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23.06.2022 • 19:09 Uhr / 5 Minuten Lesezeit
Herwig Bauer hat das Festival vor 29 Jahren gegründet.          <span class="copyright">Klaus Hartinger</span>
Herwig Bauer hat das Festival vor 29 Jahren gegründet. Klaus Hartinger

Teile des diesjährigen Poolbar-Festivals stehen unter dem Motto „Am Rand“. Ein Gespräch mit Geschäftsführer Herwig Bauer.

Was sind die Besonderheiten des heurigen Poolbar-Festivals, abseits der großen Musikacts?
Herwig Bauer: Das diesjährige 29. Festival steht ganz im Zeichen des Themas „Am Rand“. Wir wollen das Leben am Rand der westlichen Gesellschaft ausleuchten und auf Initiativen aufmerksam machen, die nicht offensichtlich im Blickfeld stehen. Es entstand unter anderem eine Kooperation mit dem Unternehmen Plasticpreneur, das Maschinen – vor allem für Einzelunternehmerinnen und -unternehmer im globalen Süden – entwickelt hat, mit denen Plastik geschreddert und zu neuen Formen gegossen werden kann. Ein Designprojekt also, das gleichzeitig der Umwelt zu Gute kommt. Aus Poolbar-Müll wird Poolbar-Schmuck. Damit wollen wir auch unseren Plastikmüll, der beim Festival entsteht, minimieren. Dieses Beispiel zeigt hervorragend, dass aus einem Problem eine Zukunftsvision entstehen kann.

Welche Akteure wirken bei der Umsetzung dieses Mottos noch mit?
Bauer: Die Vorarlberger Berufsfotografen widmen sich in einer Fotoausstellung dem Thema und ich kann schon verraten, dass sie sich aus ganz unterschiedlichen Perspektiven, die eine Gesellschaft am Rand zeigen, dem Motto angenähert haben. Heuer steht auch die Literatur verstärkt im Mittelpunkt. Passenderweise dazu fand der Generator, unser jährliches Gestaltungslabor im Frühjahr in der heimlichen Literaturhauptstadt Hohenems statt. Im Labor „Digitale Projekte“ haben die Mitwirkenden eine App entwickelt, bei der Besucher neben bekannten Festival-Features, Texte lesen und neu remixen können. Die bewährte Ticketliteratur wird im Rahmen des „Raumfahrtprogramms“ in Hohenems präsentiert. Dort haben wir den Spieß umgedreht: Die Literatinnen und Literaten schreiben Poesie zum Thema „Mittendrin.“

Hinter dem Festival steckt ein motiviertes Team.         <span class="copyright">Matthias Rhomberg</span>
Hinter dem Festival steckt ein motiviertes Team. Matthias Rhomberg

Das Raumfahrtprogramm, die diskursive Veranstaltungsreihe des Festivals, geht typischerweise an die Ränder. Was ist heuer geplant?
Bauer: Das Raumfahrtprogramm bespielt traditionellerweise leerstehende oder wenig bekannte Räume in Vorarlberg und wird so dem heurigen Motto vollkommen gerecht. Vom ungenutzten Pferdestall bis zum Schwurgerichtssaal war da schon sehr vieles dabei. Heuer sind wir zum Beispiel mit der „All Female Night“ im Atelier Ulrike Stark in Feldkirch zu Gast. Es geht an diesem Abend darum, Frauenkompetenz sichtbar zu machen und auf Chancen und Barrieren, verpackt in Alltagsgeschichten, hinzuweisen. Einprägsame Erlebnisse im Beruf und Erfolgsgeschichten werden mit kühlen Getränken serviert. Vortragen wird der Verein der drei Schwestern, ein junges feministisches Kollektiv aus Feldkirch. Ein Jodelworkshop im Lindauer Eiskeller, ein Möbelbau-Workshop mit recyceltem Plastik oder auch ein Fahrradkino stehen weiters auf dem Programm.

Was motiviert dich nach wie vor, das Poolbar-Festival zu leiten? Gibt es da nicht eine gewisse Müdigkeit nach 29 Jahren?
Bauer: Nein, momentan überhaupt nicht. Das war vielleicht vor fünf Jahren der Fall, aber mit den neuen Herausforderungen, die sich durch Covid ergeben haben, und auch mit unserem engagierten, konstruktiven und kompetenten Team bin ich motivierter denn je. Gerade was den Bereich Außenarchitektur anbelangt, war viel an Kreativität nötig. Es macht einfach sehr viel Spaß, in so einem tollen Team mitzuwirken. Routine bedeutet ja auch, dass nicht immer alles auf den letzten Drücker passieren muss und viele Situationen schon bekannt sind. Dadurch fällt viel Unangenehmes weg. Es macht Freude in so einer angenehmen Atmosphäre zu arbeiten.

Der Generator fand heuer in Hohenems statt. <span class="copyright">Matthias Rhomberg</span>
Der Generator fand heuer in Hohenems statt. Matthias Rhomberg

Zum Schluss doch noch eine Frage zur Musik: Was sind deine Geheimfavoriten?
Bauer: Definitiv die amerikanische Postcore-Band „Girls Against Boys“. Sie erinnert mich stark an meine Jugendzeit und heuer haben wir es erstmals geschafft, dass sie zu uns ins Alte Hallenbad kommen. Als zweites kann ich nur Donny Benét empfehlen, ein schrulliger Typ mit schräg groovigem Sound aus den 1980er-Jahren, der einen hohen Kultfaktor hat. Und natürlich das Open Air mit José Gonzalez, aber das ist das Gegenteil von einem Geheimtipp. Daniel Furxer