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Großartiges Erlebnis

08.03.2021 • 18:00 Uhr / 4 Minuten Lesezeit
Die Oper von Landestheater und SOV wurde aufs  nächste Jahr verschoben.   <span class="copyright">Anja Köhler</span>
Die Oper von Landestheater und SOV wurde aufs nächste Jahr verschoben. Anja Köhler

Generalprobe der Oper „Jephtha“ wurde Pressevertretern gezeigt.

Erneut hatten regionale Pressevertreter das große Glück, am Vorarlberger Landestheater einer Probe beiwohnen zu können – und schade ist es, dass die Inszenierung von „Jephtha“ erst in einem Jahr für das breite Publikum erlebbar wird. Das Warten scheint sich aber zu lohnen, denn bereits bei der Generalprobe am vergangenen Freitag wurde der musikalische Reichtum von Händels Oratorium hörbar.

Die Wohltat, wieder einmal live den Klängen eines Orches­ters lauschen zu dürfen, machte nicht nur die Qualität des von Heinz Ferlesch dirigierten Symphonieorchesters Vorarlberg deutlich, sondern auch den Hunger nach Live-Musik und Gesang, der sich nach einem lückenhaften Kulturjahr bemerkbar macht. Auf der Homepage von Radio Vorarlberg kann bis zum kommenden Sonntag eine Aufzeichnung der Produktion gehört werden.

Zeitgemäße Bilder wurden gefunden.                            <span class="copyright">Anja Köhler</span>
Zeitgemäße Bilder wurden gefunden. Anja Köhler

Regisseur Stefan Otteni fand zusammen mit der Bühnenbildnerin Ayse Gülsüm Özel zeitgemäße Bilder für diese tragische, dem Alten Testament entnommene Handlung. Dunkel und karg ist die Bühne, die ein multifunktionales Podest als Zentrum hat. Auf eine halbtransparente Leinwand werden zeitweise Videos projiziert, etwa wenn es um den Krieg geht.

Denn die Israeliten ziehen in die Schlacht gegen die Ammoniter. Der Richter Jephtha (Michael Feyfar) wird als Feldherr ausgewählt. Um sich göttlicher Unterstützung gewiss zu sein, schwört er einen Eid: Sollte er seine Soldaten siegreich aus der Schlacht führen, werde er den ersten, der ihn bei der Rückkehr begrüßt, opfern.

Aus Glück und Freude wird Bestürzung und Verzweiflung.      <span class="copyright">Anja Köhler</span>
Aus Glück und Freude wird Bestürzung und Verzweiflung. Anja Köhler

Nun, so wie es in einigen biblischen und antiken Geschichten der Fall ist, trifft es das eigene Kind, die einzige Tochter Iphis (Elisabeth Wimmer) empfängt als Erste den Vater. Aus großem Glück und Freude wird also tiefe Bestürzung und Verzweiflung, und Händel hat eine äußerst wirkungsmächtige Musik zu diesen extremen Gefühlen erschaffen, die sich gleichermaßen auf die Rollen verteilen – unter anderem auch auf den Mezzosopran von Jephthas Frau Storgè (Cornelia Sonnleithner).

Otteni hat laut Begleittext bei Theaterprojekten im Nordirak mitgewirkt – so lassen sich auch die Videoeinspielungen von Luftangriffen, womöglich von Drohnen, erklären. Die Schrecken des Krieges sollen trotz des Triumphs offenbar nicht außer Acht gelassen werden.

Mensch und Gottesschwüre

Ergänzt wird der Gesang durch das gesprochene Wort, ein schöner Prolog von Iphis etwa lässt das Kommende erahnen – dass das Unheil durch Gottes Richtspruch dann doch abgewendet wird, mildert die Tragik. Doch die Frage bleibt: Inwieweit hat sich der Mensch an solche Gottesschwüre zu halten?

Der Mensch vermag nicht, den großen göttlichen Plan zu überblicken, muss ihn aber akzeptieren („Whatever is, is right“). Die Kinder von Jephthas Bruder Zebul (Thomas Stimmel), besetzt mit Maria Lisa Huber und Nico Raschner, haben ebenfalls ihre Sprechrollen, sie ziehen diese Thematik in die Gegenwart.

Das Herz dieses 1752 uraufgeführten Werks bleibt die Musik, und jeder Sänger dieser Besetzung trägt einen bedeutenden Teil dazu bei, dieses Werk zum Leben zu erwecken – eine gültige Kritik wäre nach einer Probe jedoch fehl am Platz. Aber dennoch und nicht zuletzt durch den Bregenzer Festspielchor: Es war ein großartiges Erlebnis.