“Wir brauchen eine Perspektive nach unserer Lehre”

Bei Blum wurde heute gestreikt. Auch die Lehrlinge gingen mit auf die Straße. Für sie ist es ein Kampf um ihre Zukunft in der Branche.
Der Streit um den Tarifabschluss des Metall-Kollektivvertrag (KV) nimmt kein Ende. Nachdem sich die Arbeitnehmer auch am Montagabend nicht mit den Arbeitgebern einigen konnte, fanden am heutigen Mittwoch bei diversen Firmen in Österreich Streiks statt. Auch bei Blum in Bregenz wurde die Arbeit niedergelegt. Wie die Streikführerin Jessica Lutz vor Ort erklärte, habe man sich bewusst für den Standort in Bregenz entschieden. “Wir haben die heutige Arbeitsniederlegung bewusst im größten Werk in Bregenz gemacht, damit wir auch alle Mitarbeitenden erreichen, Angestellte, wie Produktionsmitarbeitende ebenso wie auch Lehrlinge. Wir setzen damit gemeinsam ein Zeichen für einen ganz starken Kollektivvertragsabschluss.”

Auch Lehrlinge betroffen
“Wir brauchen eine Perspektive nach unserer Lehre”, sagt Julian Fenzel. Sie seien nun mal nicht immer in der Lehre und könnten sich auf die Fixgehälter berufen. Er nimmt gemeinsam mit Desire Engelmann und Lara Hämmerle als Jugendvertrauensrat am Streik teil. Der Jugendvertrauensrat ist ein Gremium, an das sich Lehrlinge bei Sorgen, Nöten und Ängsten wenden können – wie ein Betriebsrat für alle anderen Arbeitnehmer. Neben der Perspektivfrage steht im Rahmenrecht zur Diskussion, dass die Lehrlinge nach der Lehre höher eingestuft werden, sprich gleichwertig mit Absolventen einer HTL. “Das ist unser gutes Recht. Wir werden hier ausgebildet, teilweise vier Jahre lang. Dann sind wir in meinen Augen mindestens genauso viel wert wie ein HTL-Schüler”, so Lara Hämmerle.

Grundsätzlich bekommen Lehrlinge einen Fixbetrag, der bereits bis 2024 verhandelt ist. Eine Erhöhung durch die Erhöhung des KV steht den Lehrlingen daher nicht unmittelbar zu. Dennoch sind sich alle drei einig, dass es einer fairen Bezahlung ihrer Branchen-Kollegen bedürfe.

Die Inflation und die Erhöhung des KV
In Bregenz haben sich viele Mitarbeiter auf dem Vorplatz des Werkes zusammengefunden. Die Stunde der Arbeitsniederlegung wird nicht vom Unternehmen gezahlt. Wer in der Gewerkschaft ist, erhält eine Entschädigung. Alle anderen Mitarbeitenden verzichten auf das Gehalt in dieser Stunde, erklärt Marcel Gilly, Geschäftsführer der Gewerkschaft gpa Vorarlberg. Das weiß auch Blum-Mitarbeiter Fahri Kaya (Name von der Redaktion geändert). Er unterbricht seine Arbeit aus Überzeugung, denn die Erhöhung des KV ist für ihn essenziell, um die Mehrkosten der hohen Inflation bezahlen zu können. “Ich kämpfe für meine Rechte!”, rief er mehrmals fest entschlossen.

Geschäftsführer Philipp Blum wünscht sich baldige Einigung
Der Geschäftsführer von Blum wünscht sich eine baldige Einigung, die zur Zufriedenheit beider Sozialpartner führt. Arbeitsniederlegungen seien nie eine gute Lösung. Die Geschäftsführung stehe im ständigen Austausch mit dem Betriebsrat. “Allerdings ist es uns ein Anliegen, dass die verbale Polarisierung zurückgefahren wird und einem lösungsorientierten Miteinander Platz macht”, so Blum. Ein tragfähiger Kompromiss könne nur im Gespräch und am Verhandlungstisch gefunden werden. Den derzeitigen Verhandlungsstand wolle die Führungsetage medial nicht kommentieren. “Wir vertrauen darauf, dass die Verhandlungsteams sich ihrer Verantwortung bewusst sind und aus der schwierigen Situation das Beste machen.“

Weitere Streiks angedacht
Wie Marcel Gilly klarmachte, sind weitere Arbeitsniederlegungen absolut denkbar. “Wenn es notwendig ist, werden wir das mit noch mehr Mitarbeitern und Betriebsräten organisieren.” Er ist sich sicher, es wird eine Einigung geben. “Welche Zahl am Ende hinter der Einigung steht, steht noch in den Sternen.” Für ihn stehe aber fest, dass die Inflation die Verhandlungen und letztlich das Ergebnis maßgeblich beeinflussen würde. Insbesondere wenn man auf die Abschlüsse anderer Kollektivabschlüsse in den vergangenen Tagen schauen würde, werde deutlich, “in welche Richtung es gehen muss.”

Der Metaller-Kollektivvertrag gilt als maßgeblich auch für andere Branchen. Seine Verhandlungen beeinflussen regelmäßig die Abschlüsse in anderen Branchen. Kritiker vermuten, dass insbesondere deshalb von Arbeitgeberseite die Erhöhung gedrückt wird.