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Dominik Lammer kämpft für fairen Kollektivvertrag – Notfalls bis zum Streik

23.10.2023 • 18:29 Uhr / 6 Minuten Lesezeit
Dominik Lammer, Mitarbeiter der Firma Grass, setzt sich für eine Erhöhung des Kollektivvertrags ein. <span class="copyright">Schad</span>
Dominik Lammer, Mitarbeiter der Firma Grass, setzt sich für eine Erhöhung des Kollektivvertrags ein. Schad

In Österreich wehren sich die Gewerkschaften gegen zu niedrige Angebote in den Metallverhandlungen. So auch bei Grass.

“Ich lasse mich nicht von Leuten über den Tisch ziehen, die einen so hohen Bonus haben, wie ich nicht mal in einem Monat Geld verdiene”, sagt Dominik Lammer, Mitarbeiter bei der Firma Grass. Gemeinsam mit vielen anderen hundert Menschen hat er an einer von der Gewerkschaft Pro-GE (Produktionsgewerkschaft) ausgerufenen Betriebsversammlung im Unternehmen teilgenommen. Sie war eine von österreichweit 80 Veranstaltungen, die in diesen Tagen stattfinden.

In Vorarlberg werden in rund 15 Betrieben Versammlungen abgehalten. Dabei werden die Beschäftigten über weitere gewerkschaftliche Maßnahmen abstimmen, um den Druck auf die Arbeitgeber im Hinblick auf eine Einigung über die Erhöhung des Kollektivvertrags zu erhöhen, heißt es von Seite der Gewerkschaft.

“Man nimmt uns damit den Halt”

Lammer weiß seine Situation zu schätzen: “Wenn ich heim komme, kann ich meine Rechnungen bezahlen, ich kann mir zweimal täglich etwas zu Essen kaufen.” Anderen im Unternehmen geht es nicht so, wie Wolfgang Fritz, Landesvorsitzender von Pro-GE später berichten wird. Dennoch meint Lammer, “wenn ich mich dann aber nur noch hinsetzen kann und darauf warte, zu sterben, dafür gehe ich nicht arbeiten.” Er arbeite und gehe Geld verdienen, um sich eine Zukunft aufzubauen, Kinder groß zu ziehen, vielleicht einmal ein Haus zu kaufen.

Aber all diese Chancen würden ihm nun genommen. “Wenn man die Möglichkeit hat, uns durch eine Erhöhung des Kollektivvertrags einen Halt zu geben, dann finde ich 2,5 Prozent eine Unverschämtheit.” Das bewirke gar das Gegenteil, man nehme ihnen den Halt – schließlich beträgt die Inflation fast 10 Prozent.

Wolfgang Fritz, Landesvorsitzender von Pro-GE. <span class="copyright">Schad</span>
Wolfgang Fritz, Landesvorsitzender von Pro-GE. Schad

Wolfgang Fritz berichtet von einem Grass Mitarbeiter, der in Kürze ein Baby erwartet. “Vollkommen aufgelöst hat er sich mir anvertraut und zugegeben, dass er nicht weiß, wie er sein Kind finanzieren soll.” Damit sei er kein Einzelfall. Viele Mitarbeiter der Firma nehmen Zweit-, gar Drittjobs an, um irgendwie über die Runden zu kommen. Das, findet Fritz, sollte den Arbeitgebern zu denken geben.

“Dass viele Angestellte nach Lindau fahren, um dort einzukaufen, weil es hierzulande unbezahlbar geworden ist, ist die eine Sache. Dass Mitarbeiter aber trotz vieler Stunden Arbeit ihre Rechnungen nicht bezahlen können, kann nicht sein”, ärgert sich der Gewerkschafter.

Nach der Betriebsversammlung sind viele entschlossen, zu kämpfen. <span class="copyright">Schad</span>
Nach der Betriebsversammlung sind viele entschlossen, zu kämpfen. Schad

Auer ist erbost

Auch die Vizepräsidentin der Arbeiterkammer Vorarlberg war vor Ort. „Als ÖGB unterstützen wir natürlich die Betriebsversammlungen“, begründet sie ihren Besuch. Sie findet das Angebot der Arbeitgeberseite diffamierend. Die Verhandlungen der neuen Anpassungen des Kollektivvertrages fänden immer zum Jahresabschluss statt. Zu diesem Zeitpunkt stehen sowohl die Jahresergebnisse der Unternehmen statt, als auch der durchschnittliche Inflationswert. „Die Inflation lag bei 9,6 Prozent, dann sind 2,5 Prozent kein faires Angebot.“

Manuela Auer unterstützt die Gewerkschafter. <span class="copyright">Schad</span>
Manuela Auer unterstützt die Gewerkschafter. Schad

Eine andere Sache findet Auer aber „ganz perfide“: Die Argumentation beruhe auf Zahlungen, die vom Staat an die Arbeitnehmer geflossen sind – etwa ein Klimabonus, kalte Progression. „Sie rechnen aber nicht mit ein, dass die Körperschaftssteuer für die Arbeitgeber gesenkt wurde“, ärgert sich Auer. Bislang habe man immer fair zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber verhandelt. Nun, erstmalig, berücksichtige man auch die Entlastungsmaßnahmen des Staates. Diese allerdings nur einseitig.

Notfalls bis zum Streik

Die Mitarbeiter kämpfen für mehr Geld. <span class="copyright">Schad</span>
Die Mitarbeiter kämpfen für mehr Geld. Schad

Um den Arbeitnehmern entgegenzukommen, hat die Arbeitgeberseite jetzt eine Einmalzahlung angeboten. Darüber ärgert sich Dominik Lammer ebenso sehr wie über die 2,5 Prozent. „Eine Einmalzahlung ist, wie der Name es bereits verrät, eine einmalige Sache. Die bringt mir für meine Rente nichts, die bringt mir bei der nächsten Grundverhandlung nichts.“ Er ist entschlossen und kämpft für die Erhöhung. Bis vor kurzem sei er mit 10,5 Prozent einverstanden gewesen, nun aber findet er, wegen der „2,5 Prozent-Watsche“ seien gar 12 Prozent angemessen.

„Und für jedes verneinen eine Erhöhung von weiteren 0,5 Prozent“. Dafür gehe er im Zweifel auch auf die Straße. Und auch Wolfgang Fritz ist entschlossen: “Im schlimmsten Fall steht hier bis Weihnachten alles still. Da werden die Arbeitgeber dann schon eingreifen”, ist er sich sicher. Am 2. November findet die nächste Verhandlungsrunde statt. Dort sei das klare Ziel, eine Einigung zu erzielen. Ein Warnstreik sei nicht das Mittel der Wahl, wenn aber nötig, ein sinnvolles Werkzeug. Folgt dann keine Einigung, seien gemeinsame Warnstreiks für den 6. und 7. November geplant, so Fritz.