Als das Coronavirus in die Firma kam

Vorarlbergs zweiter Fall betraf Mitarbeiter der Prisma Holding.
Wie kam das Virus in Ihr Unternehmen?
Bernhard Ölz: Das kam damals völlig überraschend – und zwar für uns alle. Ein Mitarbeiter brachte das Virus aus dem Urlaub in Südtirol mit. Damals war die Sensibilität noch ganz eine andere beziehungsweise gar nicht vorhanden. Und Südtirol war noch Risikogebiet.
Wie haben Sie davon erfahren?
Ölz: Ich habe es vom betroffenen Mitarbeiter erfahren. Ich war an diesem Tag Skifahren und bin gerade von Brand nach Hause gefahren.
Was waren die ersten Maßnahmen, die getroffen wurden?
Ölz: Da hat sich gleich die Gesundheitsbehörde eingeschaltet. Alle Mitarbeiter wurden befragt, wann und wie lange sie miteinander in Kontakt waren. Daraufhin wurden einige nach Hause geschickt, in die Quarantäne. Das war schon eine sehr ungewöhnliche Situation. Man kannte so was nicht.
Haben sich damals noch weitere Mitarbeiter angesteckt?
Ölz: Insgesamt hatten wir neun Fälle. Vorarlberg war das Zentrum, Tirol war durch die Pendlerbewegung auch betroffen. Die Standorte in Wien, Salzburg und Deutschland blieben verschont.
Und Sie selbst? Waren Sie auch betroffen?
Ölz: Ja. Der Verlauf war moderat. Ich hatte zwei Tage lang Fieber und Gliederschmerzen. Die Symptome waren dann aber sehr schnell wieder weg.
“Das war schon eine sehr ungewöhnliche Situatiion. Man kannte sowas noch nicht.”
Bernhard Ölz, Prisma-Vorstand
Hand aufs Herz: Haben Sie sich damals nicht gedacht: Um Himmels Willen, warum muss das jetzt ausgerechnet in meiner Firma passieren?
Ölz: Nein, ich ticke da anders. Für mich gab es nur die Frage, wie wir das Beste daraus machen können. Ich war während meiner Quarantäne in regem Kontakt mit dem Team. Wir haben sofort alles getan, was möglich ist. Masken und Desinfektionsmittel waren damals noch Mangelware. Wir haben halt gekauft, was wir bekommen haben. Auch mit der Gesundheitsbehörde waren wir in ständigem Austausch. Der Verantwortliche sagte mir damals, dass er überrascht sei, wie positiv ich die Situation managen würde. Ja, was hätte ich anderes machen können? Jammern hätte nichts gebracht. Wir mussten schauen, dass wir die Mitarbeiter und deren Familien so gut wie möglich schützen und es im Unternehmen gut weiterläuft. Wir haben das alles gut hinbekommen, denke ich.
Was hat sich auf persönlicher und wirtschaftlicher Ebene für Sie bzw. das Unternehmen geändert?
Ölz: Das ist schon eine neue Lebenserfahrung. Man kommt darauf, dass man auch als Manager nicht alles im Griff haben kann. Ganz grundsätzlich finde ich, dass der zwischenmenschliche Umgang und das solidarische Handeln wichtiger geworden ist. In der Wirtschaft dreht sich alles ums Kapital. Ich finde es gut, dass nun eine gewisse Sensibilität für andere Werte entstanden ist. Ein Unternehmen, das gut läuft, muss in so einer Zeit schauen, wie es jenen helfen kann, denen es nicht so gut geht. Das haben wir auch praktiziert. Wir haben mehr als 1000 Mieter und haben mit fast allen gesprochen und geschaut, was wir im Einzelfall tun können. Da sind teilweise gestandene Unternehmen und Institutionen dabei.
Inwiefern sind die den Mietern entgegengekommen?
Ölz: Mit Stundungen und anderen flexiblen Unterstützungen, auch Mietnachlässe hat es gegeben. Da kommt schon was zusammen. Aber ich muss sagen, ich habe mich in den letzten Jahren auch nicht beschwert, dass die Zinsen niedrig waren. Es gibt aber Unternehmen, denen das alles egal ist. So nach dem Motto: Wenn Geld da ist, nehme ich es mit, aber wenn’s mal ein Problem gibt, dann bocke ich. In so einer Krise lernt man die Leute kennen.

Inwieweit hat sich die Pandemie auf das Geschäft ausgewirkt?
Ölz: Wir haben ungefähr 85 Objekte, die wir vermieten. Da hat es wie gesagt Mietstundungen oder Nachlässe gegeben. Konkurs hat es nur einen einzigen gegeben. Ich denke, dass unsere Standorte sehr gut und vielfältig aufgestellt sind – und offensichtlich auch mit Unternehmen, die vernünftig wirtschaften und ein gewisses Polster haben. Im Neubaugeschäft haben sich ein paar Projekte zeitlich verzögert – etwa aufgrund von Behördenverfahren, die man nicht durchführen konnte. Auch auf der einen oder anderen Baustelle hatten wir Verzögerungen. Der wirtschaftliche Schaden, den wir dadurch erlitten haben, ist allerdings überschaubar geblieben.
Haben Sie Kurzarbeit angemeldet?
Ölz: Nein. Das kann ich nicht vertreten. Uns geht es wirtschaftlich gut, und ich möchte nicht, dass die Mitarbeiter irgendwelche Einbußen haben. Punkt.
Inwiefern hat sich die Arbeitsweise bei Prisma verändert?
Ölz: Wir haben natürliches vieles im Homeoffice abgewickelt. Auch jetzt sind wir noch nicht voll besetzt. Für uns ist das Homeoffice aber nicht die Lösung der Zukunft. Teambildung geht nicht von zu Hause aus. Auch intensive Verhandlungen lassen sich nicht am Bildschirm führen. Und die Leute kommen ja gern ins Büro.
Welche Trends beobachten Sie hier grundsätzlich?
Ölz: Die Größe der Büros wird sich ändern. Das stellen wir schon jetzt bei unseren Projekten fest. Elf Quadratmeter pro Mitarbeiter – diese Zeiten sind endgültig vorbei. Es werden auch wieder mehr Einzelbüros angefordert, das Großraumbüro ist nicht mehr so angesagt. Und im Wohnbereich will man zumindest einen kleinen Balkon, eine Loggia oder einen Gartenanteil. Das werden wir in Zukunft auch bei den Bürohäusern stärker berücksichtigen.
Stichwort Wohnungen. Die Prisma hat sich bisher auf Gewerbebauten konzentriert, jetzt rückt offensichtlich der Wohnungsbau mehr in den Fokus. Warum?
Ölz: Reine Büroquartiere sind nicht mehr zeitgemäß. Da ist am Abend und am Wochenende nichts los. Es braucht die Durchmischung. Das versuchen wir auch bei bestehenden Betriebszentren umzusetzen – wie etwa dem Millennium Park in Lustenau. Um Leben reinzubringen, haben wir dort ein Hotel gebaut. Wohnungen sind aufgrund der Widmung nicht möglich.
In Bregenz arbeitet jetzt ein Expertenteam einen Entwurf für den Bahnhof, die Seestadt und das Seequartier aus – inwieweit sind Sie da als Miteigentümer des Seestadtareals involviert und können ihre Ideen einbringen?
Ölz: Die Architekten machen jetzt einmal einen Vorschlag zur räumlichen Gestaltung. Was die Nutzung betrifft, ist ja aus der Vergangenheit schon vieles klar. Wichtig ist, dass in dieser Phase scharf getrennt wird zwischen den öffentlichen und privaten Projekten. Der Bahnhof ist jetzt entscheidend. Dieses Thema muss gelöst sein, damit wir daneben etwas entwickeln können. Für uns ist klar, dass wir mit den Einkaufsflächen massiv zurückgehen werden. Es wird kleinteiliger. Geschäfte im Erdgeschoss und darüber Mietwohnungen und Büros.

Im Februar haben sich in Bregenz Bürgermeister Michael Ritsch, die Eigentümer der Flächen Seequartier und Seestadt, Architekten sowie Vertreter des Landes und der ÖBB zu einem Austausch getroffen. War es tatsächlich – so wie von Ritsch behauptet – das erste Mal, dass sich alle Stakeholder zu einer Besprechung zusammengefunden haben?
Ölz: Wir hatten schon einige Sitzungen, bei denen viele bis alle dabei waren. In dieser Runde war es wahrscheinlich das erste Mal.
Der Seestadt-Parkplatz wirft ohne große Ausgaben sehr viel Geld ab. Haben Sie eigentlich ein großes Interesse, das zu ändern?
Ölz: Wir haben das Grundstück sicher nicht gekauft, um einen Parkplatz zu betreiben. Das ist keine Perspektive, wir wollen einen Beitrag zur Stadtentwicklung leisten. Aber es erzeugt eine entspannte Situation, sprich wir haben kein Problem damit, wenn’s länger dauert.

Sie waren vor der Gemeindewahl im Jahr 2020 noch überzeugt vom ursprünglichen Entwurf des Bregenzer Bahnhofes, jetzt nicht mehr. Warum der Sinneswandel?
Ölz: Das kann man so nicht sagen. Für den Bahnhof gab es damals einen einstimmigen Beschluss. Den habe ich zu akzeptieren. Allerdings kann man schon hinterfragen, ob es richtig ist, den Bahnhof nur eingeschossig zu bauen. Meiner Meinung nach muss genau dort verdichtet gebaut werden. Da können viele Menschen arbeiten und wohnen.
Noch mal zurück zur Corona-Krise. Wie stehen Sie zu den Lockerungen, die es ab 15. März geben soll?
Ölz: Ich kann das schwer beurteilen. Ich sage nur: Wenn die Eigenverantwortung besser wäre, dann wäre noch viel mehr möglich. Das Fehlen der sozialen Treffpunkte schlägt sicher aufs Gemüt. Und das ist nicht gut.
Fakten und zahlen
Die Prisma-Unternehmensgruppe betreibt aktuell über 85 Gebäude an 41 Standorten in den Regionen Vorarlberg, Tirol, Salzburg, Wien und Deutschland.
In den nächsten drei Jahren plant bzw. realisiert das Unternehmen Standortentwicklungen mit 55.000 Quadratmetern Büro-, Handels- und Produktionsflächen sowie rund 1260 Wohnungen
Die Unternehmensgruppe besteht aus rund 50 Entwicklungs-, Management- und Investmentgesellschaften. Die Prisma Holding AG führt und koordiniert die Gruppe.
Wo werden Sie ihr erstes Bier trinken?
Ölz: (lacht) Höchstwahrscheinlich in einem der Lokale bei uns am Campus – oder im Innauer.