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Für mehr Mut am Steuer: Segeln für Frauen

27.05.2023 • 23:00 Uhr / 6 Minuten Lesezeit
 Bei der Weltmeisterin können Frauen üben und mehr Sicherheit erlangen.<span class="copyright">stiplovsek</span>
Bei der Weltmeisterin können Frauen üben und mehr Sicherheit erlangen.stiplovsek

„Ladies only“ heißt es bei den Segelkursen von Nicole Lackner.

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Vergangenen Mittwoch­abend am Bodensee, in der Bucht von Fußach: Am Horizont schimmert ein schmales Band hellrosa, der Himmel darüber zeigt sich in dunklem Blau-Grau.

Nur ein Boot fährt auf dem heute ebenfalls dunklen Wasser. Das Segelboot wendet und steht jetzt beinahe senkrecht auf dem See. Den Frauen an Bord scheint das nichts auszumachen, im Gegenteil: Einige genießen den Nervenkitzel, ein Lachen ziert ihr Gesicht. Die anderen sind mit der Steuerung des Bootes beschäftigt, sie sehen konzentriert aus. Eine der Frauen ruft: „Jetzt wechseln wir die Positionen“, und alle rutschen einen Platz weiter.

Die Frau, die das Kommando gegeben hat, ist Nicole Lackner (43) aus Fußach. Sie ist nicht nur Sportwissenschaftlerin und Trainerin verschiedenster Sportarten, sondern auch Europa- und Weltmeisterin im Segeln. Mit ihrem Unternehmen „Taustark“ hat sie sich selbständig gemacht und bietet unterschiedliche Kurse wie Firmensegeln, Übungssegeln oder Segeltraining für Kinder und Jugendliche an. Dass auf dem eingangs beschriebenen Boot nur Frauen waren, ist kein Zufall: die sportliche Fußacherin hat auch Segeltraining für Frauen in ihrem Programm.

Nicole Lackner segelt seit ihrer Kindheit. Seit vielen Jahren gibt sie ihr Wissen über das Segeln als Trainerin weiter. <span class="copyright">stiplovsek</span>
Nicole Lackner segelt seit ihrer Kindheit. Seit vielen Jahren gibt sie ihr Wissen über das Segeln als Trainerin weiter. stiplovsek

Yacht kann nicht kentern

Bevor das Segelboot mit den Frauen vom Yachtclub Rheintal abgelegt hat, hat Nicole – auf dem Boot sind alle per Du – erklärt: „Eine Segelyacht kann zwar sinken, aber niemals kippen.“ Weshalb sie das so betont, war zu dem Zeitpunkt noch unklar, erst als die Yacht zum ersten Mal wendet und fast senkrecht auf dem See steht, erschließt sich der Sinn.

Doch der Reihe nach: Als Erstes muss das Boot natürlich den Hafen verlassen, mit Motor. „Mag wer das Steuer übernehmen?“, fragt Nicole. „Wenn du mir hilfst, mache ich es“, antwortet Teilnehmerin Christine. Langsam schippert das Schiff die Fahrrinne entlang, wo mit Motor gefahren wird. Währenddessen lehrt Nicole das eine oder andere zum Thema Segeln und beantwortet Fragen. Schließlich hat die Truppe die Fahrrinne verlassen und kann sich jetzt frei in der Bucht bewegen. Nun werden die Segel gesetzt, heute das Vor- und das Großsegel. Die Segelmeisterin und zwei andere Frauen beginnen, an Schnüren – den sogenannten Schoten – zu ziehen, sie einzufangen, wieder zu befestigen, und schon stehen die beiden Segel.

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Weshalb Nicole Segelkurse nur für Frauen anbietet, hat mehrere Gründe: „Ich habe in vielen Sportarten immer wieder festgestellt, dass Frauen sich viel mehr zutrauen, wenn keine Männer dabei sind. Zudem ist es oft so: Wenn von einem Paar beide den Segelschein haben, fährt meistens nur er. Hat man das Segeln gelernt, es aber länger nicht mehr getan, traut man es sich bald nicht mehr zu.“

Teilnehmerin Christine etwa ist genau aus dem Grund, mehr Sicherzeit zu erlangen, beim Kurs für Frauen dabei. Die anderen, Silvia und Isabella, wollen ein wenig in die Sportart hineinschnuppern, um zu sehen, ob sie etwas für sie wäre.
Bei den Frauen auf dem See ist mittlerweile Stille eingekehrt. Denn seit der Motor nicht mehr läuft, ist nur noch das Plätschern des Wassers und das Flattern der Segel zu hören. „Wenn ich ‚Kopf‘ rufe, müsst ihr den Kopf einziehen, denn dann kommt der Großbaum“, erläutert die Segeltrainerin und zeigt auf die Querstange des großen Segels, die etwa 1,5 Meter oberhalb des Bootbodens verläuft und schwenkt. „Das ist das einzig Gefährliche beim Segeln.“

Nun starten die Seglerinnen mit den ersten Manövern, das bedeutet auf nicht-seglerisch gesprochen: Sie fahren Kurven. Kurz bevor die Kurve gemacht wird, ruft die Steuerfrau: „Klar zur Wende“, alle wechseln die Bootsseite, und zwei ziehen an den Schnüren der Segel. Sieht eigentlich einfach aus, erfordert aber einiges an Kraft und Konzentration.

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Unterschiedliche Niveaus

Bei den Segelkursen für Frauen dürfen sowohl Anfängerinnen als auch solche, die schon ein bisschen mehr können, teilnehmen. Es gibt beim Segeln immer mehrere Positionen: jemand steuert, andere bedienen das Vor- und das Großsegel. Wenn eine Position bei einer Teilnehmerin schon gut sitzt, kann sie eine andere üben oder in derjenigen, wo sie unsicher ist, vermehrt tätig sein.

Die „Segelmädels“ haben einige Runden auf dem See gedreht, ihre Gesichter sind gerötet, die Haare derjenigen, die keine Kappen tragen, zerzaust. Sie sind heute die einzigen weit und breit auf dem See – ein großer Vorteil schlechten Wetters. Ein weiterer ist, dass der Wind stark weht. Auch schon fuhr die Frauentruppe bei sehr wenig Wind auf dem See, dann ist nichts mit senkrecht am See stehen. Dafür wurden sie damals mit einem Sonnenuntergang und einer Runde baden belohnt.

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Nun wird es Zeit, den Hafen anzusteuern. Nicole und zwei Frauen holen die Segel ein, eine startet den Motor. Jetzt – nach der Segelstille – wirkt er erst recht laut. Bald erreichen die Seglerinnen den Hafen, Nicole klatscht mit ihrer Rechten die rechte Hand jeder Teilnehmerin ab und ruft: „Ihr habt es super gemacht!“ Als alle Neo-Seglerinnen wieder auf festem Boden stehen, erklären sie unisono: „Es war sehr schön, wir kommen wieder!“

Mehr Infos: www.taustark.at