Prüfung von Förderungen soll weiter möglich sein

Die Prüfrechte des Landes-Rechnungshofes gegenüber Förderempfängern müssen neu geordnet werden.
Die Tätigkeit des Verfassungsgerichtshofes hat viel mit dem Stapelspiel Jenga gemeinsam. Wenn er irgendwo eine gesetzliche Bestimmung aufhebt, kann es gut sein, dass das Gebäude der Rechtsordnung auch an anderer Stelle wackelt. Und so muss sich nun Vorarlberg etwas Neues überlegen, weil in der Steiermark eine Regelung gekippt wurde.

Aber der Reihe nach: Neben dem Rechnungshof auf Bundesebene gibt es in den Ländern noch die neun Landesrechnungshöfe. Sie prüfen die Landesverwaltung und sind auch für andere Aufgaben wie die Prüfung von Gemeinden, Landesunternehmen oder Parteien zuständig. Ihre Rechte sind weitgehend in den Landesverfassungen geregelt und unterscheiden sich von Land zu Land. So darf der Vorarlberger Landes-Rechnungshof in Zukunft in die Kassen der Landesparteien schauen, während der niederösterreichische Landesrechnungshof nicht einmal die Gemeinden prüfen darf.
Der steirische Landesrechnungshof, er wurde 1982 gegründet und ist damit der älteste Rechnungshof auf Landesebene, durfte bisher auch die Verwendung der Wohnbauförderung durch Wohnbauträger prüfen, „sofern sich das Land vertraglich eine solche Kontrolle vorbehalten hat“.
Aufhebung mit Folgen
Nun hat aber der Verfassungsgerichtshof entschieden, dass diese Regelung gegen die Bundesverfassung verstößt – wie der ORF als erstes berichtet hat. Die Länder dürfen den Verfassungsgerichtshof nämlich nur zur Streitschlichtung bei „Meinungsverschiedenheiten über die Auslegung der gesetzlichen Bestimmungen“ für zuständig erklären. Vertragliche Vereinbarungen seien aber eben keine „gesetzlichen Bestimmungen“, so der Verfassungsgerichtshof. Deshalb hat er die Bestimmung der steirischen Landesverfassung, die ihn zur Streitschlichtung einteilen wollte, kassiert.

Und hier kommt der Vorarlberger Stein im Jenga-Turm ins Wanken. Die Landesverfassung kennt nämlich eine Bestimmung, die jener in der Steiermark sehr ähnlich ist. Bei uns darf der Landes-Rechnungshof aber nicht nur Wohnbauträger, sondern jede „Unternehmung oder Einrichtung“ prüfen, der „aus Landesmitteln eine Förderung gewährt oder Kostenersätze oder Entgelte für Leistungen gezahlt werden“ – wenn das vertraglich vereinbart wurde.
Das bedeutet, dass die Vorarlberger Lösung ebenso verfassungswidrig ist wie jene in der Steiermark. Man könnte natürlich darauf warten, bis der VfGH auch diese Bestimmung aufhebt, aber dann schwebt über solchen Prüfungen des Landes-Rechnungshofes das Damoklesschwert der Verfassungswidrigkeit. Jede Organisation, die Landesförderungen erhält, könnte erfolgreich zum VfGH marschieren, selbst wenn sie sich vertraglich verpflichtet hat, Prüfungen zuzulassen.
Viele Möglichkeiten
Anders als bei Jenga stehen dem Landtag nun mehrere Möglichkeiten offen: Untätigkeit würde früher oder später zu einer Aufhebung der betreffenden Bestimmung führen. Der Landes-Rechnungshof dürfte dann keine geförderten Unternehmen mehr prüfen – schließlich hat der VfGH auch in der Steiermark die gesamte Bestimmung kassiert. Man könnte die Streitschlichtung vor dem Verfassungsgerichtshof in diesen Fällen streichen. Dann hätte der Landes-Rechnungshof aber auch keine Möglichkeit, eine Prüfung durchzusetzen. Theoretisch wäre es zwar möglich, die Schlichtung einer anderen Institution wie dem Landesverwaltungsgericht zu übertragen, erklärt der Verfassungsjurist Peter Bußjäger. Es gibt aber auch Stimmen, die das ebenfalls für verfassungsrechtlich problematisch halten.

Man könnte die Bestimmung natürlich auch gleich ersatzlos aufheben, mit der Konsequenz, dass geförderte Unternehmen wie das Institut für Sozialdienste (IFS) gar nicht mehr geprüft werden dürfen. Wahrscheinlicher ist allerdings, dass die Landesverfassung in diesem Punkt anders saniert wird: Möglich wäre eine Streichung der vertraglichen Vereinbarung einer Rechnungshofprüfung. Das hätte aber die Nebenwirkung, dass der Landes-Rechnungshof praktisch alles und jeden prüfen dürfte, der eine Landesförderung erhält. Dem ließe sich mit einer Wertgrenze vorbeugen, die Prüfungen nur ab einer gewissen Förderhöhe ermöglichen würde. Der Landesgesetzgeber könnte auch eine Liste mit geförderten Rechtsträgern beschließen, die der Prüfung unterliegen, wobei er hierbei auf die Gleichbehandlung der Förderempfänger achten müsste.
Landes-Rechnungshof soll prüfen können
Am einfachsten wäre zwar eine Änderung der Bundesverfassung, mit dieser ist aber eher nicht zu rechnen. Ein Grund für die Aufhebung durch den Verfassungsgerichtshof sind die wie üblich sehr engen Vorgaben, die der Bund den Ländern setzt.
„Ziel muss es natürlich sein, dass der Landesrechnungshof weiterhin effizient seinen Aufgaben nachgehen kann“, erklärt ÖVP-Klubobmann Roland Frühstück auf Neue-Anfrage. Dem wackelnden Jenga-Turm will man nicht allzu lange zusehen. Die Abteilung Gesetzgebung im Amt der Landesregierung werde die VfGH-Entscheidung nun analysieren, so Frühstück. Danach werde man die Ergebnisse bewerten. Es gelte jedenfalls „allfällige Verfassungsunsicherheiten – oder gar Verfassungswidrigkeiten zu vermeiden“.
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