Ein Händchen für große Dimensionen

Das Symphonieorchester Vorarlberg spielte am Wochenende beim letzen Konzert der Saison Schumann und Bruckner. Als Solistin war Alexandra Silocea zu erleben.
Ganz der Romantik widmeten sich die Pianistin Alexandra Silocea, der Dirigent Leo McFall und das Symphonieorchester Vorarlberg (SOV) im letzten Abo-Konzert der Saison mit dem rund musizierten Klavierkonzert von Robert Schumann und der großartigen siebten Symphonie von Anton Bruckner: ein glanzvoller Abend!
Bösendorfer-Klänge
Die rumänische Pianistin, die in Wien studiert hat, von Elisabeth Leonskaja, Maria-Joao Pires und ihrem im vergangenen Jahr verstorbenen Landsmann Radu Lupu geprägt wurde und inzwischen selbst in Wien unterrichtet, ist eine Bösendorfer-Künstlerin: Auch in Bregenz stand ihr also ein Konzertflügel dieser Firma zur Verfügung, seine warmen und leuchtenden Klänge passten wunderbar zu den Geschichten, die die Pianistin im Konzert und in zwei Zugaben zu erzählen hat.
Schumann lässt die Solistin hineinspringen, die Bläser setzen fort und sogleich entspinnt sich ein intensiver Dialog zwischen Klavier und Orchester. Unter dem fein differenzierten Dirigat von Leo McFall entwickelt sich dieses Zusammenspiel mit den beweglichen Holzbläsern und der Streichergruppe in einem organischen Wachsen und Zurücknehmen. Alexandra Silocea im grün schimmernden Nixenkleid dominiert dabei nicht als Tastenlöwin, sondern ist eingebunden in die Farben des Orchesterklangs, wobei sie natürlich im vielstimmigen Aufschwung der Solokadenz gleichermaßen glänzt.

Im langsamen Satz ergibt sich ein zartes Wechselspiel von Klavier und Orchester, und auch in den schwingenden Tempi des Finalsatzes wird das Schwungrad der Bewegung immer wieder im Miteinander der Stimmen neu belebt. Beim Konzert in Bregenz am Muttertag machte die Pianistin „allen Müttern“ mit einem Stück aus Schumanns „Kinderszenen“ ein lyrisch inniges Geschenk und ließ in Schumanns „Frühlingsnacht“, dem Schlusslied aus dem Eichendorff-Liederkreis, in der Bearbeitung durch Franz Liszt den Jubel des „sie ist dein!“ aufrauschen.
Bruckner-Pflege. Leo McFall setzt sich bei seinem SOV für die Bruckner-Pflege ein und führt das hochmotivierte Orchester zu begeisternden Höhenflügen. Nun also mit der siebten Symphonie in ihrem von den samtig warmen Wagner-Tuben geprägten Klang, dem Abgesang auf den verehrten Komponisten Richard Wagner und den großen Linien, die das Werk durchziehen.

Als langjähriger Assistent von Bernhard Haitink hat Leo McFall ein Händchen dafür, seinem Orchester die großen Dimensionen, die Steigerungen und Akkordblöcke oder die kontrastreiche Dynamik zu vermitteln: Unter dem leisen Tremolo der Geigen lässt er das Hauptthema der Celli und Bratschen aufsteigen, über dem Puls der Hörner dürfen sich die Holzbläser entfalten. Dabei setzt er in den mächtigen Steigerungen, die oft in Generalpausen münden, eher auf Eleganz und Linie als auf heldische Wucht. Immer wieder beginnt er aus dem Pianissimo, lässt die Melodien strömen und sich verdichten, die kultivierte große Streichergruppe und der Glanz der Bläser verbinden sich.

Das Adagio beginnt als Choral der Hörnergruppe, der von den Streichern zum Fließen gebracht wird: Ungemein lyrisch und sehnend formt der Dirigent den Klang, führt ihn zur gleißenden Explosion mit Beckenschlag und Triangel. Selbst in dieser gesammelten Kraft ist der Klang nie plakativ, sondern abgerundet, der Satz endet in einem Klangteppich, den die Hörner und Wagnertuben für die anderen Stimmgruppen ausrollen. Reich an gesammelter Energie ist der Scherzosatz mit seinen Punktierungen und Fanfarenklängen, im Wechsel der Bläsergruppen schaukelt er sich hoch und gibt den lyrischeren Trio-Teilen Raum. Im Finale kann man sich wieder vorstellen, wie Bruckner, der Meisterorganist an St. Florian in Oberösterreich, mit dem Orchester die einzelnen Register und Gruppen mischt. Auch gibt es Brüche und Spannungsklänge, die sich schließlich in einer letzten brausenden Steigerung entladen.
Leo McFall liebt sein SOV und das Orchester liebt ihn, ebenso wie das begeisterte Publikum: Alle Orchestergruppen, allen voran die Hörner mit Andreas Schuchter, und Stimmführer dürfen den Applaus entgegennehmen. Mit seinen Abschiedsworten verweist der strahlende Brite auf die nächste Saison, in der dann die riesige achte Symphonie von Bruckner auf dem Programm stehen wird.

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