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So steht es finanziell um Vorarlbergs Künstler

22.05.2023 • 19:49 Uhr / 5 Minuten Lesezeit
Fabian Rebitzer und Thomas Zabrodsky vom Forschungsteam präsentieren die Studienergebnisse.<span class="copyright">Stiplovsek Dietmar</span>
Fabian Rebitzer und Thomas Zabrodsky vom Forschungsteam präsentieren die Studienergebnisse.Stiplovsek Dietmar

Im Dock 20 in Lustenau wurde gestern eine Studie zu den Lebens- und Einkommensverhältnissen von Vorarlberger Kunstschaffenden präsentiert.

Vor zwei Jahren hat das Land Vorarlberg eine Studie zu den Arbeitsrealitäten von Vorarlberger Kunstschaffenden in Auftrag gegeben, um ein konkretes Bild der Lebensumstände von Künstlern zu erhalten.

Entscheidungsgrundlage

Diese Studie sollte als wissenschaftliche Entscheidungsgrundlage für politische Entscheidungen auch in Bezug auf Kunstförderungen hilfreich sein und wurde von der Forschungsgruppe Empirische Sozialwissenschaften an der Fachhochschule Vorarl­berg (FHV) unter der Leitung von Fabian A. Rebitzer durchgeführt. Begleitet wurde das Projekt von Barbara Herold, Peter Niedermair, Maria Simma und Frauke Kühn.

Das Projekt wurde unter dem Titel „Prekäre Einkommensverhältnisse der Kunstschaffenden Vorarlbergs“ vergeben. Durch persönliche und digitale Befragungen von Kunstschaffenden mit Vorarlbergbezug habe man die Situation aus der Künstlerperspektive erfasst. Insgesamt haben 198 Personen an einer standardisierten Onlinebefragung teilgenommen, mit 17 Kunstschaffenden und sieben Experten wurden auch „vertrauensvolle, offene Gespräche“ geführt, beschreibt Rebitzer bei der gestrigen Präsentation der Ergebnisse im Lustenauer Kunstraum Dock 20.

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(C) STIPLOVSEK

Armutsgefährdet

Die befragten Künstler haben zu rund 70 Prozent eine akademische Grundbildung und sind mit durchschnittlich 22,4 Jahren Berufserfahrung professionell als Künstler tätig. Trotzdem war laut Studie im Jahr 2022 jeder zweite Künstler armutsgefährdet, die Armutsgefährdungsquote sei bei Personen ab 55 Jahren etwas geringer und bei männlichen Künstlern höher.

Das mittlere individuelle Jahresnettoeinkommen lag in den Jahren von 2019 bis 2022 bei 15.000 Euro. Davon stammen durchschnittlich zwischen 3000 und 4500 Euro aus der künstlerischen Arbeit. Viele der Kunstschaffenden können von ihrer künstlerischen Tätigkeit allein nicht leben und finanzieren sich durch andere Tätigkeiten aus kunstnahen oder auch kunstfernen Bereichen. Zwischen 11 und 16 Prozent der befragten Künstler haben angegeben, dass sie in den einzelnen Jahren gar kein Einkommen aus der Kunst generiert hätten.

Neben der Einkommenssituation wurden auch Fragen der sozialen Absicherung sowie Belastungen und Bewältigungsstrategien der Künstler betrachtet. Dabei stellte sich heraus, dass 90 Prozent immer und 8,3 Prozent meistens krankenversichert gewesen waren. Jedoch gaben über 15 Prozent der Künstler an, nur „sporadisch“ oder „gar nicht“ pensionsversichert gewesen zu sein.

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(C) STIPLOVSEK

Trotzdem sei die Versicherungssituation für zwei Drittel mit Herausforderungen verbunden gewesen, für jeden zehnten seien Versicherungsbeiträge nicht leistbar. Belastend sind auch diskontinuierliche Beschäftigungsverhältnisse, schlechte Rücklagen, Erfolgsdruck und die Rechtfertigung des eigenen Kunstschaffens. Zudem wurde auch angegeben, dass durch unterschiedlichen Beschäftigungen der Fokus von der künstlerischen Arbeit wegrückt. Daneben sind manche Kunstschaffenden wie beispielsweise Tänzer oder Bildhauer auch mit physische Belastungen und einem Verletzungsrisiko konfrontiert.

Positive Stimmung

Die Studienergebnisse bestätigen, dass die aktuelle Situation der Kunstförderung in Vorarlberg von den online Befragten eher positiv bewertet wird. Mehr als die Hälfte der Kunstschaffenden (57 Prozent) habe seit 2019 um unterschiedliche Förderungen für sich als Künstler und 19 Prozent haben für ihre jeweilige Institution angesucht. Fast 85 Prozent der befragten Kunstschaffenden konnten die Landesförderung von Vorarlberg nutzen. Nur 21 Prozent der Befragten habe keine Förderungen in Anspruch genommen.

Neben der Befragung von Kunstschaffenden sind in der Studie auch die erste Ergebnisse eines anderen Forschungsprojekts enthalten, in dem die Vorarlberger Bevölkerung zu ihrem Interesse an Kunst- und Kulturangeboten befragt wurde. Anhand der Auswertungen des Projekts „Neue Museumswelten“ hätten nur rund 20 Prozent grundsätzlich kein Interesse an Kulturangeboten, zwei Drittel der Befragten gaben an, in den letzten zwölf Monaten ein Museum besucht zu haben, und über 80 Prozent der Bevölkerung stehen der Förderung von Kulturinstitutionen und Künstlern positiv gegenüber.

Handlungsempfehlungen

In der mit 160 Seiten sehr dichten und detaillierten Studie werden auch Handlungsempfehlungen thematisiert. Dennoch sei es „nicht die Aufgabe der Wissenschaft, sondern der Politik“, diese in die größeren Zusammenhänge einzuordnen, betont Rebitzer. Winfried Nußbaummüller, Leiter der Kulturabteilung des Landes, hebt die Spannungsfelder in der Kunstwelt hervor, die in der Studie betrachtet werden.

Die Erhebung ist Teil eines Updates der Kulturstrategie des Landes, die mit der Vorarlberger Kulturenquete im Vorjahr begonnen hat. Im nächsten Schritt sollen die Ergebnisse und Handlungsempfehlungen geprüft und in den laufenden Update-Prozess einfließen, beschreibt Winfried Nußbaummüller. Die gesamte Studie ist online auf der Homepage des Landes Vorarlberg einsehbar und wird zudem in der Kulturstrategie veröffentlicht.

Weitere Informationen unter:

www.vorarlberg.at

www.fhv.at

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