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Mehr psychische Auffälligkeiten

18.03.2021 • 18:57 Uhr / 4 Minuten Lesezeit
Kinder- und Jugendanwalt Michael Rauch stellte seinen Tätigkeitsbericht vor. <span class="copyright">Hartinger</span>
Kinder- und Jugendanwalt Michael Rauch stellte seinen Tätigkeitsbericht vor. Hartinger

Pandemie stellte für junge Menschen vieles auf den Kopf.

So wie die Gesellschaft als Ganzes wurden 2020 auch Kinder, Jugendliche und Familien von der Corona-Pandemie vor große Herausforderungen gestellt. Das berichtete Kinder- und Jugendanwalt Michael Rauch am Donnerstag bei der Vorstellung des Tätigkeitsberichts der Vorarlberger Kinder- und Jugendanwaltschaft (KiJa). Lockdowns, Distance Learning, Homeoffice und viele andere Begleiterscheinungen hätten vieles für junge Menschen und ihr Umfeld auf den Kopf gestellt. Entsprechend sei auch die Arbeit der KiJa von der Pandemie geprägt gewesen. Rauch stellte klar, dass auch in der Krise das Vorrangigkeitsprinzip des Kindeswohls gilt.

Auswirkungen schnell sichtbar geworden

Es sei unbestritten, dass Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie notwendig sind, erläuterte der Kinder- und Jugendanwalt. Allerdings seien auch schnell die Auswirkungen von Schulschließungen und der Einstellung von Angeboten der Jugend- oder Vereinsarbeit sichtbar geworden. So würden Studien etwa zeigen, dass psychosomatische und psychische Belastungen bei jungen Menschen deutlich zugenommen hätten. 70 Prozent der 11- bis 17-Jährigen hätten sich in der Krise äußerst oder ziemlich belastet gefühlt. Auch bei den psychischen Auffälligkeiten habe sich in dieser Gruppe eine Steigerung gezeigt. Vor der Pandemie sei der Anteil bei 18 Prozent gelegen, dann wurde ein Anstieg auf 31 Prozent verzeichnet.

Die Belastung für Kinder und Jugendliche ist durch die Corona-Pandemie enorm. <span class="copyright">Symbolbild/dpa</span>
Die Belastung für Kinder und Jugendliche ist durch die Corona-Pandemie enorm. Symbolbild/dpa

Problematisch ist aus Sicht von Rauch auch, dass die psychosozialen Angebote für Kinder und Jugendliche Anfang dieses Jahres „massiv überlas­tet“ waren. Dadurch habe sich die Situation verschärft. Er räumt jedoch auch ein, dass die Bundes- und Landespolitik die Anliegen und Bedürfnisse der Heranwachsenden gegen Ende des Jahres deutlich stärker wahrgenommen hat.

Zu oft bestraft

So manche Maßnahme im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie sehen die KiJa-Verantwortlichen auch kritisch. So seien Jugendliche im ersten Lockdown unverhältnismäßig oft für Verstöße gegen die Beschränkungen bestraft worden. In den folgenden Lockdowns habe sich dies jedoch gebessert. Es sei wichtig, dass diese Linie seitens der Exekutive weiter beibehalten werde. Kritisiert wird auch, dass es keine Klarheit für die Vorgehensweise bei einem Covid-Fall an einer Schule gegeben habe. Verbindliche Auskünfte dazu seien nur schwer zu bekommen gewesen. Überschießend sei zudem, dass Fachpersonen – etwa für Schulscreenings – nicht mehr in die Kindergärten gehen durften.

Opferschutzstelle

Seit dem Jahr 2011 ist die KiJa auch als Opferschutzstelle des Landes Vorarlberg tätig. 2020 haben 17 Personen die Anlaufstelle erstmals wegen ihrer Gewalterfahrungen kontaktiert. 15 Personen erhielten von der Opferschutzkommission insgesamt 45.500 Euro zugesprochen.

Den Großteil der Anfragen im Jahr 2020 machten laut KiJa Rechtsfragen aus (24 Prozent). In weiteren 20 Prozent der Fälle ging es um Kontaktrecht und Obsorge, zwölf Prozent drehten sich um Schule und Kindergarten. Fünf Prozent der Anfragen hatten Mobbing zum Thema. In diesem Zusammenhang forderte Rauch, dass präventive Angebote und Workshops zu dieser Frage in den Schulen während der Pandemie unabhängig von der Ampelfarbe aufrechterhalten werden sollen. Ebenso müssten ausreichend Ressourcen für schulische Unterstützungsangebote wie etwa Schulsozialarbeit zur Verfügung gestellt werden.

Handlungsbedarf

In einer Aussendung bezeichnete der Neos-Landtagsabgeordnete Johannes Gasser den KiJa-Tätigkeitsbericht als alarmierend. Gerade im Bereich der psychischen Gesundheit junger Menschen gebe es dringenden Handlungsbedarf. „Es braucht schnellstmöglich eine Aufstockung der Angebote, insbesondere im niederschwelligen und ambulanten Bereich“, betonte er. Auch die psychologische Unterstützung in Schulen und Kindergärten müsse verstärkt werden.