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Warum immer mehr Lenker geblitzt werden

05.08.2022 • 23:13 Uhr / 5 Minuten Lesezeit
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Stiplovsek

Mehr Lasertechnik sorgt für einen massiven Anstieg der Geschwindigkeitsübertretungen in Vorarlberg.

Bis zur 100.000er-Grenze fehlt nicht mehr viel. Exakt 99.207 Strafanzeigen und Organmandate wegen Geschwindigkeitsübertretungen haben Bezirkshauptmannschaften und Polizei in den ersten sechs Monaten dieses Jahres ausgestellt. Damit wurden im Schnitt täglich mehr als 550 Kfz-Lenker auf Vorarlberger Straßen geblitzt oder per Laser überführt. Die Steigerung gegenüber dem Vorjahreszeitraum ist deutlich. Rund 27.000 Beanstandungen sind dazugekommen, was einem Plus von 37 Prozent entspricht.

Lasertechnik

Der Grund für den Anstieg liegt in erster Linie in der fortgeschrittenen Technik, erklärt Oberst Rudolf Salzgeber, Leiter der Landesverkehrsabteilung, auf NEUE-Anfrage. Die stationären Überwachungsanlagen, die den überwiegenden Teil der Übertretungen feststellen, werden nämlich sukzessive auf Lasertechnologie umgestellt. Diese ist präziser und ermöglicht das Messen in beide Richtungen, zudem kann bei mehreren nebeneinander fahrenden Autos jenes herausgefiltert werden, das zu schnell unterwegs ist.
Allein die Bundespolizei unterhält in Vorarlberg 38 Standorte für stationäre Messungen, etwa ein Drittel der Geräte ist gleichzeitig „scharf“. Wie viele davon schon mit Lasertechnik ausgestattet sind, war nicht zu erfahren.

Immer mehr Radarkästen werden mit Lasertechnik bestückt. <span class="copyright">Hartinger</span>
Immer mehr Radarkästen werden mit Lasertechnik bestückt. Hartinger
Warum immer mehr Lenker geblitzt werden

Deutlich mehr Anzeigen

Die Aufrüstung schlägt sich, wie gesagt, deutlich in den Zahlen der Anzeigen nieder (siehe Factbox). Die stationären Radar- und Lasergeräte erfassten im ersten Halbjahr rund 86.800 Geschwindigkeitsübertretungen, was gegenüber dem Vorjahreszeitraum ein Plus von 66 Prozent bedeutet.
Neben den vollautomatischen Radar- und Lasergeräten, landläufig als Radarboxen bezeichnet, gibt es mobile Radar- und Lasergeräte, Laserpistolen, Abstands- und Lichtschrankenmessgeräte sowie in Zivilfahrzeuge eingebaute Nachfahrkameras. Zudem verwendet die Landesverkehrsabteilung neuerdings auch mobile Wanderkabinen. Laut Salzgeber kommen diese beispielsweise im Amberg- oder Pfändertunnel zum Einsatz.

Rückgang bei Tempo-Anzeigen im Zuge von Abstandsmessungen.<span class="copyright">Polizei</span>
Rückgang bei Tempo-Anzeigen im Zuge von Abstandsmessungen.Polizei

Wohin die Strafgelder Fliessen

Der Großteil der Strafgelder geht an den jeweiligen Straßen­erhalter, also an Bund, Land, Gemeinden oder an die Asfinag. 20 Prozent kommen dem Innenministerium bzw. der Bundespolizei zugute – außer bei Verwaltungs­übertretungen auf Straßen in Gemeinden mit weniger als 10.000 Einwohnern, in diesen Fällen bleibt die volle Summe in der Kommune. Strafgelder für Verstöße auf verländerten Bundesstraßen gehen an den Bund. Bei Verkehrssünden, die mit Ausrüs­tung und Ausstattung zu tun haben, fließt das Geld in den Sozialtopf.

Wie viel die Einnahmen durch Geschwindigkeitsübertretungen in Summe ausmachen, können die Behörden auf Anfrage nicht beantworten. Zahlen für diesen Bereich werden offenbar nicht gesondert ausgewiesen. Erhoben wird die Anzahl aller Anonymverfügungen und ordentlichen Strafverfahren nach der Straßenverkehrsordnung (StVO) und dem Kraftfahr- und Führerscheingesetz sowie deren Strafbeträge. Diese Zahlen beinhalten jedoch nicht nur Geschwindigkeitsüberschreitungen, sondern eine ganze Reihe anderer Delikte.

Wie aus dem Rechenschaftsbericht des Landes hervorgeht, betrugen im Jahr 2021 allein die BH-Bußgelder wegen Verstößen gegen die StVO (Tempoüberschreitung, zu geringer Abstand, Falschparken) fast 16 Millionen Euro.

Weniger Messungen auf Brücken

Die Anzeigenzahlen variieren in den einzelnen Bereichen deutlich. So gab es bei den Abstandsmessungen auf der Autobahn angefallenen Geschwindigkeitsbeanstandungen einen satten Rückgang von 68 Prozent. Im ersten Halbjahr 2022 wurden rund 4000 Anzeigen ausgestellt, in den ersten sechs Monaten des Vorjahres waren es noch 12.700. Salzgeber begründet das deutliche Minus damit, dass der Polizei aufgrund der regen Bautätigkeit der Asfinag nicht alle Mess-Standorte zur Verfügung standen. In der Regel werden die Abstandsmessungen auf Brücken durchgeführt. Speziell in Baustellenbereichen gebe es immer wieder eine Vielzahl an Übertretungen, sagt der oberste Verkehrspolizist des Landes. Aber auch das Tempolimit bei Nässe (80) wird von den Autofahrern nur wenig beachtet.

Warum immer mehr Lenker geblitzt werden
Rudolf Salzgeber, Landesverkehrsabteilung. <span class="copyright">Polizei</span>
Rudolf Salzgeber, Landesverkehrsabteilung. Polizei

„Bei den Strafhöhen hat sich einiges getan. Vermutlich wird es aber noch etwas dauern, bis das bei allen Verkehrsteilnehmern ankommt.“

Rudolf Salzgeber, Landesverkehrsabteilung

Raser-Paket

Die Polizei verwehrt sich gegen das Image als „Abkassierer“. Bei den Maßnahmen gehe es um die Erhöhung der Verkehrssicherheit, betont Salzgeber. Der Leiter der Landesverkehrsabteilung in der Landespolizeidirektion sprach sich über viele Jahre hinweg für härtere Strafen aus. Zufrieden zeigt er sich mit dem im September 2021 eingeführten Raser-Paket, das zahlreiche Verschärfungen mit sich brachte. „Vermutlich wird es noch etwas dauern, bis das bei allen Verkehrsteilnehmern ankommt. Schlussendlich hoffen wir aber auf eine angepasstere Fahrweise.“