobst und warmer Witterung Probleme. Die Pflanzenart und das Wetter während der Blütezeit geben also schon Hinweise auf mögliche Krankheitsursachen. Der Moniliapilz wird mit der normalen Pilzbekämpfung gegen Apfelschorf oder ähnlichem automatisch mitbekämpft, auch mit den gängigen Biomitteln. Der Feuerbrand hingegen lässt sich mit Pflanzenschutzmitteln kaum verhindern. Monilia ist für Kernobst nicht lebensbedrohlich. Rein optisch können beide Krankheiten im Frühstadium aber ähnlich aussehen. Dann hilft nur eine Laboruntersuchung.

Was ist bei einer Feuerbrandinfektion zu tun?
Höfert: Feuerbrandverdacht unterliegt der Meldepflicht beim zuständigen Gemeindeamt bzw. dem Feuerbrandbeauftragten der Gemeinde.
Wie kann die Krankheit bekämpft werden?
Höfert: Im Erwerbsanbau ist der Ansatz, die geöffneten Blüten mit chemischen oder biologischen Pflanzenschutzmitteln so zu schützen, dass sich die Feuerbrandbakterien in der Blüte nicht vermehren können. Derzeit gibt es aber kein einfaches und verlässliches Mittel dafür. Daher gilt es, alle sinnvollen Register der Vorbeugung zu ziehen.
Wie kann vorgebeugt werden?
Höfert: Die wichtigste Vorbeugung ist die Vermeidung empfindlicher Arten und Sorten. Bei den Obstbäumen findet seit circa 15 Jahren eine sukkzessive Umstellung hochanfälliger Sorten („Subire“, Gelbmöstler, Zitronenbirne …) zu robusteren oder resistenten Sorten und Arten (Apfel generell, robustere Birnen, Steinobst) statt. Weiters werden stark befallene Bäume, die – zeitweise auch latent – befallen sind, nach wie vor ausgeschnitten und notfalls gerodet. Die Rodung ist verbunden mit dem Angebot, einen neuen Baum einer robusten Sorte für fünf Euro zu bekommen. In Vorarlberg gibt es ein Auspflanzverbot für Cotoneaster- und Weißdorn-Arten. So werden nicht notwendige Wirtspflanzen durch andere Pflanzen ersetzt, die nicht anfällig sind. Da der Feuerbrand durch Blütenbesucher wie die Biene verteilt wird, liegt hier ein weiterer Vorbeugeansatz. Obstbauern entfernen bei starker Infektionsgefahr die Bienenstöcke aus den Obstanlagen. Eine behördliche Reglemetierung der Bienenwanderung wurde 2008 aber eingestellt.
Was passiert mit dem infizierten Baum, wenn nichts unternommen wird?
Höfert: Wissenschaftlich bestätigt ist: Die Obstarten und -sorten reagieren unterschiedlich stark auf eine Infektion. Robuste Sorten können den Feuerbrand wenige Zentimeter hinter der befallenen Blüte abstoppen. Bei empfindlichen Sorten sterben Zweige und Äste, ja ganze Bäume ab. Manche Wirtspflanzen, zum Beispiel Apfelbäume, können den Befall selbst wieder loswerden, wenn man sie unterstützt, etwa durch den Ausschnitt befallener Bereiche. Viele Wirtspflanzen, zum Beispiel Birnbäume, können jahrelang mit dem Erreger in sich überleben, auch wenn sie sich äußerlich scheinbar erholt haben und keine Symptome mehr zeigen. Der Feuerbrand überwintert an befallenen Wirtspflanzen und wird von dort aus im Frühjahr über blütenbesuchende Insekten auf die umliegenden Pflanzen übertragen. Jede befallene Wirtspflanze ist somit eine potenzielle Gefahr für die Umgebung.
Merkblätter und weitere Infos gibt es hier zum Download: https://vbg.lko.at/feuerbrand-informationen+2400++1367974
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