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„Es muss sich niemand schämen, der in Not ist“

09.05.2023 • 23:00 Uhr / 5 Minuten Lesezeit
„Es muss sich niemand schämen, der in Not ist“
“Tischlein Deck Dich”-Obmann Elmar Stüttlerhartinger

Einrichtungen, die Lebensmittel an Bedürftige verteilen, verzeichnen in anderen Bundesländern starke Rückgänge bei Warenspenden. Bei Tischlein Deck Dich ist das aktuell nicht der Fall.

Rund tausend Familien beziehungsweise Haushalte erhalten aktuell jede Woche Lebensmittel vom Verein Tischlein Deck Dich. Davon leben dann circa 2300 Menschen, erzählt Obmann Elmar Stüttler, der die Einrichtung vor bald 20 Jahren gegründet hat. Vor Beginn des Krieges in der Ukraine vor über einem Jahr waren es noch 530 Haushalte. Die Zahl sei dann explosionsartig auf fast das Doppelte gestiegen. Rund die Hälfte der derzeitigen Bezieherinnen und Bezieher dürften Flüchtlinge aus der Ukraine sein, schätzt Stüttler.
Zuletzt war es dabei zu Unregelmäßigkeiten gekommen. Die Familien hatten teilweise unerlaubterweise zwei Bezugskarten – eine von der Caritas und eine von der Gemeinde ausgestellt. „Nachdem Frauen und Männer verschiedene Namen haben, hat das passieren können“, sagt Stüttler. Überbewerten will er die Angelegenheit nicht, „aber es kommt natürlich nicht gut an“. Allerdings sei das mittlerweile abgestellt, nachdem nur mehr die Gemeinden die Karten ausgeben dürfen.

Wer die Karte bekommt

Eine Karte bekommt, wer als Einzelperson nach Abzug der notwendigen Fixkosten nicht mehr als circa 700 Euro zur Verfügung hat, erklärt der Vereinsobmann. Für weitere volljährige Personen kommen 300 Euro dazu, für Kinder je 150 Euro. Neben den rund 50 Prozent Menschen aus der Ukraine sind es Flüchtlinge aus anderen Ländern und etwa 35 Prozent Vorarlbergerinnen und Vorarlberger, die auf die kostenlosen Lebensmittel angewiesen sind.
Altersmäßig geht es laut Stüttler quer durch: „Wir haben sehr viele Alleinerzieherinnen, aber auch viele Pensionistinnen und Pensionisten.“ Es seien aber auch schon 17- und 18-Jährige unter den Kundinnen und Kunden gewesen, so die Erfahrung, bei denen die Lehrlingsentschädigung nicht ausgereicht hätte.

Spenden vom Handel

Die verteilten Lebensmittel werden bekanntlich größtenteils vom Handel gespendet. Während diesbezüglich in anderen Bundesländern von ähnlichen Einrichtungen beklagt wird, dass diese Spenden massiv zurückgegangen seien, ist das hierzulande laut Stüttler nicht in dem Ausmaß der Fall. Und das hat seiner Ansicht nach mehrere Gründe.
„Wir haben ein relativ großes Lager und fahren wöchentlich oder 14-tägig circa 200 Geschäfte ab“, informiert der Tischlein-Deck-Dich-Obmann. „Das machen sie in den anderen Bundesländern nicht und das fällt ihnen jetzt auf den Kopf“, glaubt Stüttler, der auch einräumt, dass das in Vorarlberg aufgrund der geographischen Situation vermutlich leichter sei als in größeren Bundesländern.

Große Hilfsbereitschaft in Vorarlberg

Andernorts seien auch Kühlbusse und freiwillige Helferinnen und Helfer nicht in so großer Zahl wie hierzulande vorhanden, führt der Vereinsobmann einen weiteren Grund für die Situation in anderen Bundesländen an. Tischlein Deck Dich arbeitet mit zehn Angestellten, drei Zivildienern und über 300 Ehrenamtlichen – und das schon seit einigen Jahren. „Dafür bin ich sehr dankbar“, sagt Stüttler, der dann noch erzählt, dass man zuletzt Fahrer gesucht habe. Das Ergebnis: „Wir hatten dann auf einen Schlag über 50.“
Über 80 Prozent der üblichen Ware habe man auf jeden Fall auch jetzt, informiert Stüttler. Ein bisschen weniger sei es aktuell bei Obst und Gemüse, aber das sei normal. „Konkurrenz“ erfahre man allerdings durch Apps wie Too Good To Go, mit der Lebensmittel kurz vor Ladenschluss noch günstig verkauft werden, erzählt er. Aber auch Betreiber kleinerer Biogasanlagen seien beim Abholen der Lebensmittel manchmal schneller als die Hilfsorganisation.

Zusätzlich zu den Spenden aus dem Handel werden auch immer wieder Sammelaktionen durchgeführt. Zudem könnten bei jeder Ausgabestelle Warenspenden vorbeigebracht werden. Fünf sind es, die jede Woche von Montag bis Freitag je einmal am Nachmittag ein paar Stunden geöffnet sind: Bludenz, Feldkirch, Götzis, Dornbirn und Bregenz. „Wenn es sich bei den Spenden um größere Mengen handelt, kann man uns auch anrufen und wir holen es ab“, so der Vereinsobmann.
Ganz wichtig ist es Stüttler noch zu betonen, dass sich niemand schämen muss, der auf Hilfe angewiesen ist. „Die sollen einfach anrufen und sich melden. Sie können auch bei uns mitarbeiten, wenn sie wollen.“ Eine Möglichkeit gebe es immer, wenn jemand in Not sei, sagt der Vereinsobmann, „man muss es halt wissen, dass Hilfe nötig ist“.

Weitere Informationen unter www.tischlein-deckdich.at/