Allgemein

Start-up zur Erfüllung eines Traums

30.12.2022 • 19:15 Uhr / 7 Minuten Lesezeit
Die beiden Start-up-Gründer Linus Albrecht (links) und Michael Bertel. <span class="copyright">Roland Paulitsch</span>
Die beiden Start-up-Gründer Linus Albrecht (links) und Michael Bertel. Roland Paulitsch

Der „Gastronomie 4.0“ haben sich Linus Albrecht und Michael Bertel verschrieben.

Bereits während ihrer Schulzeit haben Linus Albrecht (21) und Michael Bertel (22) am Fundament ihres Start-ups „Limifyze“ gearbeitet. Damals hätten sie wohl nicht daran gedacht, dass sie mit dem eigenen Unternehmen den Schritt in die Selbstständigkeit wagen. Im Vordergrund stand für sie, ihre Vision vom Barkeeper der Zukunft zu verwirklichen. Der von den Gründern entwickelte Automat kann offene Bargetränke aller Art ausschenken. Die Auswahl erfolgt über einen Touchscreen, bezahlt wird entweder mittels Kredit- beziehungsweise Bankomatkarte oder kontaktlos über das Smartphone. Nach mehreren Jahren Entwicklung haben die beiden kürzlich mit einem Tag der offenen Tür in ihrer Werkstatt in Alberschwende den offiziellen Produktlaunch gefeiert.

Unter anderem Hotels als Zielgruppe

Den jungen Tüftlern geht es nicht darum, mit Limifyze Barkeeper oder anderes Personal in der Gastronomie arbeitslos zu machen. Vielmehr sehen sie ihr Produkt als Mittel im Kampf gegen den Personalmangel und auch als Möglichkeit, rund um die Uhr offene Bargetränke anbieten zu können. Zielgruppe sind etwa Hotels, in denen die Gäste dann nicht auf die Öffnungszeiten der Hotelbar angewiesen sind, um beispielsweise spät in der Nacht noch den einen oder anderen Absacker genießen zu können. Mit nur einer Füllung können mit der Selfservice-Bar ohne Personaleinsatz 150 Cocktails, 300 Shots und 40 Liter Filler verkauft werden.

Sechs Flaschen haben im Automaten Platz. Durch die modulare Bauweise lassen sich auch andere Zutaten noch hinzufügen. <span class="copyright">Paulitsch</span>
Sechs Flaschen haben im Automaten Platz. Durch die modulare Bauweise lassen sich auch andere Zutaten noch hinzufügen. Paulitsch

Die Bedienung des automatischen Barkeepers ist denkbar einfach. Der Benutzer wählt am Touchscreen sein gewünschtes Getränk. Der Automatenbetreiber kann selbst bestimmen, was ausgeschenkt wird: von vorgegebenen Getränken bis hin zu selbst gewählten Mischungen der Gäste. Danach wird ein Glas im Ausgabefach des Automaten platziert, bezahlt, und schon wird das gewünschte Getränk gemixt und ausgegeben. Eiswürfel, Zitronenscheiben, Strohhalme oder andere Utensilien beziehungsweise Zutaten können den Nutzern zur Verfügung gestellt werden, sodass sie ihrem Drink selbst den letzten Schliff verpassen können.

Paulitsch (3)
Paulitsch (3)

Der Barkeeper der Zukunft ist zudem modular aufgebaut und kann damit von den beiden Jungunternehmern an die Bedürfnisse ihrer Kunden angepasst werden. So ist es auch möglich, über ein zusätzliches Ausgabefach weitere flüssige Zutaten in den Drink zu mixen. Der Nutzer wird mittels Touchscreen und Lichtsignalen angeleitet. Ein Sensor erkennt beispielsweise, wenn das Glas im zweiten Ausgabefach bereitsteht. Die verschiedenen Komponenten sind dabei nicht über Kabel, sondern drahtlos miteinander verbunden.

“Kellner-Ruf”-System

Linus Albrecht und Michael Bertel arbeiten mit Limifyze an der „Gastronomie 4.0“. Ähnlich wie in der Industrie sollen mithilfe von Automatisierung und Digitalisierung smarte Lösungen gefunden werden. Dies gilt nicht nur für ihren automatischen Barkeeper, sondern auch für Ledovation. Dabei handelt es sich um ein „Kellner-Ruf“-System, das die beiden Vorarlberger von zwei Tiroler Entwicklern übernommen haben. Linus Albrecht und Michael Bertel hatten gemeinsam mit ihrem Geschäftspartner Günther Pörnbacher die Gelegenheit, sich am Unternehmen zu beteiligen.

Servicetubes

Bei Ledovation werden sogenannte Servicetubes genutzt. Diese können etwa in einem Lokal, in einer Hotellobby oder im Spa-Bereich eingesetzt werden. Gäste, die eine Bestellung tätigen möchten, drücken einfach den Servicetube. Dem Personal wird dann mit einem rotem Licht – ähnlich wie dies beim Rufknopf im Flugzeug der Fall ist – signalisiert, dass Gäste bedient werden möchten. Ebenso ist es möglich, dass eine Benachrichtigung über eine App oder eine Smartwatch angezeigt wird. Den Kellnerinnen und Kellnern soll so die Arbeit erleichtert werden. Gäste haben den Vorteil, dass sie nicht übersehen werden.

Der Automat ist modular aufgebaut. Die verschiedenen Teile sind drahtlos miteinander verbunden. <span class="copyright">Paulitsch</span>
Der Automat ist modular aufgebaut. Die verschiedenen Teile sind drahtlos miteinander verbunden. Paulitsch

Die Jungunternehmer haben das Konzept von Ledovation komplett überarbeitet. In einem Tiroler Betrieb wurden erste Erfahrungen in der Praxis gesammelt. Nun steht das System vor der Serienreife und kann an Kunden verkauft werden. Es ist damit auf einem ähnlichen Stand wie Limifyze. Für den automatischen Barkeeper sind Linus Albrecht und Michael Bertel jedoch noch auf der Suche nach einem Betrieb, um ihren Automaten in der Praxis zu testen und weitere Daten zu sammeln.

Kontakte geknüpft

Bereits vor einem Jahr waren die Vorarl­berger mit ihrem Barkeeper der Zukunft auf der Gastronomie-Messe „Host“ in Mailand vertreten. Dort wurden Kontakte geknüpft und Interessenten gefunden. Mit dem nunmehrigen Produktlaunch wollen die Tüftler voll durchstarten. Ihr Automat ist bereit, in größeren Stückzahlen produziert zu werden. Zu diesem Zweck haben die Jungunternehmer eine eigene Werkstatt in Alberschwende. Die Bauteile werden, soweit dies möglich ist, von Vorarlberger Unternehmen zugekauft. Den Zusammenbau übernehmen die Start-up-Gründer selbst.

Postgarage

Die Postgarage in Dornbirn hat im Oktober 2019 ihre Pforten geöffnet und sich seitdem zu einer zentralen Plattform und Anlaufstelle für heimische Start-ups entwickelt. Für Gründerinnen und Gründer werden zahlreiche Services und Veranstaltungen angeboten. Weitere Infos auf:

www.startupland.at/postgarage/

Während Linus Albrecht sich vor allem auf die Hardware spezialisiert hat, liegt der Fokus von Michael Bertel auf der Software. Das Duo hat zudem noch Unterstützung von Günther Pörnbacher, dessen Spezialität der Verkauf ist, und Manuel Mayer, der bei der Software-Entwicklung hilft. Die Arbeitsteilung zwischen den beiden ehemaligen Schulkollegen hat sich während des Tüftelns an ihrer Idee so ergeben. Es werkelt aber nicht jeder in seinem Bereich vor sich hin, sondern natürlich unterstützen sie sich gegenseitig. Ihre unterschiedlichen Sicht- und Herangehensweisen sind bei der Problemlösung durchaus hilfreich.

Auf dem besten Weg

Doch die Jungunternehmer schätzen nicht nur den Austausch untereinander, sondern sie haben sich über die Postgarage in Dornbirn auch mit anderen Start-up-Gründern vernetzt. Denn obwohl deren Projekte thematisch völlig anders sind von Limifyze, so sind die Herausforderungen beim Aufbau des eigenen Unternehmens oftmals durchaus ähnliche. Die Motivation, sich mit einem Start-up selbstständig zu machen, war für die beiden Anfang-20-Jährigen nicht unbedingt, zum eigenen Chef zu werden. „Die Unternehmensgründung war eher ein Mittel zum Zweck“, sagen sie mit einem Augenzwinkern. Denn auf diese Weise haben sie die Möglichkeit, ihren großen Traum vom Barkeeper der Zukunft Realität werden zu lassen. Und nach mehreren Jahren der Entwicklungsarbeit sind sie auf dem besten Weg, ihr Ziel zu erreichen.

Du hast einen Tipp für die NEUE Redaktion? Schicke uns jetzt Hinweise und Bilder an redaktion@neue.at.