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Squid Game: Was hinter der Serie steckt

17.10.2021 • 14:48 Uhr / 4 Minuten Lesezeit
Das eigene Leben als Spieleinsatz: Squid Game
Das eigene Leben als Spieleinsatz: Squid Game (c) imago images/ZUMA Wire (Netflix via www.imago-images.de)

Die Netflix-Serie „Squid Game“ bricht alle Rekorde.

Game over? Davon kann keine Rede sein. „Squid Game“ ist ein weltweites Serienphänomen und stieg dieser Tage zur erfolgreichsten Netflix-Serie aller Zeiten auf. Mehr als 111 Millionen Haushalte verfolgten bislang das Schicksal von 456 armen Schuldnern, die ihr Leben aufs (Kinder)-Spiel setzen, um sich von der überwältigenden Schuldenlast zu befreien. Eine Gesellschaftsdystopie in bunten Farben wird zum Bestseller. Die südkoreanische Serie von Regisseur Hwang Dong-hyuk erzählt von einem zur Unterhaltung degenerierten Umgang der Eliten mit den Ärmsten, angesiedelt zwischen Gamingshow und Splatter-Serie. Die ästhetisierte bluttriefende Gewaltfantasie bildet die Oberfläche einer Handlung, die sich um den notorischen Spieler und Unglücksraben Seong Gi-hun (Lee Jung-jae) dreht. Mit 455 weiteren Verzweifelten muss er sich in sechs Spielen beweisen, um an Geld, den Heiligen Gral, zu gelangen. Mitleid hat er von den pink-uniformierten und maskierten Wachleuten nicht zu erwarten.

In Abu Dhabi gibt es jetzt "Squid Game" Light
In Abu Dhabi gibt es jetzt “Squid Game” LightAPA

Die Geschwindigkeit der weltweiten Verbreitung – ermöglicht durch die Geschichtenmaschine Netflix und den Katalysator TikTok – ist atemberaubend und der Hype um „Squid Game“ wuchert ins Kuriose wie ins Nützliche: Die Nachfrage nach Südkoreanisch-Sprachkursen soll sprunghaft gestiegen sein, auf Halloween-Partys dürften die Uniformen und grünen Trainingsanzüge zum Hit werden. In China reagieren die Behörden indes verschnupft, weil der Hype zu einer massiven Zahl illegaler Filesharing-Downloads geführt haben soll. Und in Südkorea klagte ein Internetdienstleister Netflix, weil das Streamen der Serie so viel Datenvolumen verbrauche. An belgischen Schulen, wo die Serie nachgespielt wurde, gab es Verletzte.

Sogar die Kekse der Serie sind ein Megaseller
Sogar die Kekse der Serie sind ein MegasellerAPA

Auch in Österreich ist das Phänomen angekommen: Ein Wiener Café bietet eigene „Squid“-Wettbewerbe mit Dalgona-Keksen an. Wem diese Zucker-Backpulver-Leckereien nicht genügen, dem wurde in Abu Dhabi geholfen, wo das Korean Cultural Center die Serie mit Freiwilligen nachspielen ließ. Zwar wurde auch dort geschossen, aber nicht erschossen. „Die Spiele scheinen ein bisschen brutal“, erklärte Nam Chan-woo, Direktor des Kulturzentrums, der die Serie auch als Gelegenheit sieht, koreanische Kultur zu vermitteln.

Ein Ansatz, den man wohl unter die Kategorie verlorene Liebesmüh verbuchen kann, denn die über allem schwebende Botschaft der Serie – eine in alle Facetten der Produktion eingewobene Kapitalismuskritik – wird gerade nach allen Regeln der Ökonomie ins Gegenteil verkehrt: Jeder will an der Serie verdienen. Der chinesische Tschantscherlmarkt von Handyhüllen bis Shirts läuft auf Hochtouren und ist doch nur die untere Preiskategorie. Die Seriendarsteller selbst sind über Nacht begehrte Testimonials geworden: Hauptdarsteller Lee Jung-jae schafft es als Model in die koreanische Vogue, während sein weibliches Pendant Jung Ho-yeon bei Louis Vuitton vom Model zur „globalen Botschafterin“ ernannt wurde.