Meloni fordert Marine-Einsatz gegen Migrationsströme

Die italienische Ministerpräsidentin fordert Unterstützung seitens der Europäischen Union, um Migranten von der Überquerung des Mittelmeeres abzuhalten. 10.000 Personen erreichten diese Woche Lampedusa. Von der Leyen reist nach Italien.
Nach der Ankunft Tausender Migranten auf der Mittelmeerinsel Lampedusa will EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen noch an diesem Samstag nach Italien reisen. In Rom treffe sie zunächst Regierungschefin Giorgia Meloni, sagte ein Sprecher von der Leyens am Vormittag am Rande einer Veranstaltung in Hanau. Meloni und von der Leyen wollten dann zusammen Lampedusa besuchen, sagte der Sprecher. Wann genau der Besuch der Insel an diesem Wochenende geplant ist, war unklar.
Meloni hatte von der Leyen am Freitag eingeladen, sich auf Lampedusa ein Bild vom “Ernst der Lage” zu machen, in der sich Italien befinde. Seit Wochenbeginn haben mehrere Tausend Bootsmigranten die kleine Insel zwischen Sizilien und Nordafrika erreicht. Allein am Dienstag kamen mehr als 5.000 Menschen an – so viele wie noch nie an einem einzigen Tag. Zeitweise war das Erstaufnahmelager mit rund 6.800 Menschen maßlos überfüllt. Wegen der Nähe zur tunesischen Küstenstadt Sfax gehört Lampedusa seit Jahren zu den Brennpunkten der Migration nach Europa. Der Stadtrat der Insel rief am Mittwoch angesichts der zugespitzten Lage den Notstand aus
Giorgia Meloni hat am Freitag die Europäische Union aufgerufen, entschlossen zu handeln, “notfalls mit einem Marineeinsatz”, um Migrantinnen und Migranten daran zu hindern, das Mittelmeer von Nordafrika aus in Richtung Italien zu überqueren. Meloni veröffentlichte eine Videobotschaft in den sozialen Medien, in der sie ein hartes Vorgehen als Reaktion auf den Anstieg der Migrantenankünfte in dieser Woche versprach.
Baby starb nach Geburt auf Migrantenboot

Auf Lampedusa landen weiterhin Migranten, allerdings nicht so viele wie in den vergangenen Tagen. Drei Boote mit insgesamt 121 Menschen an Bord, die von der tunesischen Küste abgefahren sind, erreichten am Samstagfrüh die Insel. An Bord befanden sich 14 Frauen. Am Freitag waren 527 Personen an Bord von 15 Booten eingetroffen.
Ein Baby, das während der Überfahrt auf einem Migrantenboot geboren wurde, starb kurz nachdem es zur Welt kam. Die Mutter des Babys, die während der Überfahrt Wehen bekam, entband mit Hilfe einiger Mitreisender. Berichten zufolge starb das Baby unmittelbar nach der Geburt. Etwa 40 Migranten befanden sich an Bord des Bootes, das von einem Patrouillenboot der Hafenbehörde gerettet wurde.
EU-Delegation vor Ort
Die Migrationsbewegung, mit der Lampedusa konfrontiert ist, beschäftigt zurzeit auch die EU-Kommission. Eine Delegation der Europäischen Kommission befindet sich in Lampedusa vor Ort, um sich über die Situation zu informieren und die nächsten Schritte festzulegen, hieß es. Die Europäische Kommission hatte am Donnerstag erklärt, in engem Kontakt mit den italienischen Behörden zu stehen. Derzeit seien rund 450 Mitarbeiter der EU-Asylagentur und von Frontex vor Ort im Einsatz. Auch finanziell werde Italien mit 14 Millionen Euro Nothilfe unterstützt.
Außenminister Antonio Tajani forderte die Wiederbelebung der EU-Marinemission “Operation Sophia”, da die Zahl der aus Nordafrika in Italien ankommenden Migrantinnen und Migranten stark gestiegen ist. “Wenn das Problem nicht an der Wurzel gelöst wird, werden wir Wellen von Migranten, die wir nicht aufnehmen können, zunehmen. Europa könnte über eine neue Operation Sofia nachdenken, die in ihren verschiedenen Aktionsstufen auch ein entschlossenes Vorgehen gegen irreguläre Migranten beinhaltet, um das Problem mit Entschlossenheit anzugehen”, so Tajani laut Medienangaben.
Notstand auf Lampedusa
Das gute Wetter der vergangenen Tage führte dazu, dass sich mehr Menschen als gewöhnlich von Nordafrika aus in Booten über das Mittelmeer auf den Weg machten. Nach Angaben des Innenministeriums in Rom kamen allein am Dienstag mehr als 5.000 Migrantinnen und Migranten in Italien an. Die meisten von ihnen wurden von der Küstenwache aufgegriffen und nach Lampedusa gebracht. Das dortige Aufnahmezentrum ist für weniger als 400 Menschen ausgelegt. Männer, Frauen und Kinder mussten rund um das Lager die Nächte unter freiem Himmel verbringen. Am Mittwoch wurde deswegen der Notstand ausgerufen.
Europaministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) betonte, dass die “dramatischen Bilder aus Lampedusa” einmal mehr zeigten, “dass das derzeitige europäische Migrationssystem gescheitert ist. Viel zu lange hat die Europäische Union zugesehen.” Sie forderte grundlegende Reformen. “Europa muss wieder Herr über seine Grenzen werden, Fluchtursachen an der Wurzel bekämpfen und schnelle Asylverfahren an den EU-Außengrenzen etablieren”, erklärte Edstadler am Freitag in einer Stellungnahme gegenüber der APA. Aus dem österreichischen Innenministerium hieß es am Donnerstag, man stehe mit den italienischen Behörden in Kontakt. Zugleich würde die Überwachung auf dem Brenner intensiviert.