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Was wurde aus den Flüchtlingen in Koblach?

25.05.2023 • 23:00 Uhr / 7 Minuten Lesezeit
Ob Gras über die Flüchtlingsdebatte gewachsen ist, zeigt ein Lokalaugenschein. <span class="copyright">Stiplovsek</span>
Ob Gras über die Flüchtlingsdebatte gewachsen ist, zeigt ein Lokalaugenschein. Stiplovsek

Die Aufregung in Koblach rund um die geplanten Flüchtlingsunterkünfte war im Jänner groß. Doch hat sich die Lage mittlerweile beruhigt?

Anfang des Jahres gingen in Koblach die Wogen hoch. Geplante Flüchtlingsunterkünfte und Gerüchte, dass viele junge Männer in Koblach untergebracht werden sollen, erhitzten im Jänner noch die Gemüter, wie damals die NEUE berichtete.

Was sich seit Jänner getan hat

Zwei Anrainer erinnern sich bei einem erneuten Lokalaugenschein zurück, dass damals extra Menschen aus anderen Orten nach Koblach gekommen seien und sich unter die Zuschauer gemischt hätten, um die Stimmung aufzuheizen. Anrainerin Hedi Striessnig erzählt davon, dass damals Leute an ihrer Haustür geklingelt hätten, um die geplanten Flüchtlingsunterkünfte zu thematisieren. Die Anrainer hatten Sorgen. Was hat sich inzwischen getan?

Scham für aufgeheizte Lage

Seitdem habe sie in Koblach keine Gespräche über die Flüchtlingsunterkünfte mehr mitbekommen, erzählt die 87-Jährige nun. „Die Flüchtlingsthematik hat sich sehr beruhigt“, meint auch Bürgermeister Gerd Hölzl. „Im Großen und Ganzen geht es in Koblach ruhig und reibungslos zu.“

Laut dem Koblacher Bürgermeister Gerd Hölzl hat sich die Lage beruhigt. <span class="copyright">Hartinger </span>
Laut dem Koblacher Bürgermeister Gerd Hölzl hat sich die Lage beruhigt. Hartinger

Anrainerin Martha Meusburger stimmt dem zu. Die Stimmung sei besser geworden. „Ich habe von mehreren Leuten gehört, dass sie sich für die Koblacher schämen. Die aufgeheizte Stimmung war eine Schande.“ Sie sei froh, dass sich die Wogen geglättet hätten und auch einige Freiwillige bereit seien zu unterstützen. Auch sie will mit Flüchtlingen Zeit verbringen, etwa mit ihnen spielen und die Sprache beibringen oder bei der Orientierung mit den öffentlichen Verkehrsmitteln helfen.

Martha Meusburger will helfen, wenn Flüchtlinge einziehen. <span class="copyright">Schwärzler</span>
Martha Meusburger will helfen, wenn Flüchtlinge einziehen. Schwärzler

Viel hat sich seit dem letzten Lokalaugenschein in Koblach auf den ersten Blick dennoch nicht verändert, nur Bäume sind mittlerweile ergrünt, und es liegt kein Schnee mehr auf der Straße. Doch von Bewohnern ist in den beiden Flüchtlingsunterkünften, einem ehemaligen Chinarestaurant und einer alten Schlosserei, keine Spur. „Im Moment wohnt niemand in den Unterkünften“, bestätigt das Claudio Tedeschi von der Caritas.

Die Häuser wirken verlassen. Dies soll sich jedoch bald ändern. <span class="copyright">Stiplovsek</span>
Die Häuser wirken verlassen. Dies soll sich jedoch bald ändern. Stiplovsek

Allerdings gab es bereits zwei Treffen im speziell organisierte Café „Mitanand“. Bei einem seien schon etwa 25 Helfer und circa zehn Flüchtlinge da gewesen, erzählt Martha Meusburger. „Es wohnen schon seit zwei, drei Jahren Flüchtlinge in Koblach, und niemand weiß es, weil es nicht so publik geworden ist“, meint sie.

Baldiger Einzug geplant

Ein Wasserrohrbruch und die Renovierung haben den Bezug des Gebäudes mit der Adresse Letten 3 verzögert. Die Sanierung soll, wenn alles nach Plan läuft, laut Caritas in einem Monat abgeschlossen sein. Dann kann der Einzug beginnen. Im ehemaligen Gasthaus hat bereits für wenige Tage eine Flüchtlingsfamilie gewohnt, die mittlerweile aber schon wieder ausgezogen ist. In einer Woche ist dort laut Angaben der Caritas aber der nächste Einzug einer Familie geplant.

„Wir werden dazu schauen, dass es mit dem Miteinander, dem Einzug, den Anliegen und dem Gehörtwerden gut klappt.“

Claudio Tedeschi, Leiter Kommunikation der Caritas


Dann möchte die Caritas für womögliche Sorgen und Anliegen der Bevölkerung da sein. Der erste Einzug sei unspektakulär und ruhig abgelaufen. Im dem dort angesiedelten Caritas-Büro habe es keine einzige Anfragen der Bevölkerung zu den Flüchtlingsunterkünften gegeben. „Es gab nur Anfragen, ob es hier noch chinesisches Essen gibt“, schmunzelt Tedeschi. Die Flüchtlingsthematik sei im Vorhinein viel präsenter gewesen.

„Es gab nur Anfragen, ob es hier noch chinesisches Essen gibt.“

Claudio Tedeschi, Caritas

Auch Koblacherin Inge Bell hat beobachtet, dass es ruhiger geworden ist. Sie erzählt, dass die Pfarre wöchentlich am Gemeindeplatz ein Friedensgebet für ein gutes Miteinander in Koblach abhält. Die 75-Jährige selbst meint, sie habe nie Angst gehabt. „Meine Buben und Mädchen waren weltweit unterwegs, und alle waren immer froh, wenn Familien sie aufgenommen haben“, erzählt sie von den Reisen ihrer nun erwachsenen vier Kinder. Für Flüchtlinge sei Vorarlberg schließlich auch Ausland, wo sie mit einer anderen Lebenssituation konfrontiert werden würden, führt sie aus.

„Ich selbst habe keine Angst. Meine Buben und Mädchen waren weltweit unterwegs und alle waren immer froh, wenn Familien sie aufgenommen haben.“

Inge Bell, in der Heimseelsorge tätig

Anrainer Markus Knass sieht deswegen die gewählte Unterkunft kritisch: „Wenn man integrieren will, dann sollte man ein regionales Umfeld wählen und nicht ein chinesisches Restaurant.“ Der 52-Jährige findet es wichtig, dass Kriegsflüchtlingen geholfen wird, egal ob diese aus der Ukraine, Syrien oder Afghanistan kommen. Wirtschaftsflüchtlingen steht er jedoch kritischer gegenüber.

Vereinzelte Kritik

Die Meinung von Anrainer Karl-Heinz Märker wiederum hat sich seit Jänner nicht verändert: Er habe sich auch schon damals keine Sorgen gemacht, meint er. Der 62-Jährige vertrete immer noch die Ansicht, dass für eine Gemeinde mit 4800 Einwohnern eine Flüchtlingsanzahl von 50 bis 100 Personen kein Problem darstellen dürfe. „In den Ländern, wo die Flüchtlinge herkommen, möchte ich nicht wohnen“, weist er auf Hunger, „zerbombte Häuser“ und die „katastrophale Lage“ in den Herkunftsländern hin. Wichtiger sei jedoch, dass den Menschen vor Ort geholfen werden, damit sie dort wieder Wohnungen bauen können und nicht flüchten müssen.

Karl-Heinz Märker hatte von Beginn an keine Sorgen. <span class="copyright">Schwärzler</span>
Karl-Heinz Märker hatte von Beginn an keine Sorgen. Schwärzler

Obwohl es in Koblach um das Thema Flüchtlinge ruhiger geworden ist, gibt es auch immer noch kritische Stimmen – vor allem gegenüber jungen, männlichen Flüchtlingen, die hier nicht arbeiten dürfen, wie Gespräche mit den Koblachern zeigen. Die meisten wollen jedoch anonym bleiben. „In der Bevölkerung sind immer noch Sorgen da“, meint etwa Harald Stromberger. Er selbst will jedoch erst abwarten, wie es sich entwickelt, und nicht voreingenommen sein.

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