Auswandererhaus zu verkaufen

Familie Matthees verlässt das Ländle und zieht gen Norden – ohne Ballast.
Wer derzeit das Haus von Familie Matthees in Sibratsgfäll betritt, dem fällt zunächst nichts auf. Alles wirkt ordentlich und aufgeräumt – als wären die Eigentümer für ein paar Tage verreist.
Man kann sofort wohnen. Rauf auf die Couch und Fernseher an, auf der Terrasse stehen Grill und Balkonmöbel, bereit für einen herbstlichen Grillabend, während Kinder im oberen Stock die Schränke voll von Spielsachen ausräumen können und beschäftigt sind. An den Wänden hängen Bilder. Manche sind neuartige kreative Kreationen, manche sind Überbleibsel der einstigen Bauherren aus längst vergangenen Tagen, manche sind eine Mischung aus beidem.
Doch in dem weit über 200 Quadratmeter großen Haus wohnt niemand mehr. Sonja und Matthias Matthees samt Tochter Maggy sind ausgezogen. Die Familie ist bereit zum Auswandern nach Stade, in der Nähe von Hamburg. Das Haus ist bereit zum Verkauf. Bis auf ein paar Basics wie Kleidung und Persönliches bleibt alles dort, in Sibratsgfäll.

Die Sanierung
Nicht zu sehen von der Hauptstraße in Richtung Ortskern, steht das Massivbauhaus aus den 1970er-Jahren etwas weg vom Schuss, dafür ruhig. Es gibt keine direkten Nachbarn, dafür entfernte Gasthäuser wie den Ifenblick, einen kurzen Fußmarsch entfernt. Der Blick ist frei auf die Bergwelt. Das Haus wurde von Familie Matthees vor etwa zwei Jahren gekauft – in einem eher bescheidenen Zustand. Ein halbes Jahr haben sie saniert, renoviert, alles heimelig gestaltet. Sonja Matthees hat ein kreatives Händchen. „Trotzdem habe ich mich bei jedem Arbeitsschritt gefragt, ob es wohl Jakob Steurer gefallen hätte“, sagt sie und lächelt. Der Innenarchitekt hatte das Haus einst 1977 gebaut. Der komplett mit Holz ausgekleidete Anbau von 1985 – dort hatte er sein Büro – samt Erker, Kachelofen und Schnitzereien erinnert noch heute an das, wofür der Mann bekannt war. „Er hat so manche Stube im Bregenzerwald gestaltet“, erzählt die 35-Jährige. Der Anbau blieb so ursprünglich, wie er war, den Rest des Hauses gestaltete die Familie nach ihrem Geschmack.
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Wer auf der Suche nach einem Haus im Bregenzerwald ist, sollte sich das Angebot der Auswanderer anschauen. https://www.immowelt.at/expose/2wmg34j
Doch das Gefühl, irgendwie nicht dorthin zu gehören, blieb. Dabei stammt das Paar aus dem Bregenzerwald. Matthias Matthees Vater hingegen hatte seine Wurzeln in Hamburg. Die beiden waren einige Male in der gut 900 Kilometer entfernten Großstadt zu Besuch. Er öfter als sie. Aber es gefiel ihnen stets. Irgendwie fühlen sie sich zur Mentalität der Norddeutschen hingezogen, erzählen sie. „Und der Gedanke auszuwandern, hat uns gefühlt schon immer begleitet“, stellen sie fest. Obwohl das Paar nie groß auf Reisen war.

Der Neuanfang
Sonja und Matthias Matthees sind selbstständig. Sie als Grafikdesignerin, er als Sonnenschutz-Monteur. Anfang des Jahres erlitt der 34-Jährige ein Burnout, gefolgt von der Corona-Pandemie, welche dem Familienvater zusetzte. Selbst für seine Frau war es oft schwer, diese Situation zu verstehen. Es war eine harte Zeit. Aber eben auch die Zeit, in der sie sich für einen Neuanfang entschieden. All den Ballast hinter sich lassen, ist die Devise. Nicht nur den psychischen, sondern eben auch den physischen.
„Wir nehmen nichts mit. Das rentiert sich nicht“, sagt die 35-jährige Mutter. Viele der Möbel im Haus sind sowieso maßangefertigt oder fix eingebaut. Von der Schneefräse über Spielzeug, Haushaltsgeräte, TV, Keramik- und Gasgrill bis hin zu Werkzeug – alles bleibt zurück. Sämtliches Inventar ist im Kaufpreis enthalten. All inclusive quasi.
Familie Matthees sucht also jemanden, der entweder gerne Sachen im Internet verkauft oder alles selbst brauchen kann. Das Haus hat keine Ferienwidmung, davon rückt der Bürgermeister auch nicht ab. Ein paar Interessenten haben sich bereits gemeldet. Vorarlberger, aber auch solche aus den angrenzenden Regionen. Und leider waren auch Internetbetrüger darunter. „Als sich jemand meldete, den Kaufpreis ohne Verhandlung sofort akzeptierte, ohne das Haus gesehen zu haben, und dann über dubiose Zahlungsmodalitäten sprechen wollte, kam uns das gleich merkwürdig vor“, sagt Matthias Matthees. Sie stellten den Kontakt rasch ein, sind aber noch immer entsetzt. „Gerade jetzt müssen so viele Menschen aus finanzieller Not ihr Hab und Gut verkaufen. Und genau auf diese Leute haben es nun auch noch Betrüger abgesehen, das ist doch verrückt“, sagt Sonja Matthees kopfschüttelnd.

Der Plan
Das Paar möchte den Verkaufserlös in ein neues Haus stecken. Die Preise im Norden seien moderat, hier war es immer knapp. „Und bei einem alten Haus kommt über die Jahre immer irgendetwas“, bleiben die beiden realistisch. Sonja Matthees kann quasi von überall aus arbeiten. Matthias Matthees möchte sich im Norden erst einmal anstellen lassen. Handwerker, sagt er, werden immer gesucht. Der Arbeitsmarkt sei spannend und attraktiv. Und auch die vierjährige Maggy sei in einem Alter, in dem sich ein solches Projekt gut umsetzen lasse.
Vorübergehend zieht die kleine Familie zu Sonjas Vater – auf ein paar Quadratmetern, in der Nähe. Von dort aus wollen sie den Hausverkauf abwickeln und alles rund um das neue Zuhause in Stade organisieren. Sobald alles geregelt ist, geht es los.
Dieiwei – Renovieren und Dekorieren
Auswanderin Sonja Matthees betreibt auch einen eigenen Blog zum Thema DIY, Renovieren und Sanieren.
Das Herzblut
In dem Einfamilienhaus in Sibratsgfäll steckt viel Herzblut, das ist unübersehbar. Die junge Mutter schrieb sogar einen Blog über die Renovierung. Etwas wehmütig ist sie ab und zu schon. Aber es überwiegt die Vorfreude auf den neuen Lebensabschnitt. Momentan kann sich das Paar nicht vorstellen, jemals zurück ins Ländle zu kommen. „Aber man weiß nie“, sind sie sich einig.
