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Der Weg zu mehr Professionalität

28.01.2023 • 14:54 Uhr / 8 Minuten Lesezeit
Sonja Baldauf zeigt der NEUE das Mädchenzentrum am Sportplatz Hatlerdorf. <span class="copyright">Hartinger</span>
Sonja Baldauf zeigt der NEUE das Mädchenzentrum am Sportplatz Hatlerdorf. Hartinger

Sonja Baldauf ist Frauenreferentin im VFV, treibt die Entwicklung des Frauenfußballs voran und freut sich über
immer mehr Mädchen am Ball.

Sie sind Frauenreferentin im VFV. Für einen Laien: Was bedeutet das? Was ist Ihre Aufgabe?


Sonja Baldauf: Meine Aufgabe ist es, den Frauenfußball in Vorarlberg zu repräsentieren und weiterzuentwickeln. Olivia Lerch ist im Präsidium und ich im Vorstand aktuell jeweils die einzige Frau. Ich hoffe das ändert sich bald, denn je mehr Frauen auch in Vorstandspositionen sind, desto mehr geht die Gleichberechtigung voran. Momentan liegt mein Fokus aber auf der Nachwuchsarbeit. Wir bemühen uns um mehr Breite, damit wir dann auch mehr in die Spitze kommen. Heißt: Je mehr Mädels Fußball spielen, desto mehr Talente findet man.

Sonja Baldauf ist im Vorstand des VFV.
Sonja Baldauf ist im Vorstand des VFV.

Wie ist es als eine von zwei Frauen in so einem Gremium? Muss man sich da gegen die Männer behaupten?


Baldauf: Nein. Besonders schwierig ist es nicht. Aber es ist eben wichtig, dass man viel und gut miteinander kommuniziert. Klar, Frauenfußball-Themen sind oft schon noch schwierig, weil beispielsweise das Budget kleiner ist. Aber im Verband stoße ich wirklich auf offene Ohren.

Aus struktureller Sicht: Was ist schon gut und was ist noch verbesserungswürdig?


Baldauf: Was sehr gut ist, ist unser Ausbildungsweg. Wir haben zwei LAZ-Standorte in Feldkirch und Dornbirn. In der U12 findet das Fördertraining statt, danach, ab der U14, gibt es in der Mädchenakademie einen fixen Spielbetrieb. Die Ältesten sind unsere U18, das Future Team. Von denen schaffen dann hoffentlich viele den Sprung in die Bundesliga.

Die Frauen der Spielgemeinschaft haben jetzt das erste Jahr hinter sich. Ein wichtiger Schritt in die Professionalisierung. Wie fällt Ihr Fazit aus?

Im Mädchenzentrum am Sportplatz Hatlerdorf hat der VFV einen Container für Besprechungen und Büroangelegenheiten. <span class="copyright">Hartinger</span>
Im Mädchenzentrum am Sportplatz Hatlerdorf hat der VFV einen Container für Besprechungen und Büroangelegenheiten. Hartinger


Baldauf: Sehr positiv. Die Spielgemeinschaft war in meinen Augen ein wichtiger Schritt. Der Verein Altach hat in Österreich einen Stellenwert. Menschen verbinden etwas mit dem Namen. Außerdem holen sie wirklich gute Spielerinnen, wie etwa Sabrina Horvath vom FC Köln zurück ins Ländle. Das steigert natürlich das Spielniveau und tut der Mannschaft gut. Wichtig wäre jetzt noch, dass man auch einen Mädchen-Nachwuchsbereich aufbaut. Aktuell fehle ihnen aber schlicht die Ressourcen. Mit dem neuen Campus und mehr Platz ändert sich das aber vielleicht bald.

Apropos Bundesliga: Wie schätzen Sie das Niveau bei den Frauen derzeit ein?


Baldauf: Das Niveau ist leider nicht durchgängig. Das sollte so nicht sein. Aber das ist halt ganz typisch für den Frauen-Fußball in Österreich. Wir hab
en eben noch keine ausreichend große Breite in der Liga. Ich gehe davon aus, dass das jetzt kommt. Red Bull Salzburg gründet ja gerade auch eine Frauenmannschaft. Und mit mehr Konkurrenz steigt dann auch das Leistungsniveau.

Haben Sie das Gefühl, dass es in Vorarlberg trotzdem noch eine gewisse Benachteiligung für Frauen im Fußball gibt?

An Sichtungstagen hält Sonja Baldauf Ausschau nach Nachwuchstalenten. <span class="copyright">Hartinger</span>
An Sichtungstagen hält Sonja Baldauf Ausschau nach Nachwuchstalenten. Hartinger


Baldauf: Ja, aber nicht mehr so groß wie früher. Die Vereine berücksichtigen den Frauenfußball immer mehr und gliedern ihn ein. Auch in Vorstandspostionen in den Vereinen tauchen immer mehr Frauen auf. Das freut mich enorm und belebt in meine Augen den Sport. Ich glaube, das tut auch den Männern gut, wenn da mal eine Frau mitmischt. Bei uns ist Michael Fichtner da sehr aktiv. Er sorgt dafür, dass in den Vereinen Frauen genauso akzeptiert sind wie Männer – ob das nun in Gremien oder als Spielerinnen ist. Und das trägt Früchte: Der FC Höchst hat ein U13-Turnier veranstaltet, bei dem ich vor Ort war, und sie hatten einen wahnsinnigen Zulauf. Das hätten wir nie gedacht. Da waren sicherlich 50-60 Mädels am Platz.

Was sagst du zum Thema Gender Pay Gap. Gibt es in Österreich überhaupt eine Chance als Frau nur vom Fußball zu leben?


Baldauf: Der Unterschied ist immer noch groß, was aber auch mit den Sponsoren zusammenhängt. Die stecken viel Geld in die Männer. Bei den Frauen braucht man einfach den Draht zu den guten Klubs, wie etwa Altach. Dort steht mehr Geld für die Frauen zur Verfügung. Die Spielerinnen bekommen jetzt bessere Verträge. Wir sind auf einem guten Weg. Je mehr der Frauenfußball akzeptiert wird, desto mehr kommen auch die Sponsoren ins Boot. Ein viel besseres Beispiel für den Unterschied zwischen Männern und Frauen ist es aber, in die unteren Ligen zu schauen. Während in der Frauenliga, der Vorarlbergliga, niemand Geld oder Prämien bekommt, sind Punkteprämien in den untersten Männerligen durchaus üblich. Das muss sich ändern.

Eileen Campbell ist jetzt in die Nationalmannschaft berufen worden. Wie war das für Sie, als Sie das gehört haben?

Eileen Campbell spielt nun auch für die ÖFB-Frauen. <span class="copyright">Stiplovsek</span>
Eileen Campbell spielt nun auch für die ÖFB-Frauen. Stiplovsek


Baldauf: Das ist natürlich lässig. Wiedermal eine Vorarlbergerin. Ich denke, sie läutet so ein bisschen eine neue Ära ein. Sie motiviert sicherlich viele Nachwuchstalente. Da kommen wirklich viele gute Spielerinnen nach. Die spielen in den Nachwuchsnationalteams und schaffen sicher auch den Schritt ins A-Team.

Um mehr Mädels dahin zu bekommen, fährt der VFV aktuell ja auch die Kampagne „Mädchen an den Ball“. Was steckt dahinter?


Baldauf: Kurz gesagt geht es einfach darum, die breite Masse mehr ins Boot zu holen. Jedes Mädchen, das Fußball spielen möchte, soll eine Anlaufstelle haben. Oft ist es für Mädchen eine Hemmschwelle in einen Verein zu gehen, weil sie mit Buben spielen müssen. Das versuchen wir mit den Stützpunkten in den verschiedenen Regionen zu umgehen. Und auch aus dem Projekt sind jetzt schon Talente entsprungen.

Sind in Zukunft weitere Projekte geplant?


Baldauf: Ja, das läuft schon an. Die Vereine müssen jetzt einfach mehr für die Mädels machen. Andi Kopf und Michael Fichtner sind sehr engagiert und schaffen das benötigte Bewusstsein in den Vereinen. Die Zukunft wird sicher sein, dass die Vereine untereinander kooperieren und Spielgemeinschaften entstehen. Gerade bei Austria Lustenau und SCR Altach gibt es vielleicht Potential, Mädels an den Ball zu bringen. Sie haben einfach eine große Strahlkraft in Vorarlberg.

Also sprechen Sie sich dafür aus, dass es mehr Spielgemeinschaften gibt?

Bernhard Summer ist Trainer der SPG SCR/FFC. <span class="copyright">Stiplovsek</span>
Bernhard Summer ist Trainer der SPG SCR/FFC. Stiplovsek


Baldauf: Ja total. Ich denke darüber wird es zukünftig laufen. Zumindest in den Anfängen. Das müssen die Vereine jetzt halt erkennen. Der Konkurrenzkampf hilft den Mädchen, die spielen wollen, nicht.

Was empfehlen Sie jungen Mädchen? Jungs- oder Mädchenmannschaft?


Baldauf: Es kommt immer auf die Spielerin an. Es ist normal, mit den Jungs zu starten. Für wen das aber nichts ist, startet halt bei den Mädels oder an einem Stützpunkt.

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