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Die Umkleidekabinen: ein Teufelswerk!

31.05.2023 • 10:14 Uhr / 4 Minuten Lesezeit
Sonntags-Tagebuch von Heidi Salmhofer. <span class="copyright">NEUE</span>
Sonntags-Tagebuch von Heidi Salmhofer. NEUE

Heidi Salmhofer mit ihrer Kolumne in der NEUE am Sonntag.

Es gibt Momente, da wage ich mich (ungern) in Geschäfte für Körper-Überstreifungs-Bedarf. Kurz: in Bekleidungsstores. Abgesehen davon, dass mich alleine die überdimensionierte Auswahl an Stoffen, um meinen Körper zu verhüllen, maßlos überfordert, bin ich kein Fan von Umkleidekabinen. Für mich sind diese Kabäuschen der Vorhof zur Hölle.

Diesmal wollte ich meinen Bald-50-Jahre-Körper mit einem simplen Bikini erfreuen. Weil Sonne, weil warm, weil eventuell Badesaison. Tatsächlich finde ich, zwischen all den Bademoden für fleischloses Jungvolk auch ein, zwei Teile, bei denen ich mir denke, das könnte ohne großes Aufsehen auch an mir funktionieren. Dass ich nicht als Victoria’s Secret Model durchgehe, war mir ohnehin klar und dementsprechend auch relativ wurscht. Ich will ja im Rhein baden und nicht fototauglich am Laufsteg mit meinem Po wackeln. Also ab in die Kabine. Weißes Neonlicht begrüßt mich kalt von der Decke herabstrahlend und mir wird klar: Das wird ein Desaster. Ich hüpfe dennoch in das Badeoutfit. Im Spiegel schaut mir ein 310-jähriger Badeschwamm entgegen. Dieses Licht multipliziert jede einzelne Delle am Körper mal 100.

Wer um Himmels willen designt so etwas? Ein 20-jähriger männlicher Architekturstudent, der von Frauenkörpern so viel versteht wie Frau Salmhofer von Atomphysik, vermute ich unvermittelt. Nur, ich schreibe eben kein Buch über Quantenoptik, oder dergleichen. Ich gebe den Bikini wieder retour und will es mit einer neuen Hose versuchen. Ab ins nächste Geschäft. Tatsächlich werde ich fündig. Also wieder hinein in die Kabine. Krass! Die Hose schaut toll aus! Der Hammer! Ich freue mich riesig und bin einkaufsmäßig wieder versöhnt. So ein wunderbares Teil, und es steht mir wirklich gut. Jetzt habe ich sogar etwas zum Anziehen für die heutige Theaterpremiere. Juhuu!

Zu Hause packe ich die Hose aus, kombiniere sie mit einem feinen Oberteil und werfe noch einmal einen prüfenden Blick in den Spiegel, kurz bevor ich das Haus verlassen möchte. Was um Himmels Willen ist denn das? Ganz anders als noch vor zwei Stunden im Geschäft wabert mir da die neue Hose entgegen, wirkt etwas breiter und etwas unpassender. Ich vermute stark, dass die Verkaufsgesellschaft beim letzten Spiegelkabinett den „Ich bin um zehn Kilo leichter“-Spiegel abgestaubt hat, um diesen den Kundinnen zur Verfügung zu stellen. Solche Mistfinke!

Ich beschließe, einen Wifi-Kurs für die richtige Nutzung von herkömmlichen Umkleidekabinen zu entwickeln. Demnächst ist er als Wochenendseminar zur Verfügung!

Heidi Salmhofer ist freiberufliche Theatermacherin und Journalis­tin. Sie lebt mit ihren Töchtern in Hohenems.