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Vielfarbiges Klanggewebe

23.08.2021 • 18:30 Uhr / 6 Minuten Lesezeit
Leo McFall und das SOV brachten unter anderem Thomas Larchers neue Komposition zur Aufführung. <span class="copyright">Bregenzer Festspiele/Lisa Mathis</span>
Leo McFall und das SOV brachten unter anderem Thomas Larchers neue Komposition zur Aufführung. Bregenzer Festspiele/Lisa Mathis

SOV, Solisten und Leo McFall begeisterten beim Festspiel-Konzert.

Die traditionelle Matinee des Symphonieorchesters Vorarlberg im Rahmen der Bregenzer Festspiele wurde zum Triumph für das Orchester, für seinen neuen Chefdirigenten Leo McFall, für vier Solistinnen und Solisten, die zum Teil aus den Reihen des SOV kommen, und für die dritte Symphonie des Tiroler Komponisten Thomas Larcher, die an diesem Sonntag ihre österreichische Erstaufführung und erste Aufführung vor Publikum erlebte.

Macht gerne Kammermusik mit dem Orchester: Leo McFall.<span class="copyright"> Bregenzer Festspiele/Lisa Mathis</span>
Macht gerne Kammermusik mit dem Orchester: Leo McFall. Bregenzer Festspiele/Lisa Mathis

Aus den mächtigen dunklen Akkorden zu Beginn von Beet­hovens Egmont-Ouvertüre löste sich das Solo der Oboe, dem Instrument, das bei Beethoven immer wieder mit dem Gedanken der Hoffnung verbunden ist – und Hoffnung tut not nach langer Corona-Zeit, nicht nur für die Kulturschaffenden! McFall, der hervorragend ausgebildete Brite, stellte die Blöcke gegeneinander, brachte die Musik ins Fließen, entwickelte schöne Dialoge zwischen den Bläserstimmen und spannende Pausen, bis sich das Orchestertutti in brausend überschäumendem C-Dur-Jubel vereinte.

Entspannt

Er mache gerne Kammermusik mit dem Orchester, hatte McFall im Vorgespräch gesagt: Haydns Sinfonia Concertante für Violine, Violoncello, Oboe, Fagott und kleines Orchester, während der ersten Englandreise in den 1790er Jahren komponiert, bot ihm treffliche Gelegenheit dazu. Mit Pawel Zalejski, den wir als Konzertmeis­ter des SOV und Primarius des wunderbaren Apollon Musagète Quartetts kennen, und Mathias Johansen, dem deutsch-norwegischen Cellisten, Er mache gerne Kammermusik mit dem Orchester, hatte McFall im Vorgespräch gesagt: Haydns Sinfonia Concertante für Violine, Violoncello, Oboe, Fagott und kleines Orchester, während der ersten Englandreise in den 1790er Jahren komponiert, bot ihm treffliche Gelegenheit dazu. Mit Pawel Zalejski, den wir als Konzertmeis­ter des SOV und Primarius des wunderbaren Apollon Musagète Quartetts kennen, und Mathias Johansen, dem deutsch-norwegischen Cellisten, der am Landeskonservatorium in Feldkirch lehrt, zeigten sich zwei Streicher von ihrer funkelnd virtuosen Seite. Ihnen gegenüber die deutsche, in Berlin wirkende Oboistin Viola Wilmsen mit ihrem schlanken, keck aufspringenden Ton und Heidrun Wirth-Metzler, die Fagottistin, die ab Herbst am Konservatorium unterrichten wird und in vielen SOV-Konzerten die Holzbläsergruppe mitgeprägt hat. Diese vier zeigten sich von einer herrlich entspannten, musikantischen Seite, kommunizierten untereinander genauso erfrischend wie mit den Kollegen im Orchester und mit dem Dirigenten, der die Fäden locker in der Hand hielt und verknüpfte.

Das letzte Orchesterkonzert der Saison. <span class="copyright">Bregenzer Festspiele/Lisa mathis</span>
Das letzte Orchesterkonzert der Saison. Bregenzer Festspiele/Lisa mathis

Für die Zugabe hatten die vier „Eine kleine Lachmusik“ von Wolfgang Schröder, ursprünglich für Streichquartett, für ihre einmalige Besetzung nochmals anverwandelt: heiteres Zitate-Raten mit komödiantischen Einlagen!

Schwierige Kletterroute

Nach der Pause kamen all die Instrumente zum Einsatz, die das Orchester vorher schon gleichsam umarmt hatte: eine Batterie verschiedenster Schlaginstrumente in der hintersten Reihe, Zimbal und Harfe auf der einen Seite, Klavier und Celesta auf der anderen, ein Akkordeon inmitten der Holzbläser und ein generell groß besetztes Orchester sieht Larcher für seine dritte Symphonie vor: „A Line above the sky“ ist benannt nach einer extrem schwierigen Kletterroute in den Dolomiten, die der 2019 verunglückte britische Kletterer Tom Ballard im Jahr 2015 etabliert hatte. Larchers Werk wurde von mehreren Orchestern gemeinsam in Auftrag gegeben, die Corona-Pandemie machte bisher nur eine Online-Aufführung möglich. So realisierten Leo McFall und das SOV eigentlich eine Uraufführung, denn die außergewöhnlichen Klangfarben und Klangmischungen muss man live hören und ihre Entstehung im Raum sehen.

Totenglocke

Larcher, der vor drei Jahren mit seiner Oper „Das Jagdgewehr“ ebenfalls in Bregenz begeistert hatte, hat eine ungemein vielschichtige Partitur geschaffen, die einerseits rauschhaft und explosiv in der Fülle der eingesetzten Mittel wirkt, andererseits ganz zurückgenommen und differenziert unterschiedlichste Farben bereithält. Da gibt es schwebende Klangflächen, Instrumentalsoli, einen Bruckner nahen Blechbläserchoral, der einen an die Majestät der Berge gemahnt, grelle Klangballungen voller Bedrohung. Im zweiten Teil entwickelt sich ein Trauermarsch, eine Zimbel klingt wie eine helle Totenglocke, aus dem Nichts steigt das Akkordeon empor, grundiert von abgedämpften Klaviersaiten – bohrende Schicksalsmusik, die sich aufbäumt und verlischt.

Mit seiner klar zeichnenden Körpersprache und großem Gespür für die Dynamik und die Linien voller Intensität, Schönheit und Schrecken formte Leo McFall die halbstündige Symphonie zu einem vielfarbigen, pulsierenden Gewebe. Großer Jubel für Dirigent, Orchester, Werk und Komponist, von ihrem neuen Chef können das SOV und seine Fans noch viel erwarten!

Katharina von Glasenapp