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Hainetze als tödliche Fallen

18.09.2023 • 13:02 Uhr / 5 Minuten Lesezeit
Anti-Hainetz-Aktivisten am Strand von Byron Bay, Australien
Anti-Hainetz-Aktivisten am Strand von Byron Bay, Australien Imago/AAP

Hainetze kosten an den Stränden in und um Sydney zahlreiche andere Tiere wie Delfine oder Robben das Leben.

Auf einem Bild liegt ein Delfin tot auf dem Deck eines Bootes, aus seinem Maul strömt Blut. Auf einem anderen Foto ist zu sehen, wie ein Netz in die Haut einer Robbe einschneidet, während ihr Körper aus dem Meer gezogen wird. Die Tiere starben allesamt qualvoll, nachdem sie sich in eines der Hainetze verwickelt hatten, die in und um Sydney die Strände für Menschen sicherer machen sollen.

Mehr als die Hälfte der Tiere stirbt im Netz

Die Bilder stammen von Tieren, die im letzten Sommer an der australischen Ostküste starben. Die Tiere verendeten zwischen September 2022 und April dieses Jahres. Insgesamt hatten sich 228 Meereslebewesen in den Netzen verheddert. Darunter waren 24 Weiße Haie und Tigerhaie, für die die Netze gedacht waren, sowie 204 andere Meerestiere. Mehr als die Hälfte aller gefangenen Tiere starb durch die Verhedderung.

Die Fotos der toten Tiere wurden von der zuständigen Behörde gesammelt, die sich trotz der traumatischen Vorfälle und etlicher warnender Stimmen erneut dafür entschieden hat, die Netze auch in der anstehenden Sommersaison auf der Südhalbkugel wieder aufzubauen. Bereits Anfang September sind sie an 51 Stränden zwischen Newcastle und Wollongong, beides kleinere Städte nördlich und südlich von Sydney, eingerichtet worden.

Die Behörde – das Department of Primary Industries im Bundesstaat New South Wales – hat die Bilder selbst nicht veröffentlicht. Ein Naturschützer konnte sie jedoch im Rahmen des Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetzes erlangen. Das Hainetz-Programm agiere “hinter einem Schleier der Geheimhaltung”, sagte Andre Borell von der Envoy Foundation. In seinen Augen will die Behörde “einer genauen Prüfung entgehen”, um das Programm nicht abschalten zu müssen. Deswegen hätten er und seine Kollegen den Weg über das Informationszugangsgesetz gewählt, um das Ganze “ins Rampenlicht zu rücken”.

Moderne Technologien für “richtiges Gleichgewicht”

Ein Sprecher des Department of Primary Industries antwortete auf eine Anfrage, dass man versuche, “das richtige Gleichgewicht” zwischen dem Schutz für Strandbesucher und der gleichzeitigen Minimierung von Schäden für Haie und andere Wildtiere zu erzielen. In der kommenden Sommer-Badesaison würden nicht nur traditionelle Methoden wie die Hainetze, sondern auch moderne Technologien entlang der Küste zum Einsatz kommen.

Neben den Netzen an 51 Stränden seien 305 “Smart-Drumlines” – eine Art Köderhaken, der meldet, sobald ein Tier gefangen wurde – sowie 37 Hai-Horchstationen installiert. An 50 Stränden werden Überwachungsdrohnen patrouillieren.

Beitrag zur “Biodiversitätskrise”

Viele Kritiker, darunter auch Borell, sagen, dass die Hainetze, die bereits seit 1937 im Einsatz sind, veraltet seien, und den Schwimmern nur ein falsches Sicherheitsgefühl vermittelten. Denn die Netze versperren Haien an den Meeresstränden nicht komplett den Zugang in Richtung Strand, sondern sind mehr wie Barrieren im Meer. Die Tiere sollen quasi vorher von den Netzen “abgefangen” werden. Die Stiftung Meeresschutz betont, dass sie “zur Biodiversitätskrise an betroffenen Küstenabschnitten beitragen” würden. Neben bedrohten Delfinarten würden auch Meeresschildkröten und Rochen sterben.

Laut der Organisation sind aber auch die Drumlines “ein zweischneidiges Schwert”, obwohl sie die Delfinbeifangrate in Australien gesenkt hätten. “Doch locken die Köder gerade die Tiere an die Küste, die man hier nicht haben will: Haie.” Und diese würden am Köderhaken einen langsamen Tod sterben, wenn sie nicht rechtzeitig befreit würden. Viele Umweltschützer plädieren daher eher für den Einsatz von “Elektrozäunen”. Dies sind am Meeresgrund verankerte Elektrokabel, die unter schwachem Strom stehen und bis an die Wasseroberfläche reichen. Sie schrecken die elektrosensiblen Haie ab.

Haiangriffe kein großes Problem

Insgesamt stellen Haiangriffe kein großes Problem in Australien dar. Doch je mehr Menschen sich im Wasser befinden – zum Schwimmen, Surfen oder für anderen Wassersport –, umso größer wird die Wahrscheinlichkeit eines Angriffs.