Polit-Zwist vor erster Sitzung in Feldkirch

Bestellung des Prüfungsausschusses sorgt für ordentlich Wirbel.
Wenige Tage vor der ersten Sitzung der neuen Stadtvertretung in Feldkirch keimt neuerlich Streit zwischen den Grünen und der ÖVP auf. Anlass dafür ist der Tagesordnungspunkt 15: „Bestellung des Prüfungsausschusses und Wahl der Mitglieder und Ersatzmitglieder“. Die Grünen erheben als zweitstärkste politische Kraft und größte Oppositionspartei Anspruch auf den Vorsitz dieses Gremiums, wenngleich das Gemeindegesetz dies nicht ausdrücklich so vorsieht. Quasi in letzter Minute eingestiegen sind in dieses Rennen nun auch die Sozialdemokraten – und zwar über ein Ticket der ÖVP. Aufgrund des Wahlergebnisses (sechs Prozent) kommt der SPÖ eigentlich kein Stimmrecht in den Ausschüssen zu.
Die Grünen orten jetzt eine „massive Intervention“ seitens der ÖVP. Man wolle der größten Oppositionspartei die Kontrollfunktion erschweren, heißt es. Aber auch die SPÖ bleibt von der Kritik der Grünen nicht verschont. Das Zünglein an der Waage bei der Wahl des Ausschussvorsitzes werden die Freiheitlichen sein. Zumindest in den Oppositionsbesprechungen vor der Koalitionsentscheidung hatte die FPÖ den Grünen die Zustimmung noch zugesagt.

Vorschlagsrecht
Der Prüfungsausschuss hat als Kontrollinstanz eine besondere Stellung. Es ist der einzige Ausschuss, der laut Gemeindegesetz gebildet werden muss. Das Gremium untersucht, ob die Gebarung der Stadt sparsam, wirtschaftlich und zweckmäßig sowie in Übereinstimmung mit dem Gemeindevoranschlag geführt wird, ob sie den Gesetzen und sonstigen Vorschriften entspricht und richtig verrechnet wird. Das Vorschlagsrecht für den Vorsitz kommt laut Gesetz jenen Parteifraktionen zu, die nicht den Bürgermeister stellen.
Auf der tagesordnung:
Finanzen, Kinderstadtvertretung, Spiel- und Freiraumkonzept
Neben der Bestellung des Prüfungsausschusses, die schon jetzt für Spannung sorgt (siehe großer Bericht), stehen in der am Dienstag stattfindenden Stadtvertretungssitzung in erster Linie die Stadtfinanzen im Fokus. Beschlossen bzw. zur Kenntnis genommen werden sollen der Budgetvoranschlag für das Jahr 2021 sowie die zu erwartenden Einnahmen und Ausgaben der Stadtwerke Feldkirch und ausgelagerten Gesellschaften (Seniorenbetreuung, Freizeitbetriebe, Stadtkultur und Kommunikation, Stadtmarketing und Tourismus).
Weiters werden sich die 38 Mandatare mit dem Spiel- und Freiraumkonzept 2020 sowie der Umsetzung der ersten Kinderstadtvertretung Vorarlbergs beschäftigen. Wie berichtet, soll jungen Feldkirchern künftig die Möglichkeit geboten werden, Ideen einzubringen und die Stadt mitzugestalten. Die Entwicklungsphase ist so gut wie abgeschlossen. Im Frühjahr 2021 soll die Feldkircher Kinderstadtvertretung zum ersten Mal offiziell tagen.
Seitens der Grünen wurde vor mehreren Wochen der Stadtvertreter Reinhard Kuntner als Obmann nominiert. Die Wahl hätte eigentlich schon am 17. November stattfinden sollen. Kuntner war zu diesem Zeitpunkt der einzige wählbare Kandidat unter den neun nominierten Ausschussmitgliedern, bei allen anderen auf der Liste handelte es sich um Ersatz-Stadtvertreter. Aufgrund der Corona-Situation wurde die geplante Sitzung durch ein schriftliches Beschlussverfahren ersetzt und die Bestellung des Prüfungsausschusses als einziger Punkt von der Tagesordnung genommen. Offenbar deshalb, weil die Abstimmung geheim durchgeführt werden sollte.
In den am 4. Dezember ausgegebenen Unterlagen für die kommende Sitzung am Dienstag findet sich unter den Vorschlägen zum Ausschussvorsitz nun auch der Name der SP-Stadtparteiobfrau Brigitte Baschny.
Kritik der Grünen
Die Vorgänge rund um die anstehende Bestellung des Prüfungsausschusses veranlassen Kuntner nun zu heftiger Kritik gegenüber der Bürgermeisterpartei. „Die ÖVP ist offenbar der Meinung: ‚Wer uns prüft, das bestimmen schon noch wir selbst‘. Er fürchte sich zwar nicht vor einer Gegenkandidatin, das sei in einer Demokratie normal. Aber: „Dass sich Frau Baschny mit massiver ÖVP-Unterstützung aus der Zuhörerposition in den Ausschussvorsitz hieven lassen will, hat für mich mehr als nur ein Gschmäckle.“ Zudem befindet Kuntner, dass „angesichts der schwarz-blauen Stadtregierung eine in wesentlichen Fragen einige Opposition ein Gebot der Stunde“ gewesen wäre. „Die SPÖ hat als Anhängsel der ÖVP bedauerlicherweise eine andere Rolle für sich gefunden.“
Auch Grünen-Klubchef Clemens Rauch findet harte Worte für das Vorgehen der ÖVP. „Sie verbiegt hier rücksichtslos demokratische Spielregeln, um der größten Oppositionspartei die Kontrollfunktion zu erschweren.“ Der ganze Vorgang sei „berechnend“, „respektlos“ und widerspreche dem Wählerwillen.
„Der ganze Vorgang ist berechnend, respektlos und widerspricht dem Wählerwillen.“
Clemens Rauch, Klubobmann der Feldkircher Grünen
Reaktion der ÖVP und SPÖ
Bürgermeister Wolfgang Matt (VP) kann die Aufregung nicht verstehen. „Wir haben einer Fraktion, die nicht im Stadtrat vertreten ist, einen unserer Sitze im Prüfungsausschuss abgetreten, damit sich diese dort auch einbringen kann. Wir halten uns genau an das Gemeindegesetz.Ich verstehe nicht, was da undemokratisch sein soll. Das haben die Grünen das letzte Mal mit den Neos auch gemacht.“
Auch für Baschny sind die Vorwürfe „aus der Luft gegriffen. Die Grünen werden wohl nicht daran zweifeln, dass ich dieses Amt objektiv und nach den gesetzlichen Vorgaben ausführen werde. Und falls doch, sollen sie die Vorwürfe deutlicher artikulieren“, stellt die Juristin klar, dass sie bei einer allfälligen üblen Nachrede auch vor einer Klage nicht zurückschrecken werde.

Karin Nussbaumer
Geteilte Meinungen in der FPÖ
In der FPÖ, die mit sechs Mandataren in der Stadtvertretung vertreten ist und die Ausschuss-Obmann-Wahl entscheiden wird, war man sich zu Redaktionsschluss noch nicht einig, welchen der beiden Vorschläge man am Dienstag unterstützen wird. Dass man den Grünen einst die Unterstützung zugesagt habe, räumt FP-Stadtparteiobmann Thomas Spalt gegenüber der NEUE am Sonntag ein. Allerdings habe man damals noch nichts von einem zweiten Oppositionsvorschlag gewusst. Außerdem, so der freiheitliche Stadtrat, gebe es „gewisse Vorbehalte“ gegen den Kandidaten der Grünen.