Mautbefreiung: Ärger nicht verraucht

Kurt Fischer hält anstehende Evaluation für wenig aussagekräftig.
Vor mehr als einem Jahr ist am 15. Dezember 2019 auf fünf Autobahnabschnitten in Österreich eine Mautbefreiung in Kraft getreten. In Vorarlberg kann seitdem die Rheintalautobahn zwischen der Landesgrenze in Hörbranz und der Autobahnabfahrt Hohenems ohne Vignette befahren werden. Die Entscheidung hatte bereits im Vorfeld für Aufregung in mehreren Gemeinden – allen voran Hohenems und Lustenau – gesorgt. Die dortigen Verantwortlichen befürchteten eine Mehrbelastung und setzten sich dementsprechend gegen die Mautbefreiung zur Wehr. Allerdings wurde diese trotz des Widerstands umgesetzt. Seitens des zuständigen Ministeriums wurde jedoch angekündigt, die Maßnahme im Februar 2021 evaluieren zu wollen.
Fischer: Auswirkungen liegen auf der Hand
Im NEUE-Interview äußerte Magnus Brunner (ÖVP), Staatssekretär im zuständigen Ministerium, in der vergangenen Woche die Befürchtung, dass die Daten aufgrund der Corona-Pandemie und der damit verbundenen Beschränkungen wenig Aussagekraft haben könnten. Dies sieht auch der Lustenauer Bürgermeister Kurt Fischer (ÖVP) so. Allerdings ist aus seiner Sicht eine Evaluierung ohnehin nicht notwendig. Die Auswirkungen der Mautbefreiung lägen auf der Hand: Ohnehin schon stark verkehrsbelastete Gemeinden wie seine oder auch Hohenems würden durch zusätzlichen Verkehr noch stärker in Mitleidenschaft gezogen. Dazu komme dann auch noch, dass durch die Mautbefreiung Einnahmen durch Vignettenverkäufe verloren gingen. „Man verlagert den Verkehr in den Siedlungsraum, und das kostet auch noch viel Geld. Das kann es doch nicht sein“, ärgert sich Fischer.
Attraktiv für Transit
Gerade in Zeiten wie diesen, in denen der Klimaschutz von großer Bedeutung sei, könne es nicht sein, dass der motorisierte Individualverkehr auf diese Art und Weise begünstigt werde. Dazu komme, dass Vorarlberg durch die Mautbefreiung von Hörbranz bis Hohenems auch als Transitstrecke attraktiver werde. Der Bürgermeister erinnert weiters daran, dass wegen der hohen Schadstoffbelastung in Lustenau durch den Verkehr immer noch ein Vertragsverletzungsverfahren der EU läuft. Dabei sei es wenig hilfreich, noch mehr Verkehr in die Gemeinde zu verlagern. Die Lage in Vorarlberg sei nicht mit den anderen Regionen vergleichbar, in denen die Mautbefreiung seit 15. Dezember 2019 ebenfalls gilt. Dort gehe es tatsächlich um Entlastung von Ortsgebieten. In Vorarlberg sei der Verkehr lediglich verlagert worden.
VfGH soll über das Gesetz entscheiden
Die Mautbefreiung auf der Rheintalautobahn A 14 beschäftigt seit vergangenem Jahr auch die Gerichte. Ziel mehrerer Kommunen, die vom Dornbirner Rechtsanwalt Karl Schelling vertreten werden, ist es, dass die Maßnahme vom Verfassungsgerichtshof (VfGH) wieder aufgehoben wird. Ein erster Antrag einer Anrainerin aus Lustenau wurde im vergangenen Jahr jedoch abgelehnt. Eine Anfechtung des Gesetzes durch die Frau sei nicht zulässig, hieß es seitens des Gerichts. Ein zweiter Versuch die Regelung zu kippen, läuft derzeit noch.
Für diesen hat der Rechtsanwalt beim Landesverwaltungsgericht Beschwerde gegen eine Verwaltungsstrafe eingelegt, die ihm nach einer Selbstanzeige für eine Autobahnfahrt von Hohenems nach Klaus ohne Vignette aufgebrummt worden war. In dieser argumentiert Schelling, dass die Mautbefreiung verfassungswidrig ist und somit aufgehoben werden muss. Die Regelung widerspreche dem Gleichheitsgrundsatz, führt der Rechtsanwalt an. Er fordert daher in der Beschwerde, dass das Landesverwaltungsgericht beim VfGH die Aufhebung der Regelung beantragt. Sollte der Beschwerde nicht stattgegeben werden, kann in nächster Instanz ebenfalls der VfGH mit der Frage befasst werden.
Über ein Jahr nach dem Ende der Vignettenpflicht zwischen Hörbranz und Hohenems ist der Ärger beim Bürgermeister noch immer nicht verraucht. „Es ist eine dumme Maßnahme“, bekräftigt Fischer. Daher werde man sich unabhängig von der anstehenden Evaluation weiter dagegen wehren. Auch der Hohenemser Bürgermeister Dieter Egger (FPÖ) hat nicht vor, den Kampf gegen die Mautbefreiung aufzugeben. Einerseits wird dabei auf den Rechtsweg gesetzt (siehe links). Andererseits würde sich Fischer wünschen, dass bei den politisch Verantwortlichen Vernunft einkehrt. Die Ausnahme von der Vignettenpflicht auf der A 14 habe für die Region klare Nachteile und sei daher sinnlos. „Das würde auch jeder unabhängige Experte auf den ersten Blick so sehen“, ist der Gemeindechef überzeugt. Es sei daher an der Zeit, einzugestehen, dass die Mautbefreiung in Vorarlberg ein Fehler sei, und diese möglichst rasch wieder rückgängig zu machen.