Bilanz im Schatten von Corona

Primärversorgungseinheiten kommt auf Schiene.
Aus neun mach eins: Vor sechs Monaten wurden die neun Gebietskrankenkassen zur Österreichischen Gesundheitskasse zusammengeschlossen. Zudem steht der halbjährige Vorstandswechsel in der Vorarlberger Landesstelle an. Gute Gründe für Jürgen Kessler, Vorsitzender des Landesstellenausschusses Vorarlberg, gemeinsam mit Landesrätin Martina Rüscher (ÖVP), eine erste Bilanz zu ziehen. Wenig überraschend stand diese ganz unter dem Eindruck der Corona-Pandemie.
Bewährungsprobe
Und diese, so erklärte es Jürgen Kessler, habe der ÖGK sogleich ihre erste Bewährungsprobe beschert, welche sie auch bestanden habe. „Corona hat uns vor völlig neue Herausforderungen gestellt, die wir gemeinsam mit den Systempartnern im Land gut bewältigt haben“, meinte Kessler. Denn selbst unter dem Ausnahmezustand „Lockdown“ sei es dank diverser Maßnahmen gelungen, die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. In diesem Zusammenhang wies der Landesstellenausschussvorsitzende darauf hin, dass der ÖGK-Kundenservice – nachdem sich das Virus deutlich zurückdrängen hat lassen – derzeit wieder ohne Einschränkungen verfügbar sei.

Dietmar Stiplovsek
Während der Schließungsphase sei man indes dazu gezwungen gewesen, die Services auf die Grundfunktionen zurückzufahren. Kessler konkretisierte: „Das hieß, dass wir in erster Linie den Versicherungsschutz sichergestellt haben und uns auf die Themen Beiträge einnehmen und bereitstellen konzentriert haben.“ In diesem Zusammenhang verwies Kessler darauf, dass die ÖGK-Mitarbeitenden während der Krise zusätzliche Aufgaben übernommen hätten, etwa die Bearbeitung von Anträgen auf Ersatz von Lohn- und Lohnnebenkosten für Risikopersonen.
Seit 15. März habe die ÖGK auch zahlreiche Unterstützungsmaßnahmen für Ärzte im niedergelassenen Bereich geleistet. Als Beispiel nannte der Vorsitzende des Landesstellenausschusses Vorarlberg etwa die Einrichtung der Infektionsordinationen in Dornbirn und Bludenz. „Dazu darf ich mit Stolz erwähnen, dass Vorarlberg das einzige Bundesland gewesen ist, dass solche Ordinationen eingerichtet hat“, betonte Kessler. Ein weiteres Thema, um welches man sich intensiv gekümmert habe, sei die Beschaffung von Schutzausrüstung für den niedergelassenen Bereich gewesen. „Zu Beginn hatten wir Anlaufschwierigkeiten, mit fortdauernder Bemühung ging es dann jedoch besser“, so Kessler.
Hamsterkäufe
Eine erhöhte Nachfrage im März und April bei Heilbehelfen und Hilfsmitteln verzeichnete die ÖGK indes im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Jürgen Kessler dazu: „Hamsterkäufe hat es nicht nur bei Nudeln und Tomatensaucen, sondern auch bei Medikamenten gegeben.“
Mit welchen Verlusten die Krankenkasse aufgrund der Corona-Krise rechnen muss, konnte Jürgen Kessler gestern noch nicht an konkreten Zahlen festmachen. Gemäß seinen Angaben würde sich das erst mit Verzögerung herauskristallisieren. Kessler konnte indessen berichten, dass von März bis Mai 1300 Anträge auf Stundung der Beiträge die Österreichische Gesundheitskasse Vorarlberg erreicht hätten. Dabei gab er zu bedenken: „Stundung heißt nicht gleich Verluste.“

Im Rahmen des Pressegesprächs bedankte sich Landesrätin Martina Rüscher für die gute Zusammenarbeit in den vergangenen Monaten. Gemäß ihren Angaben laufen derzeit die Vorbereitungen für eine mögliche zweite Welle beziehungsweise für ein Leben mit Covid-19.
Darmkrebsvorsorge
Trotz der Corona-bedingten Turbulenz in den vergangenen Wochen, beschäftigte sich die ÖGK Vorarlberg auch noch mit anderen Themen. Etwa mit jenem der Primärversorgungseinheiten (PVE) oder dem Projekt Vorsorgekoloskopie 2.0. Zunächst soll das Pilotprojekt zur Früherkennung bei Darmkrebs ausgebaut werden. Kessler: „Die Vorsorgeuntersuchung soll an die aktuellen wissenschaftlichen, medizinischen Leitlinien angepasst werden. Künftig sollen auch Folgekoloskopien, nach Auffälligkeiten beim Erstbefund, mit dem Stecken der e-Card möglich sein. Weiters planen wir mehr Bewusstseinsbildung“, so Kessler.
Primärversorgung
Bezüglich PVE sollen indes bis Jahresende drei Einheiten in Vorarlberg entstehen. „Gemeinsam mit der Ärztekammer haben wir die Standorte mit Bludenz, Kleinwalsertal und einem Netzwerk im Bregenzerwald festgelegt“, so Kessler. In der jüngsten Landesstellenausschusssitzung seien auch vier neue Ärzteverträge bewilligt worden. Gemäß Kessler handelt es sich dabei um einen Gynäkologen und einen Neurologen für den Bezirk Bludenz sowie um einen Allgemeinmediziner für den Bezirk Feldkirch und einen Vertrag für einen Facharzt für Psychiatrie in Bregenz.