Wenn Väter mit den Kindern zu Kindern werden

Väter wollen Zeit mit den Kindern verbringen. Gender-Pay-Gap und traditionelle Rollen stehen dem meist im Weg. Ein Projekt soll das ändern.
Dass im Mai Muttertag ist, ist meist schwer zu übersehen. Geschäfte und Floristen preisen Geschenke an, die Kinder basteln im Kindergarten, und Restaurants werben damit. Der heutige Vatertag in Österreich kann da schon leichter in der Hektik des Alltags untergehen. Hierzu hat Pascal Sickl vom Familienverband etwa beobachtet, dass auf seinem Stehkalender nur der Muttertag, jedoch nicht der Vatertag vom Hersteller gekennzeichnet wurde.

Für ihn persönlich hatte der Vater eine große Bedeutung. Generell sei eine männliche Bezugsperson für junge Burschen wichtig, erklärt er. Von seinem Vater konnte er mitnehmen, immer er selbst zu sein und das zu machen, was er für wichtig hält. Damit ist Sickl sicherlich nicht alleine. Am Vatertag ging es für ihn meist auf Ausflüge, wie etwa mit dem Rad am Bodensee entlang. Mittlerweile ist Sickl erwachsen, und aus Radtouren wurden Besuche bei seinem Papa an diesem Tag. Das ist jedoch nicht bei allen gang und gäbe. Der Vatertag werde immer noch nicht in einem derartigen Ausmaß gefeiert wie der Muttertag, schildert er seine Beobachtung.

Klettern und Mangosorbet
Der Vatertag werde in der öffentlichen Wahrnehmung jedoch immer präsenter. Dass Väter zudem in den Familien sichtbarer und aktiver werden, will Sickl als Projektbetreuer mit „Vater sein!“ fördern. Mit dem 2017 ins Leben gerufenen Projekt will sich der Familienverband für Gleichberechtigung von Mamas und Papas einsetzen. Im Rahmen von „Vater sein!“ gehen Väter mit ihren Kindern klettern oder zum Bogenschießen, sprühen mit Graffiti ein Kunstwerk oder kochen bei Kursen Karottensuppe, Schokomousse und Mangosorbet. Das sind Tätigkeiten, die laut Sickl „Männer selbst wieder zu Kindern werden lassen“. Bereits 3000 Kinder und 1800 Väter haben bei den über 140 Veranstaltungen teilgenommen. Manche kommen regelmäßig. Die Events geben Vätern die Möglichkeit, mehr Zeit mit ihren Kindern zu verbringen. So können sie womöglich realisieren, wie schön und wertvoll gemeinsame Zeit ist. Das kann einen Denkanstoß geben, vielleicht zukünftig mehr mit den Mädchen und Buben zu unternehmen.

Aktive Väter fördern Entwicklung
Aktive Vaterrollen sind nämlich in ihrer Bedeutung für das Kind nicht zu unterschätzen. Denn beide Geschlechter haben laut Sickl positive Auswirkungen auf die Entwicklung der Kinder. „Es braucht von beiden Geschlechtern Einflüsse“, so der studierte Politikwissenschaftler. Denn Männer und Frauen seien verschieden und hätten diverse Ansätze, begründet er dies. Bei den „Vater sein“-Veranstaltungen dreht es sich jedoch ausnahmsweise nur mal um die Väter und ihre Kinder. Auch für die Coaches heißt es: Men only.
Für Mütter bleiben die Türen geschlossen. Durch die Aktivitäten bekommen die Männer die Möglichkeit, sich über Themen auszutauschen, die sie gerade im Zusammenhang mit der Erziehung und dem Familienleben beschäftigen. Diese seien jedoch keinesfalls stereotyp, wie man es womöglich erwarten würde, betont der 29-Jährige. Stattdessen drehen sich die Gespräche um Herausforderungen im Alltag der Kinder. Dann fragen die Papas einander um ihre Lösung und Meinung. Etwa wenn die Entscheidung Mittelschule oder Gymnasium ansteht.
“Was tut sich bei deinem Kind?
Der Familienverband hat hierfür gezielt actionreiche Aktivitäten und keine ruhige Gesprächsrunden ausgewählt. Denn Männer würden leichter durch das Tun unbewusst in Gespräche kommen und weniger gezielt derartige Themen besprechen, so der Projektbetreuer. Neben der Zeit mit den Kindern sollen die Veranstaltungen auch Väter untereinander zusammenbringen. Diese kommen womöglich nicht so häufig wie Mütter in Kontakt mit anderen Eltern, weil sie vor allem die Rolle des Ernährers innehaben.

Doch dass Männer vermehrt die Rolle des Versorgers einnehmen, hat seinen Ursprung keinesfalls in deren Desinteresse. Grundsätzlich wäre das Bedürfnis der Papas nach mehr Vater-Kind-Zeit schon da. Laut dem Familienbericht des Bundeskanzleramts wollen 60 Prozent der Männer mehr Zeit mit den Kindern verbringen, doch nur elf Prozent gehen in Karenz. „Junge moderne Väter wollen sich mehr beteiligen. Doch die finanzielle Sicherheit steht darüber“, so Sickl. Als Hauptgrund sieht Sickl den Gender-Pay-Gap, also die unterschiedliche Bezahlung. „Es ist traurig, dass Männer im Jahr 2023 mehr verdienen als Frauen“, kritisiert der 29-Jährige. Hier sei die Politik gefordert. Gerade in Zeiten der Teuerung kann es sich eine Familie nicht leisten, auf den besseren Gehalt zu verzichten. Dies führt dazu, dass vermehrt Frauen die Karenz in Anspruch nehmen.
Durch die geringe Anzahl an karenzierten Männern oder nur sehr kurzen Karenzteilen fehlen Vorbilder, Akzeptanz und Toleranz in den Unternehmen von karenzierten Mitarbeitern.Doch dass Männer vermehrt die Rolle des Versorgers einnehmen, hat seinen Ursprung keinesfalls in deren Desinteresse. Grundsätzlich wäre das Bedürfnis der Papas nach mehr Vater-Kind-Zeit schon da. Laut dem Familienbericht des Bundeskanzleramts wollen 60 Prozent der Männer mehr Zeit mit den Kindern verbringen, doch nur elf Prozent gehen in Karenz. „Junge moderne Väter wollen sich mehr beteiligen. Doch die finanzielle Sicherheit steht darüber“, so Sickl. Als Hauptgrund sieht Sickl den Gender-Pay-Gap, also die unterschiedliche Bezahlung. „Es ist traurig, dass Männer im Jahr 2023 mehr verdienen als Frauen“, kritisiert der 29-Jährige. Hier sei die Politik gefordert. Gerade in Zeiten der Teuerung kann es sich eine Familie nicht leisten, auf den besseren Gehalt zu verzichten. Dies führt dazu, dass vermehrt Frauen die Karenz in Anspruch nehmen. Durch die geringe Anzahl an karenzierten Männern oder nur sehr kurzen Karenzteilen fehlen Vorbilder, Akzeptanz und Toleranz in den Unternehmen von karenzierten Mitarbeitern.
Papa ist da
Das führt dazu, dass Mütter oft mehr Zeit mit den Kindern verbringen. Bei den „Vater sein!“-Veranstaltungen soll diese gemeinsame Zeit erlebt werden, die sonst zu kurz kommt. Das birgt auch Potenzial, den Familienalltag positiv zu beeinflussen. Wie etwa, wenn sich womöglich eingeschlichen hat, dass Kinder mit Problemen zumeist die Hilfe der Mama suchen, wendet sich dort das Blatt. Dann können die Kinder mit dem aufgeschlagenen Knie nicht nur zur Mama eilen, sondern erleben mal, dass auch der Papa trösten kann und für sie da ist.