Malerei bleibt “das” Medium der Künstler

Das Künstlerforum KunstVorarlberg zeigt in der Feldkircher Villa Claudia Malerei, Zeichnungen und Bildhauerei der im letzten Jahr neu aufgenommenen neun Mitglieder.
KunstVorarlberg und Bregenzer Künstlervereinigung waren einmal wie Hund und Katz. KunstVorarlberg war eine Gründung gegen die „Meuseburg“, das Palais Thurn und Taxis in Bregenz. Legendär sind in der Szene die Sträuße, die Willi Meusburger mit seinem überdimensionalen Schnauz und den grellen Outfits mit dem Enfant terrible aus Göfis, Harald Gfader, ausgetragen hat.
Künstler gegen Künstler
Die Kunstgeschichte ist auch im Großen seit dem 19. Jahrhundert eine Geschichte von Künstlergruppen, die sich bekriegten und voneinander abspalteten. Der Akademismus der Salons in Paris wurde von den Impressionisten in einem eigenen Stil an einem eigenen Ausstellungsort mit eigenen Protagonisten in Frage gestellt. In Wien trennten sich die Künstler der Sezession von der dortigen Künstlervereinigung und verstanden sich als Avantgarde gegen das Establishment, bis jüngere Künstler wieder die Sezession als antiquiert und überholt ansahen und ihre eigenen Wege gingen.

In Vorarlberg werden natürlich kleinere Brötchen gebacken. Auch ist der Gegensatz zwischen KunstVorarlberg und Bregenzer Künstlervereinigung längst einem produktiven Mit- oder Nebeneinander gewichen. Hermann Präg, Präsident der KunstVorarlberg, und Maria Simma-Keller, Präsidentin der „Berufsvereinigung Bildender Künstlerinnen und Künstler Vorarlbergs“, pflegen keine Feindseligkeiten, sondern die zwei Künstlervereine werden als schöne Blumen im Gärtchen der Kunstwelt im Ländle betrachtet. Viele Künstlerinnen und Künstler sind gleich einer Doppelstaatsbürgerschaft in beiden Kunstorganisationen vertreten.
Da ist es mehr ein Zufall und der dringlichen Sache des Klimaschutzes geschuldet, dass Hermann Präg inspiriert von den Klimaaktivistinnen bei der Jahresausstellung im Künstlerhaus Bregenz eine vielbeachtete Aktion durchführte, bei der er in drastischer Sprache und rabiatem Gestus ein eigenes Bild zerstörte, indem er am Vernissageabend die Aufschrift „5 vor 12“ über eine Fotografie sprayte.
Sieben neue Maler
Nun aber zur aktuellen Ausstellung, Die KunstVorarlberg zeigt neun neue Mitglieder. Gabriele Bösch hat die Benützung der fünf Räume koordiniert und darauf geachtet, dass jede und jeder der beteiligten Newcomern ein gutes Ambiente und Umfeld vorfindet.
Unter den im Vorjahr aufgenommenen neun neuen Mitgliedern sind sieben Malerinnen und Maler (Reinhard Hegenbart, Margot Carmen Lins, Gerhard Rasser, David Salzgeber, Elena Schertler, Regina W. Stadler, Renate Witter), eine Bildhauerin (Andrea Maria Bauer) und mit Gabriele Bösch eine Zeichnerin. Die Malerei wurde schon oft von der Kunstkritik oder auch von den Künstlern selbst totgeschrieben oder totgesagt. Der Aufruf von Jörg Immendorff: „Hört auf zu malen!“ wurde von dem 2007 verstorbenen Künstler später selbst ad absurdum geführt, als er sagte, „er werde bis zuletzt malen“.
Malerei ist offenbar nach wie vor „das“ Medium. Da ändert auch die „Künstliche Intelligenz“ – Experten sprechen lieber von „datenbasierten Systemen“, denn es geht nicht um einen alles könnenden Kobold, sondern um das Einordnen, Bewerten und Neusortieren von Daten – nichts daran.

Comics und Zukunftsvisionen
Malerei und auch Bildhauerei bleibt ein Medium der Künstlerinnen. Seien sie nun fast achtzig Jahre wie Andrea Maria Bauer, die ihre Arbeit als Kunsttherapeutin in eine düstere Sicht auf die Welt entführte oder erst 17 Jahre, wie Elena Schertler, die mit ihren Comiczeichnungen handwerklich saubere Arbeiten vorlegt, die sich noch in alle Richtungen entwickeln können.
Reinhard Hegenbart scheint mit seinen übergroßen Tastatur-Bildern die Kryptik und latente Gefahr der Digitalriesen wie Google, Amazon, Facebook und Co. ins Bild zu setzen. Renate Wittwers abstrakte Arbeiten sind geschult an den Altmeistern abstrakter Pinselstriche wie Markus Prachensky, aber auch an Mark Rothko könnte gedacht werden. David Salzgebers Zukunftsvisionen rufen die biblische Apokalypse des Johannes ins Gedächtnis und scheinen den Phantastischen Realismus, die Wiener Schule des Surrealismus, mitzudenken.
Gerhard Rasser hat sehr detailliert und genau gemalt, wie man es heute nicht mehr so oft findet. Carmen Margot Lins’ Landschaften verweisen auf Paul Cezanne, der im 19. Jahrhundert mit seinen Versionen des Montagne Sainte-Victoire die Entwicklung der Malerei vorwegnahm. Regina W. Stadler blickt mit ihren Porträts tief in die menschliche Psyche und Gabriele Bösch zeigt mit ihren feinen Zeichnungen, dass sie ihren Platz im weiten Kosmos der Kunst gefunden hat.

Neunmalneu/Neuaufnahmen 2022: Bis 19. März in der Villa Claudia, Feldkirch. Geöffnet: Freitag 16 bis 18 Uhr, Samstag 15 bis 18 Uhr und Sonntag von 10 bis 12 und 15 bis 18 Uhr; www.kunstvorarlberg.at
Wolfgang Ölz
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