Arbeitskräfte aus anderen Ländern sichern unsere Zukunft

Wenn mehrere migrantische Arbeitnehmer in einem Betrieb arbeiten, ist Kommunikation der Schlüssel zur Zufriedenheit und dem Erfolg aller.
Dass es am Arbeitsmarkt zu wenig Personal gibt, wissen wir alle. „Um diese Lücke zu schließen und den Wirtschaftsstandort zu sichern, braucht es Arbeitskräfte, die von außerhalb der EU kommen.“ Diese These vertreten der Verein „Boost young Adults“ und eine Initiative von Menschen, die beim Symposium „Ma hilft anand und schaffat zäm“ auftreten.
Veranstaltung kommenden Freitag
Die Veranstaltung findet am kommenden Freitag statt und behandelt die Themen Bildung, Arbeitsmarkt und Fachkräftemangel insbesondere im Hinblick auf Migration. Einer der Workshop-Moderatoren bei dem Symposium ist Dieter Hämmerle. Er hat als langjähriger Lehrlingsausbildner bei Blum viel Erfahrung mit Mitarbeitenden, die nicht aus dem EU-Raum stammen. 30 Jahre bildete der Neo-Pensionist Lehrlinge aus, die letzten 15 Jahre seines Berufslebens war er Ausbildungsleiter.

Rund 400 Lehrlinge arbeiteten bei Blum, als Dieter Hämmerle vor einem Jahr in Pension ging. Oft waren unter den Auszubildenden 20 verschiedene Nationalitäten vertreten; vom asiatischen Raum über afghanische und syrische junge Menschen hin zu Russen, Polen und Slowenen.
Auf die Frage, wie Integration am Arbeitsplatz gelingen kann, weiß der 63-Jährige eine Lösung, die eigentlich recht einfach klingt: miteinander reden. „Wenn die Bedürfnisse des Lehrlings und des Unternehmens gut kommuniziert und abgestimmt wurden, hat es für alle Beteiligten geklappt“, berichtet der Lustenauer.
Der erste Austausch der Bedürfnisse fand beim zwei- bis dreitägigen Schnuppern statt, denn dazu reicht kein einstündiges Bewerbungsgespräch. War der Lehrling dann eingestellt, brauchte es aber auch während des Arbeitsprozesses eine gute Kommunikation.
Sprachkentnisse
Voraussetzung dafür sind natürlich Sprachkenntnisse: „Um über Bedürfnisse zu sprechen, reicht es nicht, wenn jemand nur mit Händen und Füßen reden kann.“ Dieter Hämmerle, aber auch die anderen Teilnehmenden des eingangs genannten Symposiums treten deshalb für neue Konzepte des Deutschunterrichtes ein, bei dem schnell, gut und spielerisch Deutsch gelernt wird.

Bei der Thematik Arbeitsmigration geht es aber nicht nur um die Mitarbeitenden, die aus dem Ausland herkommen, sondern auch um diejenigen, die bereits in den Betrieben arbeiten und die – wie es beim Symposium prägnant genannt wird – Felder, Moosbrugger und Steurer heißen. Wie kann es gelingen, dass sie die neuen Kollegen gut aufnehmen und integrieren? „Auch hier ist Reden sehr wichtig“, sagt Dieter Hämmerle. Man solle einander und die Kultur des anderen kennenlernen und Fragen stellen, wenn etwas auf den ersten Blick nicht klar ist – warum der neue Kollege zum Beispiel keine Käsknöpfle isst. Einige Verhaltensweisen oder Gewohnheiten anderer Kulturen können sehr ungewohnt sein, doch wenn man weiß, wieso jemand etwas macht oder auch nicht tut, wächst das Verständnis.
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Empathie
In den anderen hineinversetzen. Wichtig ist laut Dieter Hämmerle zudem eine gewisse Empathie. „Wie geht es einem syrischen jungen Mann, der hier etwas aufbauen will, dem aber alles fremd ist und der kein Netzwerk hat? Oder wie würde ich mich fühlen, wenn ich nach Afrika auswandern und dort einen Job suchen würde?“, gibt er Beispiele dafür, sich in andere hineinzuversetzen.
Doch können Vorurteile alleine durch Reden oder Empathie abgebaut werden? „Es wird immer Menschen geben, die keine Migranten hier haben wollen“, sagt der ehemalige Lehrlingsausbildner. „Aber bei manchen Menschen hilft Reden. Wenn ein Mitarbeiter zum Beispiel weiß, weshalb ein Unternehmen Menschen aus dem Ausland einstellt, kann er mehr Verständnis haben.“ Zudem müsse bei Bewerbungen hiesiger Interessenten kommuniziert werden, dass der Betrieb internationale Angestellte beschäftigt. Wer damit nicht umgehen kann, wird erst gar nicht in dem Unternehmen arbeiten wollen.
Ausbildung
Ein weiterer wichtiger Punkt beim Zuzug von Arbeitsmigranten aus dem EU-Ausland sind ihre mitgebrachten Ausbildungen und die damit verknüpften Erwartungen auf beiden Seiten. Bauarbeiter in manchen afrikanischen Ländern etwa stellen Ziegel selbst her. „Bei uns brauchen sie das nicht zu können, sondern sie müssen wissen, wie man Schaltafeln bedient“, verdeutlicht Dieter Hämmerle und gibt ein weiteres Beispiel: Es handelt von einem syrischen Mann, der in Syrien ein Maschinenbau-Studium absolviert hat.

Bei Blum freute man sich auf einen studierten Maschinenbauer, der junge Mann war voller Vorfreude auf einen guten Job. Doch sehr schnell stellte sich heraus, dass das Studium hier nichts nützte, weil die Inhalte für Vorarlberger Bedürfnisse veraltet waren. Das wurde dem Syrer kommuniziert, er verstand das und hatte den Wunsch, modernen Maschinenbau zu lernen. Innerhalb kürzester Zeit absolvierte er dann eine Lehre.
Um den Wissens- und Ausbildungsstand auf Vorarlberger Verhältnisse zu bringen, braucht es Zeit.
Jetzt beginnen
Jetzt mit dem Prozess beginnen. Zeit ist generell vonnöten beim Prozess, mehrere migrantische Mitarbeiter in einem Unternehmen zu integrieren und die Felders, Moosbruggers und Steurers dabei zu begleiten. Dieter Hämmerle: „Das hat bei Blum fünf bis zehn Jahre gedauert.“ Deshalb sei es umso wichtiger für die heutige Arbeitswelt, jetzt mit diesem Prozess zu beginnen. Dass es Zeit benötigt, eine neue Gruppe von Arbeitenden anzusprechen und Umstände zu schaffen, in denen sie sich wohlfühlen, kennt Dieter Hämmerle übrigens auch aus einem anderen Bereich: Mädchen in der Technik. „Bis wir den Frauenanteil von einem Prozent auf rund 30 erhöht hatten, vergingen zehn bis 15 Jahre.“
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