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Wenn der Strom ausfällt

15.10.2022 • 20:39 Uhr / 9 Minuten Lesezeit
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stringer, reuters/symbolbild

Frage & Antwort. Wie gut ist Vorarlberg für den Ernstfall vorbereitet und was kann die Bevölkerung vorab für Maßnahmen treffen?

Das Thema Blackout ist seit Monaten in aller Munde. Es gibt viele mögliche Szenarien, die zum Eintreten eines großflächigen Stromausfalles führen könnten, etwa Cyberangriffe, Überlastungen des Stromnetzes oder eine Naturkatastrophe. Stromausfälle von mehreren Tagen sollen mitunter die Folge sein. Doch wie ernst ist die Lage in Vorarlberg wirklich? Seitens der Illwerke vkw gibt man Entwarnung: „Die Versorgungssicherheit in Vorarlberg ist sehr hoch und liegt im europäischen Spitzenfeld.” Generell schätze man daher die Wahrscheinlichkeit eines Blackouts als gering ein, könne sie aber nicht ausschließen, informiert der Pressesprecher der Illwerke vkw, Andreas Neuhauser, und erklärt weiter: „Wenn die Infrastruktur, sprich Kraftwerks- oder Netzanlagen intakt sind, können wir das Land Vorarlberg in 12 bis 24 Stunden wieder mit Strom versorgen.“ Doch der Reihe nach.

WG: 3-G am Arbeitsplatz
WG: 3-G am Arbeitsplatz

Szenario Stromausfall

Angenommen, es kommt zu einem großflächigen Stromausfall in Europa, dann wird Vorarlberg als Strominsel geführt und bis auf Weiteres vom europäischen Stromnetz abgekapselt. Vorarlberg befindet sich im Falle eines Blackouts zusätzlich in einer privilegierten Situation, da die Pumpspeicherkraftwerke schwarzstartfähig sind. Das heißt, dass es in den jeweiligen Kraftwerken zwar ein Notstromaggregat benötigt, um diese wieder zu starten, sobald das Wasser aus dem Speicher jedoch abgelassen wird, könne man wieder Strom erzeugen und das ohne Energie von außen und damit autonom. Im Anschluss würde man dann mit dem Versorgungswiederaufbau beginnen und erste Kunden hinzuschalten. Über sukzessives Zuschalten von Kunden und Hochfahren weiterer Kraftwerke werde der Inselbetrieb in Vorarlberg dann hergestellt. Parallel werde man von Anfang an dabei helfen, das europäische Stromnetz wieder aufzubauen. Zuletzt erfolge die Synchronisierung des Vorarlberger Netzbetriebs mit benachbarten Übertragungsnetzen.

Blackout

Für den Begriff Blackout gibt es keine exakte wissenschaftliche Definition. Generell ist damit ein plötzlicher, überregionaler Ausfall der Stromversorgung gemeint. Im Unterschied zu einem gewöhnlichen Stromausfall kann die Versorgung für weite Gebiete (Ganze Teile Österreichs oder gar Teile Europas) zumindest mehrere Tage lang nicht wiederhergestellt werden. In Vorarlberg sieht die Situation etwas anders aus.

Folgen

Auch wenn laut der Prognose der Illwerke vkw ein möglicher Stromausfall wahrscheinlich nur von kurzer Dauer wäre, hätte dies in manchen Bereichen wie den Spitälern fatale Folgen. Die Vorarlberger Krankenhausbetriebsgesellschaft entwarnt und informiert, dass für lebenserhaltende Geräte eine unterbrechungsfreie Stromversorgung bestehe und innerhalb von Sekunden auf Notstrom umgestellt werden könne. Mit den Notstromaggregaten könnten die Landeskrankenhäuser länger als eine Woche versorgt werden, heißt es.
Verantwortliche der Lebensmittelketten Spar oder Sutterlüty wollen sich zum konkreten Ablauf bei einem Blackout nicht äußern, auch die Abteilung für Inneres und Sicherheit im Land hält sich bedeckt, da laut eigenen Angaben bald eine Broschüre erscheinen soll.

Herbert Knünz, Geschäftsführer des Vorarlberger Zivilschutzverbandes informiert hingegen über mögliche Vorsorgemaßnahmen und beantwortet die unten stehenden Fragen. Auch die Illwerke vkw betonen, dass jene Maßnahmen zu empfehlen sind, auch wenn die Stromversorgung bei intakter Infrastruktur rasch wieder hergestellt werden könne.

Herbert Knünz, Geschäftsführer Zivilschutzverband Vorarlberg. <span class="copyright">Privat</span>
Herbert Knünz, Geschäftsführer Zivilschutzverband Vorarlberg. Privat


1. Wie kann ich mich auf ein Blackout vorbereiten?
Jeder Einzelne sollte sich bereits im Vorhinein mit seiner persönlichen Situation beschäftigen und sich Gedanken darüber machen, in welchen Bereichen einen der Stromausfall treffen wird. Dann kann jeder für sich selbst Maßnahmen treffen, um die Auswirkungen so gering wie möglich zu halten.


2. Worüber sollte man sich etwa konkret Gedanken machen?
Wenn ich nur mit Fingerprint ins Haus reinkomme, sollte ich mir überlegen, was ich im Falle eines Stromausfalls machen würde. Elektrische Rollos können dann ebenso nicht mehr hochgefahren werden und man sitzt möglicherweise im Dunkeln. Menschen, die ein Sauerstoffgerät benötigen, sollten sich Gedanken machen, was tun, wenn ich dieses nicht mehr laden kann? Am besten zudem vorab auch mit dem Arbeitgeber abklären, ob man bei einem Blackout zu Hause bleiben soll oder ob es jemanden braucht, der das Gebäude des Unternehmens sichert und zusieht, dass alle Türen geschlossen sind. Neben dem Arbeitgeber sollte man auch mit den Kindern absprechen, was zu tun ist, wenn ein Stromausfall passiert, während sie außer Haus sind. Internet und Handynetz funktionieren dann nämlich nicht mehr. Solche und viele weitere Fragen muss sich jeder im Voraus stellen.


3. Was muss man im besten Fall alles zu Hause haben?
Einen Lebensmittel- sowie Trinkwasservorrat. Sicher auch wichtig sind Taschenlampen oder Kerzen, genauso ein batteriebetriebenes Radio, um über aktuelle Entwicklungen auf dem Laufenden zu bleiben. Auch das Autoradio kann verwendet werden, sofern die Batterie des Autos nicht leer ist. Hygieneartikel, Windeln fürs Baby oder notwendige Medikamente wären auch von Vorteil. Genauso wie eine alternative Kochmöglichkeit. Beispiele dafür: Campingkocher, Fonduegeschirr, Grill oder Holzherd.


4. Wie lange sollte der Vorrat reichen?
Abgesehen von einem Blackout sollte man grundsätzlich für etwaige Krisenszenarien immer genügend Lebensmittel- und Trinkwasservorrat bei sich zu Hause haben, um sich damit zehn bis 14 Tage selbst verpflegen zu können. In Vorarlberg gehen wir im Falle eines Blackouts davon aus, dass innerhalb eines Tages die Stromversorgung wieder hergestellt werden kann. Wir rechnen allerdings einen Sicherheitsfaktor von drei Tage mit ein, wo es noch Stromausfälle geben kann. Es wird bei einem großflächigen Blackout sicher auch für mehrere Tage zu Logistikverzögerungen kommen, da in anderen Ländern und Bundesländern der Strom länger wegbleibt.


5. Was gibt es noch Wichtiges zu bedenken?
Alarmanlagen und Feuermelder funktionieren nicht mehr. Zudem sollten unbedingt alle elektrischen Geräte abgeschaltet werden, die bei Stromausfall in Betrieb waren. Ist der Strom plötzlich wieder da, besteht sonst Brandgefahr. Generell ist das Ausschalten aller Stromgeräte von Vorteil, um das Stromnetz zu entlasten. Dies helfe den Netzbetreibern auch beim Wiederhochfahren. Zu bedenken gilt auch, dass Ampeln und die Belüftungsanlagen von Tunneln nicht mehr funktionieren, weshalb gerade größere Tunnel gesperrt werden. Weiters fallen Personenlifte aus. Hausbewohner und Hausmeister sind gefragt, sich vorab zu informieren, wie die Aufzugtüren ohne Strom geöffnet werden können. Bei Seilbahnanlagen sollte gewährleistet sein, dass alle Personen, die sich im Lift befinden, befreit werden, informiert Knünz. Auch Züge sollen laut Christoph Gasser-Mair, ÖBB-Pressesprecher für Tirol und Vorarlberg, in der Lage sein, ihre Fahrgäste noch zur nächsten Ausstiegsstelle zu befördern oder sogar darüber hinaus, sofern die Infrastruktur noch gegeben ist. Denn ein Drittel des benötigten Bahnstroms erzeuge die ÖBB selber, unabhängig vom öffentlichen Stromnetz, weshalb der Bahnbetrieb noch für eine gewisse Zeit aufrecht erhalten werden kann. Ein weiterer Punkt ist die Wasserversorgung und Abwasserentsorgung die eventuell nicht mehr funktioniert.

<span class="copyright">Marek Knopp</span>
Marek Knopp


6. Ab wann ist die Wasserversorgung und Abwasserentsorgung nicht mehr intakt?
In Gemeinden, die höherliegende Quellen haben oder Hochbehälter funktioniert die Wasserversorgung noch eine gewisse Zeit ohne Strom. Viele Gemeinden hätten aber Grundwasserbrunnen und Pumpen und seien auf den Strom angewiesen, diese müssen abgesichert werden, etwa durch Notstromaggregate, informiert Thomas Blank, Abteilungsleiter der Wasserwirtschaft Vorarlberg. Bei Abwasser sei es das Gleiche. Es gebe Gegenden, da rinne dieses automatisch weg, und andere bei denen man Abwasserpumpwerke brauche. Das Land sei aktuell dabei, Empfehlungen für die Gemeinden zur Umsetzung auszuarbeiten. Für die Maßnahmen verantwortlich seien dann die Gemeinden selbst.
Alternativen, falls die Abwasserentsorgung nicht mehr funktioniert, wären laut Hubert Knünz etwa Campingtoiletten oder auch Toilettenbeutel, die man über die Kloschüssel spannen kann. Als weitere Option könnte man auch ein Dixiklo bei der Wohnanlage aufstellen.

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dietmar stiplovsek


7. Wird Bevölkerung mittels Sirene vor einem Blackout gewarnt?
Seitens der Landeswarnzentrale informiert Philipp Bachmann, dass die 227 Sirenen im Land größtenteils nicht mit Notstromaggregaten versorgt sind und somit im Blackout Fall nicht funktionieren. Es sei bei einem Blackout auch nicht vorgesehen, die Bevölkerung mittels Sirenen zu warnen.

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Alexandra serra


Die Dokumentation „50 Hz – Wie wir einen Blackout vermeiden“ der Illwerke vkw ist online abrufbar.