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Sehnsucht nach der verpassten Zukunft

09.05.2023 • 20:31 Uhr / 3 Minuten Lesezeit
“Das weiße Dorf” im Theater Kosmos <span class="copyright">roland paulitsch</span>
“Das weiße Dorf” im Theater Kosmos roland paulitsch

Seit Freitag ist „Das weiße Dorf“ von der Autorin Teresa Dopler im Theater Kosmos zu sehen.

Es sind die Möglichkeiten die Ruth und Jan beschäftigen, die Möglichkeiten einer glücklichen Beziehung, die sie in der Vergangenheit hätten haben können oder auch nicht.

Ein Wiedersehen

Fast wie Fremde treffen sie aufeinander, erkennen sich als alte Bekannte, die abgeklärt an ihrem zufriedenen, erfolgreichen Leben festhalten. Die Vergangenheit hat es nie gegeben, jedenfalls nicht die gemeinsame, an die sie sich so gern erinnern würden. Offen und direkt erzählen sie über ihr Leben, über die falschen? Partner, die ja überhaupt nicht so sind wie Jan und Ruth. Immer beschäftigt haben sie auf einmal Zeit mitten auf dem Amazonas, wo das Schiff schwankt und die Reling genau der richtige Platz ist, um „die vollkommene Liebe“ zu finden.

Ehrliche Gespräche zwischen Ruth und Jan<span class="copyright">roland paulitsch</span>
Ehrliche Gespräche zwischen Ruth und Janroland paulitsch

Kaija Ledergerber (Ruth) und Simon Alois Huber (Jan) stehen auf der hängenden Plattform im Theater Kosmos. Leicht schwingt sie hin und her und imitiert die Bewegungen des Kreuzfahrtschiffs im Wasser. Mit der Bühne schwanken auch die Figuren in ihren Entscheidungen, zweifeln an ihrem Liebesleben und zögern doch vor jeder Veränderung. Die Landschaften ziehen an ihnen vorbei, während sie den großen Verlust am anderen mit Karriere und Erfolg rechtfertigen. Das vermeintliche Glück gerät ins Wanken. Reflektiert zerlegen sie ein gemeinsames Leben in Teile, die es nur in der Vorstellung gibt. Man spricht darüber, was sein könnte, was gewesen wäre und was man machen würde.

Spiegelungen

Leicht unangenehmer Smalltalk springt über zu gekünsteltem Lachen. Es gibt viele Worte, ehrliche und direkte, die nüchtern die Vergangenheit schönreden, wenn es für ein Bedauern der Verletzungen ohnehin schon zu spät ist. Im Wechselspiel von arroganter Gleichgültigkeit und dem vorsichtigen Zulassen der Gefühle bewegen sich Ruth und Jan hin und her, spiegeln ihr Verhalten und wiederholen immer wieder die Sätze des anderen. Dann kommen die Fragen als leichte Vorhaltungen, verlegen werden sie abgetan, als wär alles nicht wichtig. Die verblasste Erinnerung wird im nächsten Moment zum Mensch, für den man in der Vorstellung das Leben riskiert. Doch diese Liebesbeziehung bleibt in der Fantasie.

Eine schwankende Plattform als Bühne <span class="copyright">roland paulitsch</span>
Eine schwankende Plattform als Bühne roland paulitsch

„Das weiße Dorf“ von Teresa Dopler ist ein langsames bedachtes Stück, das hinterfragt und sich Zeit lässt, um in mehreren Etappen die Sehnsucht nach einer verpassten Liebe zu beschreiben.

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