Ritsch will Entscheidung zu Bahnhofsneubau

Die Stadt habe ihre Arbeit erledigt. Nun müssten Land, ÖBB und Grundstückseigentümer eine Entscheidung treffen, fordert der Bregenzer Bürgermeister Michael Ritsch.
Im Herbst soll der Bregenzer Bahnhof geschlossen und auf dem Vorplatz Container aufgestellt werden. Eine Sanierung, um ihn noch für drei, vier Jahre nutzbar zu machen, würde an die acht, neun Millionen Euro kosten. Eine Summe, die die ÖBB nicht mehr ausgeben wollen. Das erzählte der Bregenzer Bürgermeister Michael Ritsch gestern bei einer Pressekonferenz. Ganz so stimme das nicht, wie die ÖBB mitteilten. Richtig sei, dass das Gebäude am Ende seines Lebenszyklus’ angekommen sei, eine Sperre erfolge aber frühestens im Sommer 2024, sagte ein Sprecher zur apa. Dass dann Container aufgestellt werden, stimme. Die will Ritsch, wenn überhaupt, aber auf dem Seestadt-Areal und nicht auf dem Bahnhof-Vorplatz.

Im Mittelpunkt der Pressekonferenz stand aber die Forderung von Ritsch nach einer Entscheidung über einen Bahnhofsneubau bzw. „Bregenz Mitte“, das auch Seequartier und Seestadt umfasst. Überblicksmäßig zeichnete er zunächst die diesbezüglichen Schritte der vergangenen zweieinhalb Jahre nach. Als Ritsch im Herbst 2020 Bürgermeister von Bregenz wurde, gab es bereits das aus einem Wettbewerb als Sieger hervorgegangene Bahnhofprojekt von Dietrich/Untertrifaller. Ein Entwurf, der von vielen Experten kritisiert wurde, wie Ritsch sagte, und „es war nicht das Projekt, das wir wollten“.

“Bregenz Mitte”
Im Februar 2021 erfolgte eine Auftaktveranstaltung im Festspielhaus, bei der laut Ritsch alle Eigentümer der betreffenden Grundstücke (Land, ÖBB, Spar, Prisma, Rhomberg, Schertler, Alge) „zum ersten Mal an einem Tisch saßen“. Eine Architektengruppe erarbeitete eine Unterflurlösung „Bregenz Mitte“. Masterplanpräsentation und Willenserklärung der Stadtvertretung mit Priorität Bahnhof folgten.

(Machbarkeits-)Studien zu Eisenbahntrasse und Straßenführung waren weitere Schritte. Mit dem Ergebnis, dass die Rheinstraße (L 202) unterirdisch mit Kosten von über 170 Millionen Euro als auch begradigt (ohne S-Kurve im Bahnhofsbereich) um rund 20 Millionen Euro entlang der Bahntrasse geführt werden könnte. Im Mai 2022 erfolgte dann der Startschuss für die neue Hypo-Unterführung, wo auch ein Ausweichbahnhof bei einem Bahnhofsneubau seinen Platz findet. Im Oktober wurde dann eine Bahnunterflur-Variantenstudie präsentiert. „Eine Bahnunterflurlösung ist möglich“, betonte Ritsch, „aber bergmännisch, nicht offen.“

Begradigte Straße
Indes waren vier internationale Teams mit der Planung von „Bregenz Mitte“ beschäftigt. Das Siegerprojekt des Wiener Studios Vlay Streeruwitz gemeinsam mit dem Studio bauchplan sowie con.sens verkehrsplanung und mobilitätsdesign wurde im Dezember vergangenen Jahres präsentiert. Seit April liege nun die überarbeitete Variante inklusive neuem Bahnhof vor, so Ritsch. Diese sieht auf dem Bahnhof unter anderem ein Gebäude mit 20.000 Quadratmetern Bruttogeschossfläche vor. Das Projekt funktioniert allerdings in der Form nur mit einer begradigten Straße, für die das Land zuständig ist.

„Jetzt ist der Zeitpunkt, wo die Arbeit der Stadt erledigt ist“, so der Bürgermeister. „Nun muss sich das Land entscheiden, welchen Plan sie umsetzen wollen.“ Er würde sich wünschen, dass die Straße unterirdisch liegt oder das zumindest vorgesehen wäre, sagte Ritsch. Die Kosten für eine Unterflurlösung wären für ihn argumentierbar. Der Bürgermeister drängt nun auf eine rasche Entscheidung. Es sei nämlich nicht zu akzeptieren, dass der Bregenzer Bahnhof „dem Verfall preisgegeben wird, wie es jetzt passiert“. Vom Zeitpunkt der Entscheidung bis zum Baubeginn dauere es etwa zwei bis drei Jahre, erklärte Ritsch.

Kosten
ÖBB, Land und die anderen Eigentümer der betreffenden Grundstücke seien in alle Planungen eingebunden, so der Bürgermeister. An den Kosten für eine eventuelle Straßenverlegung werde sich die Stadt nicht beteiligen, stellte er klar, an jenen für einen Bahnhofsneubau schon. Das ursprüngliche Dietrich-Untertrifaller-Projekt, auf das sich die Stadt noch unter Markus Linhart mit ÖBB, Land und Grundstückseigentümern geeinigt hatte, war 80 Millionen Euro schwer. Mittlerweile dürften es wohl 120 Millionen Euro sein, schätzte Ritsch. 50 Millionen Euro wären von den ÖBB gekommen, jeweils 15 Millionen Euro von Land und Stadt. Eine Kostenschätzung für das von der Stadt favorisierte Alternativprojekt gibt es nicht.

VlayStreeruwitz/Marina Rützler
Ansprechpartner auf Landesseite sind die Landesräte Daniel Zadra und Marco Tittler sowie Landeshauptmann Markus Wallner. Und während Zadra sich laut Ritsch bemühe, „weil er den neuen Bahnhof möchte“, stehe Tittler auf dem Standpunkt, dass man eine funktionierende Landesstraße habe und der bezahlen solle, der eine Änderung möchte, so der Bregenzer Bürgermeister.
Reaktionen auf die Forderung von Ritsch ließen gestern nicht lange auf sich warten. ÖVP-Stadtrat Michael Rauth, der bei der Pressekonferenz des SPÖ-Bürgermeisters anwesend war, richtete seinerseits in einer Aussendung die Forderung an Ritsch, „endlich zu handeln und konkrete Schritte für einen neuen Bahnhof zu setzen“. „Wir könnten schon 2025 einen neuen Bahnhof eröffnen, hätte der Bürgermeister das geplante und durchfinanzierte Projekt nicht gestoppt“, so Rauth in Hinblick auf das unter Markus Linhart auf den Weg gebrachte Projekt. „Jetzt gibt es keine Chance mehr für einen neuen Bahnhof vor 2030“.
Für den Bregenzer Neos-Fraktionsobmann Michael Sagmeister ist vor allem eine durchdachte Planung wichtig. Der ÖVP wirft er in Hinblick auf deren Aussage zum unter Linhart geplanten Projekt, das laut Sagmeister „am falschen Standort und ohne Entwicklungsmöglichkeiten für die Landeshauptstadt“ sei, „Visionslosigkeit“ vor. Einen Containerbahnhof sieht der Neos-Fraktionsobmann, der auch eine Verlegung der S-Kurve will, „pragmatisch“. Verzichten könne er indes „auf das politische Geplänkel zwischen der Landeshauptstadt und dem ÖVP-Landesrat Tittler“.
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