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Erne: Ärger über Corona-Unterstützungen

27.06.2023 • 23:00 Uhr / 5 Minuten Lesezeit
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Verantwortliche von Erne Fittings in Schlins über die aktuelle Geschäftsentwicklung.

Erne Fittings mit Stammsitz in Schlins hat vor wenigen Monaten erstmals vom TÜV zertifizierte Rohrverbindungen für den Bau von Wasserstoff-Pipelines oder anderwärtigen damit gefüllten Rohren auf den Markt gebracht. Derart zertifizierte H2-ready Rohrverbindungen (Fittinge) sind in fast allen Fällen die zentrale Voraussetzung dafür, dass die Fittinge in Bereichen zum Einsatz kommen dürfen, wo höchste Sicherheitsstandards gelten.

Genau geprüft

CEO Matthias Kaufmann erklärte im Gespräch, dass Erne Fittings mit den vom TÜV geprüften H2-Fittingen weltweit eine Führungsrolle einnehme. Die Fittinge seien deutlich diffusionsärmer als „herkömmliche“ Fittinge, da ansonsten der Verlustanteil beim Transport zu hoch wäre. Der TÜV habe dabei den gesamten Produktionsprozess samt Qualitätsmanagement geprüft und dem Unternehmen „ein tiefes Verständnis für die Wasserstoff-Thematik“ attestiert. In den H2-ready Fittingen könne man nicht nur Wasserstoff, sondern etwa auch Erdöl und Erdgas transportieren.

CEO Matthias Kaufmann (links) und Verkaufsleiter Alexander Heimbeck. <span class="copyright">Erne Fittings/Michael Kemter</span>
CEO Matthias Kaufmann (links) und Verkaufsleiter Alexander Heimbeck. Erne Fittings/Michael Kemter

Für steigende Nachfrage gerüstet. Bislang habe man die neuen Produkte, die eine mehrjährige Entwicklungszeit hatten, noch nicht an einen Projektbetreiber verkauft. Dafür sei die Wasserstoff-Thematik auch noch zu jung, so Kaufmann. Erne Fittings sei jedoch dafür gerüstet, wenn die Nachfrage steige. „Wir rechnen damit, dass dies erst in drei bis fünf Jahren der Fall sein wird. Man baut in der Regel nicht innerhalb von wenigen Monaten eine Pipeline, schon gar nicht in Europa.“ Er rechne damit, dass Öl und Gas noch sehr lange nicht zu größeren Teilen durch Wasserstoff ersetzt werden.

Premium-Hersteller

Erne Fittings ist auf die Entwicklung und Produktion von Fittingen spezialisiert, die zumeist in hochsensiblen Bereichen wie in Öl- und Gas-Pipelines oder in Atomkraftwerken sowie in Fernwärmenetzen zum Einsatz kommen. „Wir sind als Premium-Hersteller ausschließlich in jenen Bereichen tätig, wo die Produkte eine Zulassung oder eine externe Prüfung benötigen. Das ist die zentrale Daseinsberechtigung von Erne Fittings, da diese Teile viel Geld kosten“, so Kaufmann. Denn über den Preis müsse man in Europa keine Fittinge mehr verkaufen. Kunden wie Shell oder insbesondere Saudi Aramco hätten intern höchste Qualitätsansprüche, die man erfüllen müsse. „Wir haben eine Reklamationsquote von nur 0,1 Prozent und dabei geht es zumeist um die Liefermenge.“

Daten und Fakten

Erne Fittings beschäftigt an den Standorten Schlins, Mürzzuschlag und al-Dschubail (Saudi Arabien) rund 350 Personen. Gut die Hälfte der gesamten Belegschaft arbeitet in Schlins. Gegründet wurde das Unternehmen 1920 von Josef Erne.

Angesprochen auf die aktuelle Entwicklung sagte Kaufmann, dass das Geschäft in „Middle East“ derzeit „ganz ordentlich“ laufe. Nach der Corona-Pause hätten dort viele Kunden großen Nachholbedarf bei Investitionen. „Der dortige Markt ist derzeit für uns eine wichtige wirtschaftliche Stütze.“ In den USA trübe sich das Investitionsklima nach einem guten ersten Halbjahrt etwas ein. In Europa, wo die Energiewende permanent auf der tagespolitischen Agenda zu stehen scheine, sehe die Realität anders aus. „Wir sehen einen Nachfragerückgang von bis zu 40 Prozent. Viele Infrastrukturprojekte, dazu gehören auch Fernwärmeleitungen, werden nicht umgesetzt, weil offenbar die EU-Förderungen noch fehlen.“ Dazu kämen Rezessionsängste und die hohe Inflation.

Corona-Zahlungen

Verärgert zeigt sich Kaufmann über die schleppende Abwicklung von finanziellen Unterstützungen, die Erne Fittings aufgrund der Folgen der Bekämpfung der Corona-Pandemie zustehen würden. So warte das Unternehmen seit zwei Jahren auf den Verlustersatz in Höhe von 2,3 Millionen Euro. Dazu kämen noch einmal 400.000 Euro aus dem Energiekostenzuschuss, auf den man seit November 2022 warte. „Wenn man bedenkt, dass sich die Rohrpreise in den vergangenen Monaten verdoppelt und die Energiepreise für uns vervierfacht haben, dann zeigt dies, mit welchen Herausforderungen wir konfrontiert sind.“ Dass die öffentliche Hand in so einer Situation zugesagte Mittel in solchen Dimensionen nicht ausbezahle, könne er nicht mehr nachvollziehen.

Von Günther Bitschnau/wpa