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Dystopien, Kunst und Freundschaft

11.05.2023 • 23:00 Uhr / 6 Minuten Lesezeit
Werner Döring, Geschäftsführer der Kulturhäuser Betriebsgesellschaft (Kuges), und Intendantin Stephanie Gräve.<span class="copyright">Stiplovsek Dietmar</span>
Werner Döring, Geschäftsführer der Kulturhäuser Betriebsgesellschaft (Kuges), und Intendantin Stephanie Gräve.Stiplovsek Dietmar

Gestern präsentierte Stephanie Gräve, Intendantin des Vorarlberger Landestheaters, die Produktionen für die Spielzeit 2023/24.

Stephanie Gräve präsentierte gestern im T-Cafe das neue Programm der Spielzeit 2023/24. Vier Uraufführungen sind geplant. Eine Oper wird es dieses Jahr aus Kostengründen nicht geben, dafür aber nächstes Jahr wieder. Das fixe Ensemble wurde auf sieben Mitglieder und 14 Gäste vergrößert.

Atlas wirft die Welt ab

Die Eröffnungspremiere „Atlas streikt“ (Uraufführung am 23. September) dreht sich um die Bedeutung, die „wir Menschen für das Universum und die Welt haben“, beschreibt Gräve. Der Roman von der russisch-amerikanischen Schriftstellerin Ayn Rand, die als Vordenkerin des Neoliberalismus gilt, sei eigentlich eine Art Kampf innerhalb einer kapitalistischen Elite. Die Geschichte spielt in den 50ern, wo die Menschen noch an den Fortschritt glauben, der Verbesserung bringt. Niklas Ritter, der zuletzt auch Regie bei „To all tomorrow’s parties“ führte, werde „Atlas streikt“ als kritisches und sehr musikalisches Stück (Oliver Rath) inszenieren.
Die nächste Premiere „Fabian“ (13. Oktober) wird Max Merker nach dem Roman von Erich Kästner inszenieren. Im Berlin der 20er-Jahre wird Fabian durch die Kabarett-Welt stolpern. Als Gast wird Aaron Hitz (bekannt als Kafka und Orpheus) mitwirken. Das Stück ist eine Koproduktion mit dem TOBS Theater Orchester Biel Solothurn. Mit der „Hinterbühne“, auf der die nächste Premiere (9. November) stattfinden soll, sei eigentlich die Hauptbühne gemeint, erläutert Gräve: „Wir haben gar keine Hinterbühne, unsere Bühne hört ja hinten sofort auf“. „Gier“ von Sarah Kane sei eine Textfläche, „es gibt nicht einmal richtige Personen“. Die Vorarlberger Künstlerin Bella Angora habe für den sehr düsteren ungeschlossenen Stoff eine visuell-performative Umsetzung entwickelt.
Als Kontrast dazu wird ab 30. November das Familienstück „Die Schneekönigin“ gespielt, ein „unglaublich schönes Märchen über Freundschaft und über die Hoffnung“, so Gräve.

Stephanie Gräve bei der Spielplanpräsentation für 2023/24 des Vorarlberger Landestheaters<span class="copyright">Stiplovsek Dietmar</span>
Stephanie Gräve bei der Spielplanpräsentation für 2023/24 des Vorarlberger LandestheatersStiplovsek Dietmar

Fokus auf Autorinnen

Das Landestheater bemühe sich, vermehrt Autorinnen der Theatergeschichte auf der Bühne zu zeigen. Neben Ayn Grand und Sarah Kane ist die Theaterautorin Leonora Carrington im Programm. Als surrealistische Malerin bekannt, stand sie jedoch wie viele Frauen ihrer Zeit sehr im Schatten der großen Männer. „Das Fest des Lamms“ (Premiere am 14. Februar) sei eine groteske Komödie, die harmlos auf einem britischen Landsitz beginnt und in eine surreale böse Traumwelt abdriftet. Der Hund fängt an zu sprechen, Schafe und Menschen werden ohne Kopf gefunden und die Frauen verlieben sich in einen Werwolf. Regie wird Johannes Lepper führen, der im Juni das Musiktheaterstück „The black rider“ auf die Bühne bringt.
Zudem hat das Landestheater ein Stück über Maria Stromberger in Auftrag gegeben. Die in Vorarlberg lebende Krankenschwester rückte auch durch das Buch von Harald Walser „Ein Engel in der Hölle von Au­schwitz“ in den Fokus. Gerhild Steinbruch schreibt das Stück, das unter der Regie von Bérénice Hebenstreit entwickelt wird. Die Idee dabei sei, dass nur Frauen auf der Bühne stehen (Uraufführung am 2. März 2024).
Bei der Premiere am 24. April wird Heinrich von Kleists „Amphitryon“ präsentiert. Alkmene sitzt in Theben und wartet auf die Heimkehr ihres Mannes. Stattdessen kommt der Gott Jupiter in der Gestalt Amphitryons … Das Stück habe auch viel mit unserer Zeit und der Frage nach der Wahrheit zu tun. Regie führt Angelika Zacek.

Landestheater Vorarlberg in Bregenz <span class="copyright">hartinger</span>
Landestheater Vorarlberg in Bregenz hartinger

Noch ohne Titel

Die Uraufführung am 16. Mai ist eine Koproduktion mit dem Aktionstheater von Martin Gruber, die wiederum in Koproduktion mit dem Bregenzer Frühling und dem Werk X stattfinden wird. Einen Titel gibt es noch nicht.
Eine weitere Produktion mit viel Musik dreht sich um die Beziehung zwischen Patti Smith und Robert Mapplethorpe im New York der späten 60er-Jahre. Beide führen mit einer ­unglaublichen Kompromisslosigkeit ein Leben für die Kunst. Tobias Fend schreibt das Libretto, Danielle Fend-Strahm führt Regie. (Uraufführung am 15. Juni)
In der Box wird Shakespeares Hamlet mit einem spielerischen Ansatz in einer Drei-Personen-Version aufgeführt. „Wir werden es wahrscheinlich für Schulen spielen, bis der Arzt kommt“, erwartet Gräve. Es fehle jedoch am technischen Personal, um diesem Andrang gerecht zu werden. Weiters werde mit „Bitch Boxer“ von Charlie Josephine eine Coming-of-Age-Geschichte gezeigt, in der eine junge Frau in einer Männerdomäne ihren Weg sucht. Der Monolog wird von Michael Wilhelmer inszeniert.
Geschäftsführer der Kulturhäuser Werner Döring äußerte sich zum Sanierungsvorhaben: Das Budget von 9,6 Millionen Euro werde noch an die Preissteigerungen bis 2025/26 adaptiert. Die Umsetzung erfolge 2025/26, wobei vor allem eine technische Sanierung durchgeführt wird. Auch von einer Fassadenöffnung Richtung Karl-Tizian-Platz ist die Rede. Finanziert wird durch das Land Vorarlberg (55 Prozent), Eigenmittel (25 Prozent) und die Stadt Bregenz (20 Prozent).
Adaptierungen mussten auch im Zuge der Preisentwicklung vorgenommen werden. Die Karten werden in zwei Schritten um knapp 15 Prozent erhöht. Bestehen bleibt der Jahrespass Flat 26 für unter 26-Jährige. Beibehalten wird auch die ­Seniorenermäßigung (minus zehn Prozent). Menschen mit Kulturpass erhalten weiterhin freien Eintritt.

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