_Homepage

Abschied vom Kultlokal: Das “Neptun” ist Geschichte

18.11.2023 • 23:00 Uhr / 7 Minuten Lesezeit
Am heutigen Sonntagabend schließt Sandro Wölfl ein letztes Mal die Türen ab. <span class="copyright">Hartinger</span>
Am heutigen Sonntagabend schließt Sandro Wölfl ein letztes Mal die Türen ab. Hartinger

Sandro Wölfl schließt die Pforten der Bregenzer Kult-Bar „Neptun“. In der NEUE am Sonntag blickt er auf viereinhalb Jahre zurück und verrät, wo und wie es weitergeht.

Jetzt, so kurz vor Schluss, ist die Wehmut durchaus spürbar: Mit dem heutigen Sonntagabend verliert Bregenz einmal mehr eines seiner Kultlokale. Mit Schlag Mitternacht ist das Neptun am Leutbühel Geschichte. Das Lokal gibt es schon lange, fast schon seit jeher unter demselben Namen. Die Räumlichkeiten in der Deuringstraße 3 überlebten mehrere Schließungen und Neuübernahmen.

Sandro Wölfl und Lucas Fussenegger.
Sandro Wölfl und Lucas Fussenegger.

Seit viereinhalb Jahren ist Sandro Wölfl (27) Herr des Hauses. Zusammen mit Geschäftspartner Marcel Lerch hatte er die Bar 2019 übernommen, im jungen Alter von erst 22 Jahren. „Bei mir war immer schon klar, dass ich mal was mit Gastronomie mache“, erzählt Wölfl lachend von seinen Anfängen. „Schule war nicht unbedingt mein Ding, aber wenn ich in den Gasthäusern saß, bin ich aufgeblüht.“ Also machte er eine Ausbildung zum Restaurantfachmann und schloss das erste Lehrjahr so gut ab, dass ihm Marcel Lerch, damals Wölfls Lehrherr, ein Versprechen gab: „Wenn du alle drei Jahre mit Auszeichnung abschließt, machen wir gemeinsam ein Lokal auf.“
Mit einer kleinen Verzögerung – nach dem Lehrabschluss probierte Wölfl sich noch als Verkaufsleiter eines großen Spirituosenherstellers aus – wurde dieser Plan tatsächlich auch umgesetzt. Das zuvor eine Weile leer stehende Neptun öffnete seine Pforten wieder.

Lustenauer Bua

„Zu Beginn war es etwas schwer“, lacht Sandro Wölfl beim Blick zurück. „Die vielen Stammgäste des Neptun waren wegen des Leerstands zu anderen Lokalen abgewandert, außerdem hatten die Bregenzer das Gefühl, dass ich als ‚Lustenauer Bua‘ jetzt daherkommen und ihnen was über Gastronomie erzählen will. Das war natürlich nicht der Fall.“ Die fröhlichen und offenen Gemüter von Wölfl und seinem Mitarbeiter Lucas Fussenegger brachten die Gäste zum Umdenken: Rasch baute sich ein gutes Publikum auf. Die Idylle hielt allerdings nur ein paar Wochen, dann kam die „erste Watschen“, wie der Neptun-Chef es formuliert – und zwar in Form des Nichtrauchergesetzes. Nicht nur das Neptun, sondern alle Raucherlokale hatten erst einmal Umsatzeinbrüche.

Spaß muss sein: Dazu gehört auch die eine oder andere Runde Schach.
Spaß muss sein: Dazu gehört auch die eine oder andere Runde Schach.

Kaum hatte man sich von diesen erholt, ging es heiter weiter in Sachen Krise: Das Corona-virus stand vor der Tür. „Anfangs dachten wir, es sei einfach der nächste Schmäh irgendwelcher Deppen und gleich wieder vorbei. Wie sich schnell herausstellte, war dem nicht so“, sagt Wölfl mit Galgenhumor. „Das war eine sehr unsichere Zeit. Wir wussten ja nicht einmal, ob wir Unterstützungen bekommen würden, da wir erst seit neun Monaten geöffnet hatten und uns die Vergleichswerte fehlten.“ Dank eines guten Steuerberaters umschiffte das Neptun aber auch diese Klippe. Im Anschluss an Covid lief es dann tatsächlich eine Weile sehr gut. Aber, wie das Leben so spielt – aller guten Dinge sind oft drei und so ließ die dritte „Watschen“ nicht lange auf sich warten. Eines schönen Sonntagnachmittags bei sehr, sehr starkem Regen fiel im Lokal auf einmal der Strom aus. „Wir sind runter, um nachzusehen, was los ist, da stand der Keller bereits hüfthoch unter Wasser, und zwar samt Sicherungskasten“, erzählt Sandro Wölfl. Durch den neuen Straßenbelag am Quartier Leutbühel floß das Regenwasser nicht ab, sondern in die Häuser der Deuringstraße. „Den Keller haben wir dann tunlichst in Ruhe gelassen, das wäre viel zu gefährlich gewesen mit dem Kasten unter Wasser“, sagt Wölfl. In der Bar versuchte man noch, den Boden zu retten, doch chancenlos. Wieder musste das Neptun monatelang zusperren.

Ein lachendes und ein weinendes Auge.
Ein lachendes und ein weinendes Auge.

Neues Lokal

Trotz aller Widrigkeiten schaffte man es, sich nicht nur ein treues Publikum, sondern auch einen gut gehenden Betrieb aufzubauen. Schluss ist nun aber trotzdem: Mit dem Ende des heutigen Sonntags ist das Neptun Gastronomiegeschichte. In erster Linie hat das damit zu tun, dass Wölfl Räumlichkeiten in Lustenau angeboten bekommen hat, und zwar die der „Zwickeria“ am Kirchplatz. „Dieses Lokal wollte ich immer schon haben, weil mich damit eine absolute Herzensgeschichte verbindet“, verrät der zukünftige Pächter. Als kleiner Junge besuchte er die Wirtschaft oft mit seiner Oma, wurde dort von Wirt und Gästen gern als „Lausbuöb“ bezeichnet. Genau so wird das Lokal unter Sandro Wölfls „Herrschaft“ auch heißen. Auch diesmal ist er nicht allein: Zwar ist Neptun-Partner Marcel Lerch nicht mehr an Bord, dafür aber Wölfls bisheriger Mitarbeiter Lucas Fussenegger als Geschäftsführer und Mitinhaber. „Das ist auch eine Art Dankeschön an Luki, dass er über die Jahre so sensationell und loyal mit mir gearbeitet hat“, so Wölfl. Da im „Lausbuöb“ auch Küche angeboten wird, hat man bereits zwei junge Köche engagiert, die zum Team und Konzept passen. Darüber will Wölfl noch nicht zu viel verraten, lediglich so viel: „Es wird abends keine klassische Speisekarte geben. Untertags bieten wir Bistro-Küche an. Bis es so weit ist, dauert es aber noch etwas.“ Denn: Vor der Eröffnung sind noch Umbauten fällig – und die können wegen der Verfügbarkeit der Arbeiter erst nach Weihnachten starten. Derzeit rechnet man mit einem Start im Februar. Letzte Worte über die Zeit in Bregenz? „Danke!“, sagt Sandro Wölfl aus tiefstem Herzen. „Danke an unsere fantastischen Gäste für die gute Zeit mit euch, wir haben viel zusammen mitgemacht und ihr wart uns immer treu. Danke auch an Mama und Papa, die immer für mich da waren und alles mitgemacht haben. Hoffentlich sehen wir uns alle in Lustenau!“

Danke an unsere fantastischen Gäste für die gute Zeit mit euch!

Sandro Wölfl