Herausforderung und Bereicherung

Morgen Abend ist die Performance „close/r“ von Bella Angora zu sehen.
Ihre Performance „close/r“ nimmt Bezug auf die Corona-Lockdowns. Wie ist es Ihnen in dieser Zeit gegangen?
Bella Angora: Ich habe die Lockdowns allein in Wien verbracht. Zu Hause, wo ich auch arbeite. Ich war da schon sehr auf mich zurückgeworfen. Das war auf der einen Seite eine psychische Herausforderung. Auf der anderen Seite hatte es auch etwas Befreiendes, weil man nicht ständig von außen abgelenkt wurde. Zudem war alles so reduziert und diese Reduziertheit war für mich eine totale Bereicherung und Chance, weil die Dinge so klar werden.
Und da ist dann die Performance entstanden?
Angora: Genau, aus dem heraus. Ich habe die Performance beim ersten Lockdown produziert. Angefangen hat es mit einem Text, der aus mir herausgekommen ist und der die Basis bildete. Da war es mir dann ganz wichtig, dass sich diese Klarheit und Reduziertheit dort auch abbildet. Der Text ist fast nur eine Aneinanderreihung von Worten. Das Ganze wird dann bildhaft durch sehr reduzierte Videos übersetzt, die teilweise sehr grafisch sind.
Können Sie noch Näheres zum Text sagen?
Angora: Das sind Worte, in denen sich der Corona-Themenkomplex, aber auch meine damalige persönliche Situation widerspiegelt. Ich war da ja sehr viel alleine und auch einsam. Ich meditiere jeden Morgen und nach dem Meditieren habe ich mich hingehockt und geschaut, was aus mir herauskommt. Das waren die Worte, die das ganze Set geschaffen haben.
Zur Person
Bella Angora
Die aus Vorarlberg stammende Künstlerin lebt und arbeitet nach zahlreichen Auslandsaufenthalten in Wien. Sie begann ihre Karriere als Musikerin. Seit 2001 arbeitet sie in den Bereichen Performance, Video, Installation sowie Zeichnung und sie schreibt Gedichte und Kurzgeschichten.
Wie hat es sich dann weiterentwickelt?
Angora: Diese ganze Phase hatte für mich unterschiedliche Aspekte, positive und negative, wenn man so will. Zum einen war da das Gefühl, man ist im Abseits. Ich habe das so wahrgenommen, als ob man in einem Raum in einer Ecke steht, auch eine Art Strafsituation. Dieses in der Ecke stehen hat auf der anderen Seite auch etwas sehr Kontemplatives. Man ist herausgenommen aus dem, was um dich herum passiert. In der Performance, die sehr installativ ausgerichtet ist, werden etwa die Videos an eine Eckwand projiziert, die im Raum immer wieder neu positioniert wird.
Was ist auf den Videos zu sehen?
Angora: Zum einen ist es eine Projektion, bei der ich abgefilmt werde und die in Lebensgröße an eine Wand projiziert wird. Ich nehme dabei sehr reduzierte Handlungen vor, die ich dann zeitgleich im Raum parallel dazu mache. Ich interagiere quasi mit meinem Projektionsbild. Zudem mache ich mich selber zum Porträt. Die Porträts waren auch der Ausgangspunkt für das Projekt. Da schließt sich der Kreis.
Sie haben ja in dieser Zeit Porträts gezeichnet?
Angora: Genau, das sind neun Porträts von verschiedenen Menschen, die mir aus unterschiedlichen Gründen sehr nahestehen und mit denen ich bis zum Lockdown immer regelmäßig Kontakt hatte. Das Zeichnen dieser Menschen war für mich eine Möglichkeit, ihnen nahe zu sein. Beim Zeichnen habe ich immer mehr und immer stärker gemerkt, dass der Mensch dann tatsächlich da ist. Das war für mich ein Weg der Begegnung und der Kommunikation in Zeiten, wo halt nicht viel anderes abseits von Zoom und Ähnlichem möglich war.
„close/r“ von Bella Angora: Mittwoch, 9. Juni,, 19 Uhr, vorarlberg museum Bregenz. Eintritt frei, Anmeldung unter info@vorarlbergmuseum.at bzw. 05574/46050. 3-G-Regel und Maskenpflicht.
Wie haben Sie dann das Ende der Lockdowns erlebt?
Angora: Auf der einen Seite ist man natürlich froh, wenn es wieder weitergeht. Für mich als Künstlerin sind damit gewisse Dinge wieder möglich. Speziell den ersten Lockdown habe ich aber schon auch als sehr spezielle und gute Phase erlebt. Durch dieses nicht abgelenkt sein, konnte ich mich extrem stark auf meine Arbeit konzentrieren und auch in mich gehen. Dabei tauchten auch Fragen auf.
Welche?
Angora: Was bedeutet das alles? Aus meiner Sicht ist diese ganze Pandemiegeschichte ein Symptom für etwas, was in unserer Welt passiert. So wie sich bei einem Körper über Symptome Dinge zeigen, passiert das jetzt auch da. Ich denke, es ist wichtig, dass man sich auch ausreichend Zeit nimmt, um zu fragen, was heißt das jetzt für uns als Gesellschaft, was will uns quasi das Leben damit sagen.
Arbeiten Sie derzeit auch an neuen Projekten?
Angora: Ja. Ich habe ein neues Projekt für den Herbst im Rahmen der Einzelausstellung von tOmi Scheiderbauer im Magazin 4 entwickelt. Er hat mich gefragt, ob ich zu der Ausstellung eine Performance konzipiere. Im Dezember bin ich dann im Kunstraum Dornbirn im Rahmen von „Heimspiel“ vertreten.