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Die Zeitenwende in der Formel 1

05.03.2023 • 18:33 Uhr / 5 Minuten Lesezeit
In den USA kommen mittlerweile Hunderttausende
In den USA kommen mittlerweile Hunderttausende (c) IMAGO/Motorsport Images (IMAGO/Steven Tee)

Die Formel 1 startet am Sonntag in Bahrain in ihre 74. Saison.

Der Blick in die Glaskugel sagt es klar voraus: Der Boom der Formel 1 wird auch 2023 nicht abreißen. Seit 2017 das US-Unternehmen Liberty Media die Vermarktung übernommen hat, steigt das Interesse. Auf den Rennstrecken selbst, vor allem aber auch im Fernsehen. Derzeit liegt man bei 1,5 Milliarden jährlichen TV-Zusehern weltweit. Tendenz steigend. Das jährliche Plus liegt etwa bei vier, fünf Prozent. Und selbst die Rennstrecken schreiben Jahr für Jahr neue Rekordwerte. So kamen im Vorjahr nach Spielberg 303.000 Fans am gesamten Wochenende, damit war der Grand Prix das größte heimische Sportevent des Jahres. Den Rekord weltweit verbuchte der GP von Australien mit 420.000 Zuschauern in Melbourne.

Und selbst die USA, wo die Formel 1 viele Jahre nur ein wenig beachtetes Nischenprodukt war, legt zu. In Miami hatten 2022 gleich 275.000 Fans die bis zu 1800 Euro teuren Tickets erworben, 400.000 waren es in Austin. Heuer kommt mit Las Vegas ein dritter US-Grand-Prix hinzu. In 21 Minuten waren die Standard-Tickets verkauft. Beeindruckend: 2022 kamen zu allen Rennen 5,7 Millionen Menschen. Das werden heuer noch einmal mehr.

Die Zeitenwende ist im vollen Gange. Mit TV-Serien, wie “Drive to Survive” auf Netflix, wo gerade vor dem ersten GP in Bahrain die neue Staffel anlief. Dazu kommen Tausende Postings jedes Wochenende in den Social-Media-Kanälen, in der Ecclestone-Ära verpönt, weil “Mister E.” dem Fernsehen stets Exklusivrechte einräumen wollte, der Formel 1 etwas Elitäres umhängte, jede Kamera extra “akkreditiert” werden musste. Neu ausgerichtet wird die Fangemeinde aber jünger – und weiblicher.

Signifikant mehr Frauen kaufen nun Eintrittskarten. Kein Wunder, dass das Geschäft rund um die Formel 1 blüht. Bei einem Gesamtumsatz von 2,5 Milliarden Dollar verteilt die Formel 1 rund 1,1 Milliarden Dollar an die zehn Teams. Die sechs Rennställe, die einen WM-Titel gewinnen konnten, bekommen freilich einen Extrabonus. Nach wie vor ist Ferrari der Großverdiener (200 Millionen). Und daher sind die zehn derzeit vertretenen Mannschaften nicht gerade darauf versessen, weitere Teams in den erlauchten Kreis aufzunehmen. Von den lange gültigen 200 Millionen Dollar Eintrittsgeld für jeden Neuling hat man sich schon weit entfernt. Gemunkelt wird jetzt von 700 Millionen. Konkretisiert wird das in der nächsten Sitzung. Ob da die Anwärter wie Andretti (mit Cadillac) mitzieht? Audi hat man akzeptiert. Die Ingolstädter haben den Umweg über Sauber gemacht, als möglicher Lizenzgeber war zuletzt Alpha Tauri im Gespräch. Laut Red Bull wird Alpha Tauri definitiv nicht verkauft. Dennoch: gerade diese Lizenzen könnten zum größten Handelsgut werden. Wodurch immer wieder ein Streit zwischen der Formel 1, der FIA und den zehn Teams entfacht wird.

GP von Bahrain

Bahrain International Circuit, 57 Runden á 5,412 km

Startaufstellung

1. Reihe: Verstappen (NED) Red Bull Honda RBPT 1:29,708 und Perez (MEX) Red Bull Honda RBPT 1:29,846

2. Reihe: Leclerc (MON) Ferrari 1:30,000 und Sainz (ESP) Ferrari 1:30,154

3. Reihe: Alonso (ESP) Aston Martin Mercedes 1:30,336 und Russell (GBR) Mercedes 1:30,340.

4. Reihe: Hamilton (GBR) Mercedes 1:30,384 und Stroll (CAN) Aston Martin Mercedes 1:30,836

5. Reihe: Ocon (FRA) Alpine Renault 1:30,984 und Hülkenberg (GER) Haas Ferrari keine Zeit

Heute:

16.00 Uhr: Rennen (ServusTV und Sky ab
14 Uhr live)

Bleibt der sportliche Aspekt, den so mancher ob der scheinbar grenzenlosen Geldmacherei vergisst. Gerade bei der Wahl der Austragungsorte. Wegen der vielen Überseerennen fallen traditionelle Rennstrecken (Le Castellet) aus dem Kalender. Nicht immer zur Freude der Piloten, für die Spa, Monza oder der hügelige Red-Bull-Ring immer eine willkommende Herausforderung darstellen. So bildet auch Deutschland trotz Mercedes ein immer traurigeres Bild. Seit Jahren kein GP, kein TV-Sender (außer Sky) und nur mehr der 35-jährige Nico Hülkenberg als Fahrer bei Haas.

Und auch der Weg in eine grünere Zukunft lässt sich nicht mehr aufhalten. Ganz bewusst natürlich. Schon heuer fährt die Formel 2 und die Formel 3 mit nachhaltigem Kraftstoff, den der Öl-Multi Aramco herstellt. 2026 kommt die neue Motorenformel mit synthetischem Biokraftstoff. Bis 2030 soll der endgültige Nullpunkt erreicht werden, also null CO₂ im gesamten Zirkus, denn die 20 Autos erzeugen ohnehin nur 0,7 Prozent des CO₂ des gesamten Theaters. Wobei der Fußabdruck der Formel 1 ohnehin gering ist, als oft vermutet. Bei einer Fußball-WM fällt ungefähr das Zehnfache an CO₂-Emissionen an.

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