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Krisen, Corona und ein lustiger Haufen

03.06.2023 • 23:00 Uhr / 8 Minuten Lesezeit
Porträt Gastronomin Nathalie Hofer.<span class="copyright"> Philipp Steurer</span>
Porträt Gastronomin Nathalie Hofer. Philipp Steurer

Die junge Gastronomin Nathalie Hofer hatte es nicht immer einfach. Trotzdem führt sie ihr Bistro in Bregenz mit viel Elan und Kreativität.

Eigentlich war alles ein großer Zufall. Die Gastronomie und die Selbstständigkeit standen nicht auf Nathalie Hofers To-do-Liste, im Gegenteil: „Nach der Matura wollte ich alles machen, nur nicht in die Gastronomie“, lacht die 38-Jährige. Doch wie so oft kam es anders: „Zu der Zeit bekam man ohne Berufserfahrung keinen Job – und die hatte ich nur durch Gastro-Praktika während der HLW.“ Also landete sie doch in der Branche, arbeitete in der Schweiz, im Catering-Bereich und auch auf Saison, etwa in St. Anton.

Nathalie mit Ihren Kunden. <span class="copyright">Klaus Hartinger</span>
Nathalie mit Ihren Kunden. Klaus Hartinger

Mit 26 Jahren jedoch war das schon wieder vorbei: Die Bregenzerin machte eine „kurze Pause von fünf Jahren“, wie sie grinsend sagt. Untätig war sie in dieser Zeit jedoch beileibe nicht: Nathalie pflegte ihre kranke Großmutter. Auch ihrer eigenen Gesundheit ging es nicht gut: „Ich habe meinem Körper zu viel zugemutet und hatte gleich zwei Bandscheibenvorfälle.“ Diese resultierten in einer Arbeitsunfähigkeit für die Gastronomie. Aber: „Nachdem ich meine Oma gepflegt hatte, wusste ich nicht, was ich sonst tun sollte. Zu der Zeit hast du nur mit Glück mal einen Bürojob bekommen, und ich dachte mir, dass die Leute nicht gerade auf mich warten werden, ich hatte ja keine Praxis.“ Einen Übergangsjob fand sie immerhin trotzdem.

Doch dann kam sie, die große Chance: Nathalie bekam das Angebot, ein kleines Lokal in der Bregenzer Deuringstraße zu übernehmen. Die Ablöse war günstig, der Zeitpunkt gut. „Ich dachte mir, ich probiere das jetzt einfach. Und wenn es nicht funktioniert, habe ich es wenigstens versucht.“

Konzept

Innerhalb kürzester Zeit eröffnete Nathalie ihr „Is(s)so“. Das erste Ziel: „Die Frauenquote erhöhen“, lacht die Gastronomin. „Im Vorgängerlokal waren fast nur männliche Gäste, ich wollte auch Ladies. Das hat zum Glück funktioniert.“ Ansonsten habe sie konzeptuell einfach gemacht, was ihr gerade einfiel. „Mein Gedanke war, wenn es nicht klappt, schmeiße ich das Konzept halt um und probiere etwas anderes. Und das habe ich die letzten sechs Jahre ziemlich oft gemacht.“

Speisen issso <span class="copyright">Nathalie Hofer</span>
Speisen issso Nathalie Hofer

Die erste Hürde war schon die Eröffnung: „Ich dachte, ich sperre jetzt auf, und dann läuft alles. Total blauäugig“, erinnert Nathalie sich. Denn: „Das erste halbe bis dreiviertel Jahr war schrecklich, wirklich katastrophal.“ Viele Bregenzer hatten Vorurteile, fragten sich, was „das kleine Blondchen da oben eigentlich will.“ Es habe viel Gerede hinter ihrem Rücken gegeben, auch von Leuten, die sie noch nie gesehen hatten: „Ich wurde da wirklich fertiggemacht von Leuten, die ich gar nicht kannte.“ Wie sie damit umging? Nathalie überlegt einen Moment, lächelt dann und sagt: „Na ja, runterschlucken und weiter. Etwas anderes blieb mir ja eh nicht übrig. Außerdem hatte ich ja mit der Zeit auch wirklich tolle Gäste, das half mir sehr.“

Nathalies Lokale

Is(s)so

Deuringstraße 9, 6900 Bregenz

Mo: 10-14h, Di-Fr: 10-20h

Tel: 0664 99 65 1000

Mittwochs süße und pikante Crêpes, Freitag diverse Schmankerl, ganzwöchig Snacks.

Is(s)so Käs, Snacks & Meh

Deuringstraße 9, 6900 Bregenz

Di-Fr: 9-13h & 14-17.30h, Sa: 9-14h

Tel: 0676 950 24 96

Große Auswahl an Käse, Feinkost und Snackboxen, Größeres gern auf Bestellung.

Corona-Krise

Schließlich lief das Lokal immer besser und besser, Mundpropaganda und viel Herzblut machten die Sache irgendwann rund – trotz eines vorübergehenden Einbruchs, als das Nichtrauchergesetz in Kraft trat. Und dann, als Nathalie wirklich zufrieden war, kam Corona. „Die Pandemie und vor allem der erste Lockdown waren ein Tiefschlag“, sagt die 28-Jährige. „März und April 2020 waren besonders heftig für mich, ich wusste wirklich nicht, was ich tun sollte. Es gab keine Hilfen, ich musste einen Kredit aufnehmen. Dann habe ich von null auf hundert einen Mittagslieferservice aus dem Boden gestampft, damit ich wenigstens meine damalige Mitarbeiterin bezahlen konnte, Kurzarbeit war nicht möglich.“

Gastronomin Nathalie Hofer. <span class="copyright">Klaus Hartinger</span>
Gastronomin Nathalie Hofer. Klaus Hartinger

Wie viel merkt sie heute noch von den Auswirkungen der Pandemie? „Ganz ehrlich, ich kann nicht sagen, ob es an Corona liegt oder auch an der Inflation, die ebenfalls viel kaputt macht – ich habe viele tolle Stammgäste, aber ich merke schon, dass ich noch nicht wieder da bin, wo ich vor Corona war.“ Es gehe aber zumindest wieder in die richtige Richtung.

Von alleine passiert das natürlich nicht: Nathalies Lokal ist klein, ihre Möglichkeiten sind begrenzt. Also gilt es, immer wieder kreativ zu sein. Als sich nach Corona das Mittagsmenü nicht mehr rentierte, stellte sie kurzerhand um. Mittlerweile gibt es jeden Mittwoch verschiedene Crêpes, jeden Freitag wird ein anderes „Schmankerl“ aufgetischt. Dann serviert die begeisterte Köchin mal Schwarzbier-Slider, mal Beef Tatar, mal Pasta mit Lachs. Immer wieder gibt es Aktionen, wie Knödel- oder Sandwich-Wochen, es gibt einen Drink des Monats, es gibt diverse Veranstaltungen. So gehören etwa die „Ugly Christmas Sweater Party“ oder eine Oktoberfest-Party zum jährlichen Fixprogramm. Sie habe dauernd das Gefühl, sich neu erfinden zu müssen, sagt Nathalie.

Bei den Gästen kommt das an: „Sie kocht unglaublich gut“, sagt etwa Stammgast Ulrich. „Und man kennt hier immer jemanden, trifft stets Leute, mit denen man sich gut unterhalten kann“, sagt Peter, ein anderer Stammgast. Wolfi, der Dritte in der Herrenrunde, fügt augenzwinkernd hinzu: „Hierher kommen auch die schönsten Frauen!“

Wie eine Familie

Generell ist die Atmosphäre im Lokal sehr familiär, man kennt und neckt einander gerne. „Zum Glück“, meint Nathalie lächelnd, „haben wir hier mittlerweile einen wirklich lustigen Haufen“. Viele Gäste seien mittlerweile Freunde, man trifft sich auch privat.

Rückhalt braucht ohnehin jeder – für Nathalie ist das seit drei Jahren ihr Lebensgefährte Andreas: „Ich bin megahappy, und er hilft mir viel. In den ersten Jahren war ich sehr auf mich gestellt, habe immer das Gefühl gehabt, es ohne Hilfe schaffen zu müssen.“ Mittlerweile ist das anders, nachdem ihre Mitarbeiterin den Beruf gewechselt hat, hilft auch Nathalies Mama ab und zu.
Im ehemaligen „Fredis Käslädiele“ nebenan, das Nathalie kürzlich als „Is(s)so Käs, Snacks und Meh“ eröffnete, packt außerdem Mitarbeiterin Isabelle tatkräftig mit an.

Der Ehemalige ,,Fredi's Käslädile". <span class="copyright">Klaus Hartinger</span>
Der Ehemalige ,,Fredi's Käslädile". Klaus Hartinger

Zu tun ist immer was – doch es kann schnell zu viel werden, wenn man nicht aufpasst: „Ich habe gemerkt, dass meine Gesundheit wieder gelitten hat und ich darauf achten muss, mir ab und zu etwas Gutes zu tun, sei es, einen Abend auf dem Balkon zu genießen oder in den Bergen unterwegs zu sein“, so die Bregenzerin.

Schlussendlich gibt es aber nur eine Richtung: vorwärts. Wünsche für die Zukunft? „Keine besonderen, aber ich möchte gern an den Punkt kommen, an dem ich sagen kann: So, wie es jetzt ist, passt es.“