Diese Tiere führen ein wahres Hundeleben

Hinter dem menschlichen Schönheitsideal steckt tierisches Leid.
Sie können kaum atmen. Müssen sich während des Fressens übergeben. Drohen zu ersticken, wenn sie versuchen, im Liegen zu schlafen. Ihr Röcheln und Schnarchen ist keine liebenswerte Marotte, sondern ein Ringen um Sauerstoff. Die weit vorstehenden Augen tränen ständig.
Um das Kindchenschema mit großen, weit auseinanderstehenden Augen und flacher Nase bei beliebten “Modehunden” wie der Französischen Bulldogge oder dem Mops zu verstärken, werden sie gezielt auf verkürzte Köpfe hin gezüchtet. Die angeborene Deformation des Schädels kann auch zu Problemen beim Kauen durch Anomalien des Gebisses oder einem Vorfall des Augapfels führen.
Die Brachyzephalie ist nur eine von vielen Merkmalen sogenannter Qualzucht, die dem Schönheitsideal der Menschen entsprechen, unter dem die Tiere ihr Leben lang leiden. Darunter versteht man das gezielte herauszüchten von Merkmalen, die für die Tiere Schmerzen, Leiden oder Verhaltensstörungen bedeuten. “Die Nachfrage nach Rassen mit speziellen Merkmalen, die in Wahrheit Symptome von schweren Krankheiten sind, ist leider noch immer hoch”, sagt die Wiener Tierschutzombudsfrau Eva Persy.
Darunter fallen auch krumme und kurze Beine wie bei Englischen Bulldoggen und Dackeln oder anderen Skelettanomalien wie Hüftgelenksdysplasie bei Golden und Labrador Retrievern oder dem Deutschen Schäferhund. Problematisch sind auch manche Farbschläge wie Merle- oder Dilute-Gen, die das Fell aufhellen, aber auch Taubheit, Blindheit oder die Krankheit CDA mit sich bringen können. Ganz zu schweigen von extremen Hautfalten wie beim Shar-Pei oder Nackthunde ganz ohne Fell.
Ein weiteres und gerade in sozialen Medien populäres Beispiel sind die sogenannten Teacup-Hunde, die so winzig sind, dass sie in eine Teetasse passen: Dabei werden Zwerghunderassen wie Yorkshire Terrier oder Chihuahuas bewusst noch kleiner gezüchtet. Das erreicht man unter anderem, indem man die kleinsten und schwächsten Tiere gezielt miteinander verpaart – die Liste der dadurch hervorgerufenen möglichen Erkrankungen ist lang.
Prinzipiell ist Qualzucht in Österreich verboten, dennoch findet sie statt. Auch deshalb, weil die Regelungen im Tierschutzgesetz einfach umgangen werden können, wie die Tierschutzombudspersonen der österreichischen Bundesländer in einer gemeinsamen Stellungnahme anlässlich des heutigen Welthundetags festhalten.
Aktuell gilt nämlich: Mit an Qualzuchtmerkmalen leidenden Tieren darf weiterhin gezüchtet werden. Die Züchter müssen laut § 44 Abs. 17 Tierschutzgesetz lediglich nachweisen, dass sie die gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Nachkommen durch züchterische Maßnahmen oder entsprechende Programme reduzieren und beseitigen. Problematisch an dieser Regelung: Ein Zeitpunkt, bis wann das gewünschte Ziel der Verhinderung von „Qualzuchten“ erreicht werden sollte, ist allerdings nicht genannt. Diese Lücke und den Mangel an klaren Richtlinien für Züchter und Kontrollbehörden gelte es schnellstmöglich zu beheben.
Natürlich beschreiten längst nicht alle Züchter diesen Weg (es gibt sogar welche, die sich bemühen, Rassen auf ihren gesunden Ursprung zurück zu züchten), aber zu viele. Ganz zu schweigen von den “Produzenten” der Welpen aus dem illegalen Handel.
Der Leidensweg der Tiere begleitet sie meist ihr Leben lang, die Behandlungskosten für die Besitzer sind hoch: „Operationen des Gaumensegels, der Nase oder der Hüfte sind kostspielig, meist aber das einzige Mittel, um betroffenen Tieren zu helfen und ihr Leid zu lindern”, sagt Kurt Frühwirth, der Österreichischen Tierärztekammer.
Qualzucht bei anderen Tieren
Nicht nur Rassehunde sich von Qualzucht durch den Menschen betroffen, man kennt die kurzen Nasen etwa auch von Perser- oder Britisch-Kurzhaar-Katzen oder die Faltohren der Rasse „Scottish Fold“, die häufig unter Skelettdysplasie leiden. Selbst bei Vögeln und Fischen führen die vom Menschen erfundenen Schönheitsideale zu unnatürlichen Formen: Federn bei Vögeln, die Bewegungen einschränken oder extrem dünne Flossen bei Fischen, die zu Verletzungs- und Infektionsrisiko führen.
Bei Nutztieren steht die Qualzucht in Zusammenhang mit dem wirtschaftlichen Nutzen: Etwa bei Puten, die auf übergroße Brustmuskulatur und hohes Gewicht gezüchtet werden, und aus eigener Kraft kaum stehen können