Wenn Schüler ihre eigene Firma gründen

Einblicke in ein spannendes Projekt der Klasse 6br der Oberstufe des Realgymnasiumzweiges für Kultur und Ökonomie am BG Dornbirn.
Draußen sorgt die Sonne für Hitze, innen im Klassenraum laufen die Mädchen und Buben der Klasse 6br bei der Präsentation ihrer Firmen heiß. Stets stehen einige vorne an der Tafel, alle haben eine Powerpoint-Präsentation ausgearbeitet, die ihre Geschäftsidee, den Verlauf der Umsetzung und das Fazit am Ende des Firmenprojekts illustrieren sollen. Die Gruppen bestehen teils aus Mädchen, teils aus Buben, einige sind gemischt. Sie haben sich ohne Zutun der Lehrerin Erika Schuster gebildet. Schuster unterrichtet seit zehn Jahren, davor war sie in der freien Wirtschaft als Projektleiterin tätig. Sie weiß, was es für den wirtschaftlichen Erfolg einer Firma braucht: Erfordernisse und Bedürfnisse des Marktes eruieren, untereinander auf Augenhöhe kommunizieren, Vernetzung sowie das frühzeitige Erkennen von Hürden. „Es geht darum, im Team zu planen, die Planung praktisch umzusetzen und auf Probleme zu reagieren“, erklärt Schuster. „Wenn ihr durch eure Firmen merkt, wie schwierig das ist und eure Schwierigkeiten reflektieren könnt, ist das Unterrichtsziel schon so gut wie erreicht.“

Firmennamen und CEOs
Zunächst galt es, zur Geschäftsidee einen passenden Namen zu finden. „Wir präsentieren euch ,Piedra Fina‘, Feinstein und unsere erfolgreiche Arbeit“, beginnt die Mädchengruppe, die sich auf Perlenschmuck verlegt hat, selbstbewusst. Gut vorbereitet stellt sie ihre Arbeit vor. „Wir fanden, dass wir alle gleich viel Mitspracherecht bekommen sollten, und haben daher keine von uns zur CEO ernannt. Bei Problemen haben wir uns gegenseitig geholfen“, erzählen Sophie Helmes und Olga Kulic. Zunächst wurde das Perlen-Must-have des Sommers unter den Schülerinnen durch Umfragen herausdestilliert: „Wir wollten ein junges Design, das aber auch Erwachsene tragen können. Die Perlen dafür hat unser türkisches Firmenmitglied kostengünstig aus der Türkei besorgen lassen, die Fixkosten und den Gewinn haben wir gleichmäßig unter uns aufgeteilt. Wir haben in der Schule verkauft, hatten aber auch einen Stand auf dem Markt.“
Aus den Perlen fertigte das Team Ketten, Armbänder und Handyketten. „Wir haben unser investiertes Geld zurückbekommen und sogar noch etwas hinzuverdient“, sagt die 16-jährige Sophie Helmes.

Businessplan
Die nächste Gruppe produzierte selbst gegossene Kerzen in vielen Formen und Farben. Die Schülerinnen erzählen von einer fehlenden Struktur innerhalb der Gruppe, die für ein zielstrebiges Verkaufen nötig gewesen wäre, dass sie aber schließlich – nicht zuletzt durch die Unterstützung von Familien, Bekannten und Freunden – doch genügend Kerzen verkaufen konnten, um Gewinn zu machen. Als hilfreich erwiesen sich das Verfassen eines Businessplans und eine Internetrecherche. „Wir haben herausgefunden, dass der Zusatz von Düften und Anti-Mücken-Stoffen die Kerzen für unsere potenziellen Käuferinnen und Käufer interessant gemacht hat“, erzählen die Schülerinnen.
So wie die anderen Gruppen hat auch die Kerzengruppe Interessierte über einen eigens eingerichteten Instagram-Account gefunden. Ihr Fazit: „Wir haben auf jeden Fall viel gelernt, zum Beispiel über Finanzen, Buchhaltung, Marketing und Vertrieb.“
“Die Lernerfahrungen die meine SchülerInnen und Schüler mitnehmen, sind aufgrund der Teamarbeit und bei der Überwindung von Schwierigkeiten besonders wertvoll.”
Erika Schuster, Lehrerin
Erfahrung zählt
Ein weiteres Schüler-Team hat das virtuelle Bundesfinale des „Business- & MINT Masters“ organisiert und so Eindrücke im Event-Management gesammelt. Über 600 Schüler haben am 24. Mai beim österreichweiten Schulwettbewerb der „Schoolgames“ ihre Fähigkeiten in Wirtschaft, Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik bewiesen. „Wir mussten den Beamer bedienen, die Preisverleihung organisieren, den Raum herrichten und haben zunächst ein Probe-Zoom-Meeting abgehalten. Das war alles sehr spannend, und wir haben viel gelernt“, resümiert die Gruppe.
Hühner gekauft
Für Erheiterung sorgen zwei Schüler mit ihren Hühnern. Sie haben um 28 Euro vier Hühner gekauft, die für die Familien, für Nachbarschaft, Bekannte und Freunde Bio-Eier legen sollten. Ohne anonyme rote Stempelnummer, sozusagen noch legewarm. „Wir hatten mit diversen Schwierigkeiten zu kämpfen, zum Beispiel sind die Hühner durch einen eigentlich ausbruchssicheren Zaun ausgebrochen.“ Fotos zeigen die daraufhin erfolgten vergeblichen Anlockversuche. „Außerdem war uns nicht klar, dass alle Hühner gleichzeitig in die Mauser kommen können. Da verlieren sie ihr gesamtes Federkleid und legen keine Eier. Aber wir haben noch vier Hühner nachgekauft und wollen weitermachen.“
Am Ende gibt es Applaus für dieses wie auch für alle anderen Abenteuer im Dschungel der freien Wirtschaft.

Denken, wie der Kunde denkt
Im Zwei-Stunden-Fach „Informatik und Projektmanagement“ in der 6. Klasse des Bundesgymnasiums Dornbirn sollen die Schüler kreatives und zielstrebiges Arbeiten sowie Sorgfalt, Ausdauer und logisches Denken trainieren. Ihr erworbenes theoretisches Wissen wenden sie sodann praktisch an: In einer Junior Company sammeln sie erste Erfahrungen in der Unternehmenswelt und eignen sich so grundlegende Wirtschaftskenntnisse und Kompetenzen an.
Für den Zeitraum eines Semesters gründen sie an der Schule ein Unternehmen und bieten reale Produkte am Markt an. Dabei durchlaufen sie alle Phasen des realen Unternehmertums, von der Entwicklung einer Geschäftsidee über Produktion, Werbung und Verkauf bis hin zur Auflösung des Unternehmens. Die Jugendlichen müssen ihr Eigenkapital selbst aufbringen und dürfen keine Kredite aufnehmen und sind somit keinen finanziellen Risiken ausgesetzt. Sie erfüllen alle unternehmerischen Aufgaben selbst und erleben Wirtschaft dadurch hautnah, während der Lehrer oder die Lehrerin dem Team als Coach zur Seite steht. Sie erarbeiten ein Beispiel-Projekthandbuch und erfassen dafür praxisnahe Daten, verwalten sie und werten sie aus. Ein Teil ist auch das Präsentieren des Projekts.