Entspannter Rutsch für Haustier und Besitzer

Silvester soll ein besonders schöner Tag werden. Da darf ein Feuerwerk oft nicht fehlen. Das freut nicht alle.
Für Haustiere ist Silvester furchtbar“, so Tierschützerin Annelies Dalpez. „Ein Tier weiß im Gegensatz zu Menschen an Silvester nicht, was los ist“, erklärt sie.

Damit der Jahresübergang möglichst stressfrei für Tiere und Besitzer verläuft, können Vorkehrungen getroffen werden. Dass Lärm nicht immer Gefahr bedeutet, kann mit Hunden etwa schon im Welpenalter trainiert werden. Schon mehrere Monate vor Silvester beginnen manche Besitzer etwa damit, ihre Hunde mit Luftballons spielen zu lassen. Dabei erzeugen die Hunde ein Knallgeräusch und lernen, dass nichts passiert. Besitzer können auch aufgeblasene Chipstüten zerplatzen. Tierärztin Gabriela Piller von der Tierarztpraxis „Piller und Lechner“ in Wolfurt warnt jedoch, dass dieses Geräuschtraining keinesfalls ohne Begleitung durch einen Verhaltensexperten wie Hundetrainer durchgeführt werden soll, um Traumata zu vermeiden.

Wer jedoch verabsäumt hat, schon früh mit Präventionsmaßnahmen zu beginnen, hat weitere Optionen. Besitzer können Hunde ab drei bis vier Wochen vor Silvester Nahrungsergänzungen mit pflanzlichen und natürlichen Inhaltsstoffen füttern, welche beruhigend wirken.
Sedierte Tiere nur unter Aufsicht
Bei panischen Hunden gibt es darüber hinaus die Möglichkeit von Medikamenten zur Sedierung. Diese werden wenige Tage vor Silvester begonnen oder erst am Tag selbst verabreicht. Angst vor Medikamenten, welche die Tiere wie früher teilweise außer Gefecht setzen, jedoch die Angst nicht hemmen, müssten Besitzer heute laut Piller nicht mehr haben.

Sie rät Besitzern jedoch, sich beim Tierarzt über Nebenwirkungen und Dosierung zu informieren. Außerdem betont sie: „Sedierte Tiere sollten nicht alleine gelassen werden.“ Somit sind Medikamente keine Lösung für Besitzer, die ungestört auf eine Silvesterparty gehen wollen. Ohne Aufsicht bestünde die Gefahr, dass die Hunde unbemerkt die Treppe hinunterfallen, stolpern oder sich erbrechen.
Eierlikör: Achtung Rauschgefahr
Nicht nur Besitzer trinken an Silvester. Manche geben auch den Vierbeinern Eierlikör zur Beruhigung. Die 46-Jährige warnt vor zu großen Mengen Alkohol: „Ein Stamperl Eierlikör ist im Verhältnis zum Gewicht des Hundes wie eine halbe Flasche für Menschen.“ Mögliche Nebenwirkungen sollen beachtet werden, damit der „Hund nicht mit einem Kater am nächsten Tag aufwacht“, ergänzt Piller.

Am Silvestertag selbst sollten Hunde nur noch an der Leine spazieren geführt werden. Ein zusätzliches Geschirr kann Sicherheit bei besonders ängstlichen Hunden bieten. So wird verhindert, dass ein Hund bei Lärm durch den Schock wegläuft. Laut dem Vorarlberger Tierschutzheim gibt es solche Fälle nämlich jedes Jahr. Piller rät zudem, Spaziergänge noch zu der Tageszeit einzuplanen, wenn es noch ruhig ist. Für den Spaziergang am Silvestertag sind besonders abgelegene Gegenden wie etwa am Pfänder oder in der Natur geeignet.

Musik, Unterschlupf und geschlossene Rollläden
Für alle Haustiere ist an Silvester eine Möglichkeit zum Unterschlupf Zuhause wichtig. Wenn ein Hund sich dann verkriecht und Angst zeigt, sollte das Verhalten nicht noch durch übertriebene Fürsorglichkeit des Besitzers verstärkt werden. „Wenn ein Hund beschwichtigt und bemuttert wird, denkt der Hund dann erst recht, dass etwas faul ist, und hat Angst“, erklärt Piller. „Man soll sich so normal wie möglich verhalten“, erklärt die Tierärztin. Wenn der Hund jedoch die Nähe suche, dürfe diese erwidert werden, sagt sie.
Spiele bieten für Hunde zudem Ablenkung. Auch Musik oder der Fernseher lenken Tiere vom Feuerwerk ab. Geschlossene Fensterläden schirmen es visuell ab. Vögel sind sensibel auf Lichtreize. Darum ist eine Decke über dem Käfig wichtig.

Für Katzen empfiehlt Piller, dass sie am 31. Dezember nicht rausgelassen werden. Wenn die Katze doch entwischt, taucht sie laut Dalpez meist am nächsten Abend wieder auf. Ansonsten sollen Besitzer in Kellern, Ställen und Garagen in der Nähe suchen, sobald es wieder ruhig ist.
Wilde Vögel sind besonders durch Lärm belastet
Nicht nur Haustiere leiden unter dem Lärm. „Wildtiere sind der Knallerei schutzlos ausgeliefert“, heißt es vonseiten des Vorarlberger Tierschutzheims. Obfrau der Wildtierhilfe Vorarlberg Katharina Feurstein stimmt dem zu: „Schon Haustiere reagieren stark auf Silvester, obwohl sie Dauerbeschallung gewohnt sind.“ So hätte man dann eine Vorstellung, wie schlimm der Silvesterlärm für Wildtiere sei. Die Tiere bräuchten in solchen Stresssituationen vermehrt Energie und seien anfälliger für Krankheiten oder Parasiten.

Besonders betroffen seien Tiere, die sich in der nahen Umgebung des Menschen aufhalten. „Vögel sind eine stark belastete Tiergruppe an Silvester, weil sie nahe am Menschen wohnen“, so die 34-Jährige. Nach Silvester registriert die Wildtierhilfe vermehrte Anrufe von Personen, die verletzte Vögel mit Brüchen oder Anflugtrauma finden. „Die Vögel, die ein gutes Gehör haben, schrecken aus der Nachtruhe durch den Lärm auf und fliegen in Glasscheiben oder Äste von Bäumen.“ Denn Vögel sehen nicht gut und fliegen normalerweise nicht nachts. Zu dieser Zeit schlafen sie üblicherweise.
Durch Böller geweckt
Feurstein empfindet Feuerwerk durch seine Auswirkungen auf Tiere und Natur als nicht mehr zeitgemäß, da die Gesellschaft eigentlich gut über Klima und die Umwelt informiert sei. Tiere hätten außerdem sowieso schon durch Skitourengeher und Wanderer kaum Rückzugsorte mehr, so die 34-Jährige. Sie rät, das Geld anstatt fürs Feuerwerk anders auszugeben, etwa für ein regionales Silvesteressen oder Spenden ans Tierheim oder an Tierschutzvereine. Sie weist auf Alternativen zu Raketen, wie etwa Fakelzüge oder Feuer, hin.

Nicht nur Vögel sind betroffen. Tierschützerin Annelies Dalpez berichtet, dass Igel teilweise aus dem Winterschlaf erwachen. Das kann Folgen haben, denn im wachen Zustand brauchen sie Nahrung, bis sie wieder zur Ruhe kommen. Das kann ein paar Tage dauern. „Wenn sie in der freien Natur aufwachen, finden sie kein Futter mehr und sterben meist“, so Dalpez. Aufwachen würden eher untergewichtige Igel. „Es ist nicht nur der Lärm, sondern dass der Boden vibriert, wenn in der unmittelbaren Umgebung Böller gezündet werden“, so Dalpez. Ihr werden schon die Tage vor Silvester Igel zu ihrer Igelstation gebracht, da früh mit dem Feuerwerk begonnen wird.
Dieses Jahr sind es weniger Igel als sonst. Dalpez vermutet, dass der Starkregen im August der Grund ist. „Bei einer Naturkatastrophe können wir nichts machen. Aber dass wir Böller schießen, können wir aktiv ändern“, so Dalpez.

Stiplovsek
Weihnachtszeit und Silvester im Tierschutzheim
An Weihnachten werden gerne Haustiere verschenkt. Doch gerade die Zeit von den Weihnachtsfeiertagen bis Silvester ist für ein Tier zur Eingewöhnung nicht optimal. Denn die Tiere brauchen dann besonders Zeit und Ruhe. Gerade an Silvester könnte dann ein Tier die Knallerei negativ mit dem neuen Zuhause verknüpfen.
Das Vorarlberger Tierschutzheim erwartet erfahrungsgemäß in der Zeit nach Ferienende, wenn der Alltag wieder losgeht, einen Anstieg an Anfragen zur Abgabe eines Tieres. Dem wollen sie mit einem alljährlichen Vermittlungsstopp vor Weihnachten entgegenwirken. So soll verhindert werden, dass Haustiere verschenkt werden. „Die Anschaffung muss gut überlegt und durchdacht sein“, heißt es vonseiten des Vorarlberger Tierschutzheims. Besser sei es deswegen, Sachbücher über das Tier oder Ausstattung unter den Christbaum zu legen.
Im Tierschutzheim selbst gibt es an Silvester Maßnahmen, um den Tag für die Tiere stressfrei zu gestalten. Die Pfleger gehen mit den Hunden schon frühzeitig spazieren, solange es noch ruhig ist. Geschlossene Fenster, Spielzeug, geschlossene Gehege, CBD-Öl und Entspannungsmusik werden außerdem eingesetzt.
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