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Zusatzstoff auf Saftflasche verschwiegen

03.06.2023 • 23:00 Uhr / 5 Minuten Lesezeit
Zusatzstoff in Johannisbeersaft verschwiegen <span class="copyright">Die NEUE</span>
Zusatzstoff in Johannisbeersaft verschwiegen Die NEUE

Ein Vorarlberger Getränkehersteller hat in ­seinem Johannisbeersaft ein Entkeimungsmittel beigemischt, ohne dieses als Zusatzstoff entsprechend zu kennzeichnen.

Dimethyldicarbonat ist ein Konservierungsmittel, das sich auf Verpackungen von Lebensmitteln oft mit der Abkürzung E242 findet. Das klingt für Verbraucher nicht besonders vertrauenswürdig, tatsächlich ist es aber nur ein Ester, also eine Verbindung von Alkohol und Säure. Die Frage, ob er auf Verpackungen ausgewiesen werden muss, beschäftigte die Verwaltungsgerichte und einen Vorarlberger Getränkehersteller seit Längerem.

Unbedenklicher Stoff

Produzenten mischen das Konservierungsmittel Getränken wie Bier, Wein oder Säften in kleinen Dosen bei, da es desinfiziert, ohne dass die Flüssigkeiten erhitzt werden müssen. Die Substanz hemmt das Wachstum von Mikroorganismen und zerfällt dann innerhalb weniger Stunden in seine Ausgangsstoffe CO2 und Methyl, also Alkohol. Pro Liter dürfen höchstens 250 Milligramm, also 0,025 Prozent – wenn man vom Gewicht von Wasser ausgeht – beigemengt werden. Die Menge ist so gering, dass sie auch für Kinder unbedenklich ist.
Das Unionsrecht sieht vor, dass Substanzen wie Konservierungsmittel als Lebensmittelzusatzstoffe auf der Verpackung genannt werden müssen. Ein solcher Stoff wird „einem Lebensmittel aus technologischen Gründen“ beigemischt, „wodurch er selbst oder seine Nebenprodukte mittelbar oder unmittelbar zu einem Bestandteil des Lebensmittels werden oder werden können“.

Unbedenkliche Stoffe in Getränken verschwiegen <span class="copyright">Die NEUE</span>
Unbedenkliche Stoffe in Getränken verschwiegen Die NEUE

Frage der Kennzeichnungspflicht

Ein Vorarlberger Fruchtsafthersteller verwendete zwar Dimethyldicarbonat für seinen „Johannisbeersaft gespritzt“, führte es aber nicht auf der Verpackung auf. Das Umweltinstitut entdeckte die Rückstände bei einer Kontrolle, woraufhin der Hersteller verpflichtet wurde, Dimethyldicarbonat in Zukunft auf der Verpackung auszuweisen. Gegen diese Entscheidung zog das Unternehmen, laut anonymisierten Gerichtsunterlagen die „A G GmbH & Co KG in B“, vor das Landesverwaltungsgericht, das seine Beschwerde jedoch auf Basis eines Sachverständigengutachtens abwies. Der Getränkeproduzent hatte argumentiert, es handle sich bei dem Stoff um keinen Lebensmittelzusatzstoff im Sinne des EU-Rechts. „Der für die Keimreduktion zugelassene Zusatzstoff DMDC werde innerhalb weniger Stunden nach der Zugabe in seine Reaktionsprodukte umgewandelt und bleibe in Form von Nebenprodukten im Getränk erhalten. Die bedeutendsten Reaktionsprodukte seien Methanol und Kohlenstoffdioxid.“
Das Dimethyldicarbonat müsse nicht als Zusatzstoff erwähnt werden, da es „im Endprodukt keine technologische Wirkung mehr ausübt“. Es sei vielmehr ein Hilfsstoff, so die Anwälte des Erzeugers. Die Behörde war jedoch der Ansicht, dass die längere Haltbarkeit des gespritzten Johannisbeersafts sehr wohl als technologische Wirkung anzusehen sei, die die verpflichtende Auflistung als Lebensmittelzusatzstoff begründe.

Revision zu knapp

Das Landesverwaltungsgericht gab in seiner Entscheidung zwar der Lebensmittelbehörde recht, ließ zur abschließenden Klärung aber eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof (VwGH) in Wien zu. Die Anwälte des Herstellers wandten sich in der Folge auch tatsächlich an das Höchstgericht. Die Lösung der Frage sei für die „gesamte Lebensmittelindustrie“ von Bedeutung, hieß es. Ziel der Anfechtung war es auch, eine Vorlage des Falles an den Europäischen Gerichtshof (EuGH) zu erreichen, damit dieser die Abgrenzung zwischen Hilfs- und Zusatzstoffen abschließend klären könnte.

Landesverwaltungsgericht (LVwG) <span class="copyright">Klaus Hartinger</span>
Landesverwaltungsgericht (LVwG) Klaus Hartinger

Der VwGH wies nun aber auch die Revision zurück. In seinem Erkenntnis hielt er fest, dass er die Rechtsfrage dem ­EuGH zwar hätte vorlegen können, die dafür notwendige Konkretisierung durch die Anwälte aber gefehlt habe. Auch sonst habe es sich um eine Revision mit „knappen“ Ausführungen gehandelt, so die Höchstrichter etwas schnippisch. Die Anwälte hätten „der Sache nach lediglich Revisionsgründe“ aufgeführt, also erklärt, warum ihr Antrag zulässig war, ohne ihn ausreichend inhaltlich zu begründen. Dass es „in diesem Fall relevante Fragen der Abgrenzung zwischen einem kennzeichnungspflichtigen Zusatzstoff und einem nicht kennzeichnungspflichtigen Verarbeitungshilfsstoff“ gebe, sei keine ausreichende Begründung, so der VwGH. Der Zusatzstoff muss also ausgeweisen werden.