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Welche Jobs durch KI gefährdet sind

19.05.2023 • 23:00 Uhr / 8 Minuten Lesezeit
Der Roboter Ameca ist verblüffend menschlich und begeistert damit<span class="copyright">dpa/karmann</span>
Der Roboter Ameca ist verblüffend menschlich und begeistert damitdpa/karmann

Die künstliche Intelligenz ist auf dem Vormarsch. Welche Jobs gefährdet sie? In welchen Bereichen kann sie eingesetzt werden und wo sind ihre Grenzen?

Künstliche Intelligenz ist auf dem Vormarsch. Das ist spätestens seit der Veröffentlichung von ChatGPT-4 kein Geheimnis mehr und in aller Munde. Beim OMR-Festival, einer der größten Messen für Marketing und Technologie im deutschsprachigen Raum, die vergangene Woche in Hamburg stattgefunden hat, hob Ameca den Fortschritt in der Roboter-Technologie auf eine neue, vielen bislang unbekannte Ebene. Der Roboter hat erschreckend menschliche Züge und kann dank einer Wachsmaske als Gesicht selbst Mimiken imitieren. Die Firma „Engineered Arts“, die den Roboter, der mit Hilfe einer KI Gespräche führt, entwickelt hat, schreibt selbst: „Ameca ist der weltweit fortschrittlichste Roboter in Menschengestalt, der die Spitze der Mensch-Roboter-Technologie darstellt.“
Damit Ameca noch humanoider wirkt, kann sie sich nicht alle Details merken oder verspricht sich in Gesprächen. Trotzdem ist es erschreckend, wenn das graue, aber dennoch menschlich wirkende Gesicht einem zulächelt oder zuzwinkert. Es gerät schnell in Vergessenheit, dass es sich bei dem Gegenüber um eine Maschine handelt. Einer der Gründe, weshalb die Ingenieure sich gegen ein Gesicht entschieden haben, das uns noch mehr ähnelt. Die Antworten, die Ameca gibt, basieren auf der Technologie von ChatGPT. Was die KI am Laptop beantworten kann, also nahezu alles, kann auch Ameca.
Was heute noch Attraktion auf Messen oder Großveranstaltungen ist und aufgrund der filigranen Mechanik noch wenig mobil ist, könnte in wenigen Jahren bereits den Arbeitsmarkt erobern. Aber nicht alle Jobs sind durch einen Roboter beziehungsweise eine KI zu ersetzen – so zumindest der heutige Stand der Forschung. Eine neue Studie von OpenAI, den Entwicklern von ChatGPT, zeigt, welche Aufgabenbereiche durchaus ersetzt werden könnten.


1. Welche Berufe sind besonders von der KI gefährdet?
Ganz besonders gefährdet sind Berufe, die mit vielen Daten hantieren, wie etwa Mathematiker, Steuerfachangestellte, Schriftsteller und Autoren, Webdesigner, Auditoren, Datenmanager oder auch Analysten jeder Couleur. In der Studie von ­OpenAI wurden sie mit einem so genannten „Exposure-Wert“ von 100 bewertet.


2. Welche Berufe können eher nicht durch eine KI erledigt werden?
Die Frage ist ziemlich simpel zu beantworten: alle Berufe, die von menschlicher Interaktion leben. Pflegerische oder soziale Berufe leben von menschlichen Beziehungen. Die können Roboter zumindest bis jetzt noch nicht gut genug imitieren. Auch wenn Ameca sicherlich verdeutlicht, wohin die Reise auch in diesem Sektor gehen könnte.

3. Wie sieht der Einsatz von KI in der zukünftigen Arbeitswelt aus?
zu 100 Prozent weiß das noch niemand. Die Einsatzbereiche aber werden vielfältig sein. Rund 80 Prozent der Arbeitnehmer in den USA sind laut Forschern von OpenAI in Berufen tätig, in denen mindestens eine Aufgabe durch generative KI schneller erledigt werden könne. Noch erschreckendere Werte liefert die Studie von der Investmentbank Goldmann Sachs. Besonderen Einfluss soll demnach die „generative KI“ haben, also jene, die neue Ideen, Inhalte oder Lösungen erstellen kann. Laut Goldmann Sachs „könnte ge­nerative KI das Äquivalent von 300 Millionen Vollzeitarbeitsplätzen der Automatisierung aussetzen“.

An Schulen wird der Umgang mit ChatGPT bereits gelehrt <span class="copyright">Steurer</span>
An Schulen wird der Umgang mit ChatGPT bereits gelehrt Steurer

4. Kann eine KI Entscheidungen treffen?
Jein. Grundsätzlich ist es möglich, dass künstliche Intelligenz auf Grundlage von Daten Entscheidungen fällt. Moralische Handlungen sind der Technik aber bislang nicht zuzutrauen. Hinrich Schütze vom Centrum für Informations- und Sprachverarbeitung an der Ludwig-Maximilians-Universität München geht davon aus, dass sich die Technik und unsere Umwelt insoweit revolutioniert, wie es einst Internet oder Smartphone getan haben. Gleichzeitig warnt er aber explizit davor, der KI zu viel Entscheidungsgewalt zu ­geben. Das maschinelle Lernen sei zwar in der Lage aus Erfahrungswerten Entscheidungen abzuleiten, treten aber neue Sachverhalte auf, führt das aktuell noch häufig zu Fehlentscheidungen. Zu viel Aktionsradius bei Entscheidungen einzuräumen, etwa in der Justiz, der Medizin, der Steuerberatung oder Vermögensverwaltung, ist laut dem Experten also bislang nicht ratsam. Vor allem ihre Entscheidungskraft führe dazu, dass Menschen sich schnell fehlleiten lassen.


5. Welche Probleme könnten mit KI auf dem Arbeitsmarkt noch auftreten?
Viele Rechner, die Deep Learning, wie KI auch bezeichnet wird, benötigen, brauchen im Umkehrschluss auch viel Energie. Informatik-Professor Christoph Meinel aus Potsdam sieht insbesondere darin eine große Schwierigkeit. „Viele Erwartungen an die KI erscheinen mir überzogen und im Hinblick auf deren Energieverbrauch auch unrealistisch“, so der Wissenschaftler.

6. Wenn plötzlich die KI Überhand nimmt, ist die DSGVO hinfällig?
KI-basierte Systeme erfordern den Zugang zu großen Datenmengen, um zu lernen und zu funktionieren. Das wirft Fragen des Datenschutzes und der Datensicherheit auf. Es müssen geeignete Vorkehrungen getroffen werden, um sicherzustellen, dass Daten ethisch und verantwortungsvoll verwendet werden und dass die Privatsphäre der Menschen geschützt bleibt. Die Aufgabe obliegt vor allem den Arbeitgebern und Geschäftsführern, die KI einsetzen. Wie der Datenschutz am Ende aussieht, ist aber noch ein großes Fragezeichen und führt, seit ChatGPT die Gesellschaft erobert hat, zu immer mehr Diskussionen.

Noch ist im Krankenhaus keine KI im Einsatz, ein Roboter hilft aber heute schon bei Operationen<span class="copyright">Stiplovsek</span>
Noch ist im Krankenhaus keine KI im Einsatz, ein Roboter hilft aber heute schon bei OperationenStiplovsek


7. Wie unterscheidet man, was Mensch oder KI gemacht haben?
ChatGPT für eine Hausarbeit nutzen, eine unangenehme Mail an den Chef formulieren lassen oder die Ergebnisse einer Excel-Tabelle verschriftlichen – all das ist bereits möglich. Wie nun aber kann man unterschieden, was ein Produkt menschlicher Arbeit ist und was von einer KI generiert wurde? Menschen haben oft einen individuellen Stil und Ton beim Schreiben, der von ihren Erfahrungen, ihrer Persönlichkeit und ihrem Hintergrund beeinflusst wird. KI-Modelle tendieren dazu, einen eher neutralen und konsistenten Schreibstil zu haben. Monotonie ist also ein Hinweis auf den Einsatz einer KI. Auch Fehler oder Ungenauigkeiten im Kontext weisen gerne auf den Einsatz maschinellen Lernens hin. Auch Dinge, die aus dem Kontext gerissen erscheinen, weisen das Gegenüber darauf hin, dass eine KI am Werk war, da sie mit den Informationen arbeitet, die sie von ihrem Auftraggeber gegeben bekommt. Fortschrittliche KI-Modelle klingen in ihrer Textgenerierung dennoch sehr menschenähnlich. Final entscheiden, wer verantwortlich war, ist also schwierig.


8. Laufen Roboter augestattet mit KI bald unerkannt zwischen uns?
Derzeit gibt es keine Roboter mit KI, die in der Lage wären, unauffällig und unerkannt zwischen uns Menschen zu laufen. Aktuelle Entwicklungen von Robotern mit KI konzentrieren sich hauptsächlich auf spezifische Aufgaben- und Anwendungsgebiete. Es gibt zwar humanoide Roboter, wie etwa Ameca. Sie sind aber in der Regel erkennbar, etwa durch die offenliegende Technik, und weisen Eigenschaften auf, die sie von echten Menschen unterscheiden. Die Fortbewegung und Interaktion von Robotern im menschlichen Alltag erfordert eine Vielzahl von komplexen Fähigkeiten und Kenntnissen, die bisher noch nicht vollständig erreicht werden konnte. Das klingt also nach Entwarnung. Und auch in Zukunft werden ethische Regularien wohl erfordern, Maschinen als solche erkenntlich zu machen.

KI als Bereicherung. Dass KI Einfluss auf den Berufsalltag nimmt, steht fest. Letztlich scheint sie aber eher als eine Ergänzung gesehen zu werden und sie führt dazu, dass Berufe sich wandeln.