Warum im Ländle weniger Vögel gezählt wurden

„Stunde der Wintervögel“, Österreichs größte Mitmachaktion im Auftrag der Wissenschaft, ging heuer zum 14. Mal über die Bühne. Spatz, Kohl- und Blaumeise haben in Vorarlberg den Schnabel vorn.
Mehr Hobby-Ornithologen, aber weniger gesichtete Vögel – die milden Temperaturen am vergangenen Wochenende haben die vorläufige Bilanz bei der „Stunde der Wintervögel“ getrübt. Bei der Zählaktion der Vogelschutzorganisation Birdlife meldeten rund 1100 Vorarlberger knapp 17.800 Vögel, die sie im Garten, im Park, vor dem Balkon oder vor dem Fenster innerhalb einer beliebigen Stunde gezählt hatten (Stand Samstag 13 Uhr).
Die Zahlen im Text und in den Grafiken können aufgrund des Zeitpunkts ihrer Erstellung abweichen. Hier finden sie das aktuelle Ergebnis.
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So wie in den vergangenen neun Jahren auch, zeigte sich heuer wieder der Haussperling, besser bekannt als Spatz, am häufigsten an den Futterstellen, gefolgt von der Kohl- und Blaumeise. Letztere verdrängte dieses Jahr die Amsel auf den vierten Platz. Im Durchschnitt sichteten die Freiwilligen 21,68 Vögel pro Zählpunkt – und damit deutlich weniger als die durchschnittlich 25,9 Vögel im Jahr 2022.
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Noch bis Montag können die zwischen 6. und 8. Jänner gezählten Vögel gemeldet werden. Das Endergebnis der „Stunde der Wintervögel 2023“ erfolgt nach Auswertung aller Meldungen am 23. Jänner. Es sei allerdings nicht zu erwarten, dass sich am Ergebnis noch viel ändere, sagt Johanna Kronberger, Obfrau von Birdlife Vorarlberg (siehe Interview rechts). Allein die Amsel könnte noch auf den dritten Platz vorrücken. Österreichweit rangiert dort übrigens der Feldsperling, der in Vorarlberg – hinter dem Buchfink – nur Platz sechs belegt.
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Dass heuer weniger Vögel beobachtet wurden als in den Jahren zuvor, verwundert die Expertin nicht. Die milden Witterungsbedingungen an den Zähltagen selbst und auch zuvor dürften dafür gesorgt haben, dass viele Vögel genügend Futter außerhalb der Siedlungen in der freien Natur gefunden haben. Sie hatten also nur wenig Anlass, die Vogelhäuschen in den heimischen Gärten aufzusuchen.
Birdlife-Obfrau Johanna Kronberger im Interview

Heuer wurden weit weniger Wintervögel gezählt als in den Vorjahren. Woran könnte das liegen.
Johanna Kronberger: Der Hauptgrund ist sicherlich, dass es bei der Vogelzählung relativ warm war. Es gab weder Frost noch eine Schneedecke. Die Vögel haben somit auch abseits der Futterhäuschen genügend Nahrung gefunden. Zudem war das vergangene Jahr ein Mastjahr, in dem vor allem Buchen und Fichten besonders viele Samen gebildet haben. Diese Samen sind eine wichtige Nahrung für die Vögel. Es schaut auch so aus, dass aufgrund der milden Temperaturen weniger nordische Brutvögel bei uns eingeflogen sind. Sie machen ja den Großteil unserer Wintervögel aus.
Gab es Auffälligkeiten?
Kronberger: Es kam so wie erwartet. Ein gutes Zeichen ist, dass der Haussperling, der das ganze Jahr in seinem Brutgebiet bleibt, immer noch die am häufigste gezählte Vogelart bei uns ist. Denn er ist in den letzten Jahren von starken Bestandsrückgängen betroffen.
Wie sieht der langfristige Trend aus?
Kronberger: Wir sehen, dass die Anzahl der in den Gärten gezählten Vögel zurückgeht, obwohl wir immer mehr Teilnehmer haben. Dafür gibt es viele Ursachen, unter anderem spielt der Verlust des Lebensraums und der Insektenschwund eine Rolle.
Welche heimischen Vögel sind besonders gefährdet?
Kronberger: Bei uns sind es die sogenannten Offenlandarten, die Wiesen und Felder bewohnen. Das sind zum Beispiel der Kiebitz, der Brachvogel und das Braunkehlchen. Diese Vogelarten sind von der Intensivierung der Landwirtschaft besonders stark betroffen.
Wie schaut ein vogelfreundlicher Garten aus?
Kronberger: Wichtig sind heimische Gehölze, weil die Vögel dort mehr Nahrung finden. Eine abwechslungsreiche und strukturreiche Bepflanzung lockt die Vögel ebenso an. Alles was insektenfreundlich ist, nützt letzlich auch den Vögeln.
Wie wichtig ist die Vogelzählung für Birdlife?
Kronberger: Sehr wichtig. Zum einen, weil wir die Daten sehr gut gebrauchen können. Wir wissen wenig darüber, was bei uns im Winter los ist. Es ist sehr erfreulich, dass so viele Leute mitgemacht haben. Auch deshalb, weil sich die Menschen mit den verschiedenen Vogelarten beschäftigen.
Haben Sie selbst bei der Vogelzählung teilgenommen?
Kronberger: Ich konnte leider nicht, weil ich Besuch hatte. Ansonsten mache ich eigentlich immer mit.
1. Platz: Haussperling
Der Haussperling – besser bekannt als Spatz – führt das Ranking seit zehn Jahren an. 4917 Exemplare, das sind knapp sechs Vögel pro Garten, wurden in Vorarlberg gesichtet. Der sprichwörtlich „freche“ Spatz hat sich eng an den Menschen angeschlossen: Er bewohnt Dörfer und Städte und frisst mit Vorliebe Getreidesamen und Samen verschiedener Wildkräuter.

2.Platz: Kohlmeise
Die Kohlmeise brütet fast überall, wo es Bäume gibt, und ist ein regelmäßiger Gast an heimischen Futterstellen. Im Rahmen der „Stunde der Wintervögel“ wurde der Gartenvogel 2205 Mal entdeckt, das sind 17 Prozent weniger als im Vorjahr. Die Kohlmeise ist der größte Vogel seiner Art in Österreich.

3. Platz: Blaumeise
Im Vergleich zum Jahr 2022 hat die Blaumeise zwei Plätze gutgemacht. Dennoch liegt sie mit 1478 gezählten Exemplaren recht deutlich hinter ihrer Artgenossin, der Kohlmeise. Mit ihrem spitzen Schnabel ist die kleine Blaumeise besonders geschickt bei der Nahrungssuche. Die meisten heimischen Blaumeisen bleiben das ganze Jahr über in ihrem Brutgebiet.

4.Platz: Amsel
Rund 1460 Amseln meldeten die Vogelbeobachter in Vorarlberg, was einem Rückgang von rund 43 Prozent im Vergleich zu 2022 bedeuetet. Die Amsel brütet oft in unmittelbarer Nähe zum Menschen und gibt gerne „Solokonzerte“ auf Dächern und hohen Bäumen. Amseln, die aus dem Norden zu uns kommen, lassen sich gut von den heimischen Exemplaren unterscheiden.

5. Platz: Buchfink
Der Großteil der heimischen Buchfinken zieht im Winter nach Südwesteuropa. 1460 Exemplare zählten die Teilnehmer der „Stunde der Wintervögel“. Damit ist der frühere Spitzenreiter im Vergleich zum Vorjahr noch einmal um zwei Plätze nach hinten gerutscht, aber immer noch zwei Plätze besser als im Österreich-Schnitt.

6.Platz: FeldSperling
Der Feldsperling bevorzugt eher ländlich geprägte Lebensräume und brütet gerne in Baumhöhlen und Nistkästen. Während der Vogel in den östlichen Bundesländern meist unter den Top Drei rangiert, belegt er in Vorarlberg nur Platz sechs. Exakt 1084 Mal erspähten ihn die Vogelbeobachter in Vorarlberg während der einstündigen Zählung – das sind um fast zehn Prozent weniger als 2022.

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