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Mit Corona ist das Geschäft „explodiert“

24.10.2021 • 12:00 Uhr / 1 Minuten Lesezeit
„Der Trend geht klar Richtung E-Bike, doch auch die ‚normalen‘ Räder sind nach wie vor beliebt", sagt Emanuel Verocai vom Radverleih. <span class="copyright">Hartinger</span>
„Der Trend geht klar Richtung E-Bike, doch auch die ‚normalen‘ Räder sind nach wie vor beliebt", sagt Emanuel Verocai vom Radverleih. Hartinger

Ein Wirtschaftszweig, der von der Pandemie profitiert hat, ist die Fahrradbranche.

Die Tore des langgezogenen Gebäudes an der Bregenzer Seepromenade, vis-a-vis vom Eispavillon, sind noch geschlossen. Sie sind grau, wie das Wetter an diesem Herbstvormittag im Oktober. Es ist kühl am See. Das laute Bimmeln der Bahnschranke beim Milchpilz kündigt­ einen durchfahrenden Zug an.
Auf dem Radweg ist ein Fahrradfahrer zu erkennen, der in ordentlichem Tempo unterwegs ist. Vor dem Gebäude mit den grauen Toren stoppt er und schließt auf. Es ist Emanuel Verocai (38), der vor knapp drei Jahren dieses Geschäft, einen Fahrradverleih, übernommen hat. Der Psychologe war schon immer begeisterter Mountainbiker und Fahrradschrauber und hat sein Hobby zum Beruf gemacht.

E-Bikes im Trend

Im Bike Rental Bregenz, wie der Verleih auch genannt wird, werden City-, Trekking- und Mountainbikes verliehen. Alle Modelle gibt es in der Variante Muskel- oder Stromantrieb. Verocai betont: „Der Trend geht klar Richtung E-Bike, doch auch die ‚normalen‘ Räder sind nach wie vor beliebt. Es hält sich die Waage.“

Auf die Frage, wie er den Fahrradboom sieht und ob er davon profitiert habe, meint Verocai: „Der Boom ist so richtig mit Corona, also letztes Jahr, losgegangen. 2019 war solide, aber mit der Pandemie hat sich alles gesteigert. Natürlich haben wir davon profitiert. Die ganze Branche. Als erstes die Hersteller, dann die Händler und dann alle, die sonst noch dranhängen. Wie eben ein Fahrradverleih.“

Der 38-jährige Bregenzer ist ein begeisterter Mountainbiker.<span class="copyright"> Hartinger</span>
Der 38-jährige Bregenzer ist ein begeisterter Mountainbiker. Hartinger

Lieferengpässe

Dass die Nachfrage derart gestiegen ist, hat aber nicht nur positive Effekte auf die Radbranche. Immer wieder ist die Branche von Liefer­engpässen betroffen. Prinzipiell sei nichts oder nur mehr wenig zu bekommen, egal ob Kompletträder oder Ersatzteile. „Das wird sich auch in naher Zukunft nicht ändern“, ist der 38-Jährige überzeugt. „Ich musste schon im Frühjahr für die kommende Saison bestellen, genauso wie für den Sommer 2023. Es gibt keine Flexibilität mehr. Meist muss man nehmen, was man kriegt.“ Viele Modelle seien ausverkauft, trotz satter Preisaufschläge, erzählt Verocai.

Es gehe um sehr viel Geld: „Im E-Bike-Segment gibt es eine ständige Weiterentwicklung. Größere Akkus, neuere Motoren, mehr Reichweite. Die Technologie wird modernisiert und angepasst, und das kostet Geld“.
Qualität gefragt. Als Betreiber eines Dienstleistungsunternehmens müsse man ständig auf die Bedürfnisse der Kunden reagieren und eingehen können. Bei der Auswahl eines E-Bikes würde in erster Linie auf Qualität geachtet, so Verocais Erfahrungen. Nachsatz: Sofern die Kenntnisse des Kunden es eben zuließen. Das Wichtigste seien die Reichweite und eine solide Ausstattung.
Natürlich käme es auch auf die Verwendung an. Ob ein bisschen am See entlang oder doch in die Berge gefahren wird. „Es hängt vom Zweck ab, was für ein Modell gewählt wird. Wichtig ist, dass man immer auf dem neuesten Stand ist. Das merken die meisten Kunden.“

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Hartinger

Der Fahrradverleih ist ein Saisongeschäft und ganz stark vom Wetter abhängig. Darum startet man in der Landeshauptstadt laut Verocai frühestens im März und lässt bis spätestens November geöffnet. Es sei denn, eine Pandemie und ein Lockdown kommen dazwischen.

Veränderte Situation

Auf die Frage, wie die letztjährige Saison nun im Detail gelaufen sei, sagt der Bregenzer: „Zuerst war gar nichts los. Wir dachten alle, es wird ein Katastrophenjahr. Die Festspiele wurden abgesagt, der Tourismus und somit auch die Kundschaft sind gänzlich ausgeblieben. Dann sind die Grenzen wieder geöffnet worden, und die Situation hat sich komplett verändert. Das Geschäft ist sozusagen explodiert.“

Der plötzliche Ansturm sei enorm schwer zu bewältigen gewesen, habe sehr viel Flexibilität und Energie gefordert. Sogar zusätzliches Personal musste akquiriert werden – in einer Zeit, in der vielerorts Kurzarbeit eingeführt und Arbeitsplätze gestrichen wurden. Aber nach den Startschwierigkeiten hätte sich alles sehr gut eingependelt.

Seit knapp drei Jahren betreibt Verocai den Fahrradverleih. <span class="copyright">Hartinger</span>
Seit knapp drei Jahren betreibt Verocai den Fahrradverleih. Hartinger

Kein Ende in Sicht

Es klinge paradox, aber man habe, wie die ganze Branche, vom Coronavirus profitiert, berichtet Verocai. Das letzte Jahr sei sogar besser gewesen als die heurige Saison 2021. Weil es in diesem Sommer sehr viele Regentage gegeben habe. Alles in allem überwiege aber die Zufriedenheit. Auch, weil derzeit kein Ende des Fahrradbooms in Sicht sei. Somit sehe sich der Fahrradsektor auf einem guten Wege und gerüstet für die Zukunft.
„Die Nachfrage wird, denke ich, in den nächsten Jahren nicht von großen Schwankungen geprägt sein. Zusätzlich nehmen die Leute immer mehr Geld in die Hand. Sie setzen auf Qualität. Man sieht des Öfteren, dass bei gewissen Herstellern die teuersten Modelle ausverkauft sind“, erzählt der 38-Jährige.

Gegenteiliger Weg

Auf die Frage, ob es denn, wie in vielen anderen Branchen, die Tendenz zu „immer höher, schneller, weiter“ gebe, gibt der Fahrradverleiher eine klare Antwort: „Nein. Das gleicht sich aus. Es gibt schon einige Hersteller, die den gegenteiligen Weg gehen. Sie entwickeln leichtere E-Bikes mit kleineren Akkus und weniger Reichweite. Es gibt zum Beispiel sogenannte Light-Bikes, die 16 Kilogramm wiegen, aber dadurch auch weniger Leistung haben. Auch dafür gibt es einen Markt.“

In Summe werde es sich also auch in Zukunft lohnen, im Fahrradsegment tätig zu sein. Und man sollte sich laut Verocai nicht vollständig auf eine Variante spezialisieren. Das E-Bike werde das normale Fahrrad nicht ersetzen. „Eventuell werden sich die Zwecke der Anwendung etwas verschieben. Das ‚normale‘ Fahrrad wird eventuell eher für sportliche Zwecke und für die Freizeit genutzt. Vielfahrer im täglichen Verkehr greifen auf elektrischen Antrieb zurück.“

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