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Zum Auftakt gleich ein dicker Brocken

17.09.2023 • 13:36 Uhr / 6 Minuten Lesezeit
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Steurer

In gut zweieinhalb Wochen startet der Landtag in den Herbst. Diese Woche tagen die ersten Ausschüsse.

In zweieinhalb Wochen – am 4. Oktober – tagt der Vorarl­berger Landtag erstmals nach der Sommerpause wieder. Pünktlich zum Auftakt in die zweite Jahreshälfte stehen dabei auch wichtige Gesetzes­initiativen im Bereich der Raumplanung beziehungsweise in Sachen leistbares Wohnen auf dem Programm. So werden das Raumplanungs- und das Baugesetz novelliert. Zudem wird eine gesetzliche Möglichkeit für die Gemeinden zur Einhebung einer Leerstandsabgabe geschaffen. Bereits in der kommenden Woche werden die Gesetzesinitiativen im Rechtsausschuss des Landtags diskutiert.

Investorenmodelle

Im Raumplanungsgesetz sind gleich mehrere bedeutende Änderungen geplant. So werden beispielsweise die Regelungen bezüglich Ferienwohnungen verschärft. Auf diese Weise soll die Ausbreitung von sogenannten Investorenmodellen eingedämmt werden. Diese werden dazu genutzt, um gängige Regelungen bezüglich Ferienwohnungen beziehungsweise Zweitwohnsitzen zu umgehen. Wohnungen, welche eigentlich Teil eines Beherberungsbetriebs sein sollten, werden dabei privat von den Investoren genutzt und stehen somit oft bis auf wenige Wochen im Jahr leer.

Auch die Wirtschaftskammer äußerte sich zu den Gesetzesentwürfen. <span class="copyright">Hartinger</span>
Auch die Wirtschaftskammer äußerte sich zu den Gesetzesentwürfen. Hartinger

Ein zweiter großer Punkt der Gesetzesnovelle sind mehrere Anpassungen, die aufgrund einer Evaluierung der vorherigen Neuregelung der Raumplanung aus dem Jahr 2019 vorgenommen worden ist. Diese Überprüfung war auch Teil des schwarz-grünen Regierungsprogramms und wurde im Frühjahr 2021 mit zahlreichen Stakeholdern gemeinsam gestartet. Weiters werden der Klimaschutz und der „Schutz der Siedlungsgebiete vor den nachteiligen Auswirkungen des Klimawandels“ als Raumplanungsziele im Gesetz festgeschrieben. In Sachen leistbares Wohnen wird die Möglichkeit geschaffen, künftig auch Vorbehaltsflächen für die Errichtung von förderbarem Wohnbau zu widmen. Auf diese Weise soll das Angebot an leistbarem Wohnraum erhöht werden.

Fotovoltaik

Nicht zuletzt werden neue Regelungen für Einkaufszentren getroffen. So können diese künftig nur noch errichtet werden, wenn auch eine Fotovoltaikanlage eingeplant wird. Ausnahmen gibt es nur, wenn eine solche Anlage aus technischen Gründen nicht eingerichtet werden kann oder die Sonneneinstrahlung am Standort zu gering ist. Ebenso gilt künftig für alle Einkaufszentren, dass mindestens zwei Drittel der Parkplätze in Garagen oder auf Gebäuden untergebracht sein müssen. Bisher hatten diese Regelungen nur für Einrichtungen mit mehr als 900 Quadratmetern Verkaufsfläche gegolten.

Gemeinden am Zug

Bei der Leerstandsabgabe haben sich die Verantwortlichen der Koalition an Regelungen in anderen Bundesländern wie etwa Tirol oder Salzburg orientiert, heißt es in der Vorlage zum entsprechenden Sammelgesetz. Dementsprechend wird die bestehende Zweitwohnsitzabgabe ausgeweitet. Denn diese galt bisher nur für Ferienwohnungen. Nun sollen auch leerstehende oder unbewohnte Immobilien erfasst werden. Die Gemeinden sollen dabei selbst entscheiden können, ob sie die Abgabe einheben und wie hoch diese sein soll. Im Gesetz wird lediglich ein Höchstwert vorgegeben, der nicht überschritten werden darf.

Druck auf Eigentümerinnen und Eigentümer

Durch die Obergrenze soll verhindert werden, dass die Regelung verfassungswidrig ist. Denn der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat bereits in den 1980ern eine Regelung für eine Leerstandsabgabe in Wien aufgehoben. Diese war derart hoch angesetzt, dass ein zu hoher Druck auf die Eigentümerinnen und Eigentümer ausgeübt wurde, ihre Wohnung zu vermieten. Eine derartige Lenkung falle jedoch nicht in die Kompetenz der Länder, argumentierte der VfGH damals. Daher sei die Regelung auch verfassungswidrig. In Vorarlberg sei dies bei der geplanten Abgabe jedoch nicht der Fall, heißt es von den Verantwortlichen des Landes. Denn es gehe vornehmlich darum, die Belastungen für die Gemeinden aufgrund der leerstehenden Wohnungen abzugelten. Natürlich solle aber auch – quasi als Nebeneffekt – ein gewisser Anreiz geschaffen werden, um diese zu vermieten.

Kritische Kammer

Die Rückmeldungen von Institutionen, Interessenvertretungen oder auch Privatpersonen in der Begutachtungsphase für die geplanten Gesetzesänderungen sind durchaus gemischt ausgefallen. Vor allem die Verantwortlichen der Wirtschaftskammer zeigten sich gegenüber einigen Änderungen kritisch. So halten sie beispielsweise die Verankerung des Klimaschutzes im Raumplanungsgesetz für „deplatziert“. Es stelle sich die Frage, inwieweit Land und Gemeinden in der Raumplanung überhaupt einen relevanten Beitrag zum Klimaschutz beitragen könnten. Die Aussagen brachten den Wirtschaftsvertretern dann auch Kritik seitens der „Fridays for Future“-Bewegung ein.

Die Kammer betreibe „Klimaleugnung vom Feinsten“, lautete der Vorwurf. Doch der Klimaschutz im Raumplanungsgesetz war nicht der einzige Kritikpunkt der Wirtschaftsvertreter. Sie bemängelten bei der Leerstandsabgabe, dass diese ihren Zweck verfehle und eher wie eine zusätzliche Einnahmequelle für die Gemeinden wirke. Zielführender sei es, die Ursachen genauer zu untersuchen, warum Wohnungen nicht vermietet werden.

"Fridays for Future" äußerte deutliche Kritik an der Sichtweise der Wirtschaftskammer. <span class="copyright">Steurer</span>
"Fridays for Future" äußerte deutliche Kritik an der Sichtweise der Wirtschaftskammer. Steurer

Deutlich positiver bewerteten die Vertreter der Initiative „vau|hoch|drei“ die Gesetzesentwürfe. Sie begrüßten beispielsweise die Verankerung des Klimaschutzes in den Raumplanungszielen. Unterstützt wird auch die Einführung einer Leerstandsabgabe. Zugleich plädierten die Verantwortlichen der Initiative dafür, sich bei den laufenden Gesprächen zwischen Ländern und Bund zum Finanzausgleich für eine Regelung einzusetzen, die eine höhere Abgabe ermöglicht. Nicht zuletzt weisen sie auch darauf hin, dass es noch tiefgreiferende Änderungen bei der Raumplanung und beim Grundverkehr geben muss, um die derzeitige Schieflage bei der Streuung des Eigentums zu beseitigen.

Einige der Argumente aus den Begutachtungsverfahren werden wohl auch in der Debatte im Landtag diskutiert werden. Am kommenden Mittwoch gibt es jedoch für die Parteienvertreter erst einmal hinter verschlossenen Türen im Rechtsausschuss die Möglichkeit, sich über die Materie auszutauschen.