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Wo sich die Probleme mit Klarna verbergen

20.11.2023 • 15:59 Uhr / 8 Minuten Lesezeit
Online-Schulden treiben Betroffene oft zur Verzweiflung. <span class="copyright">SHUTTERSTOCK/C. NASS</span>
Online-Schulden treiben Betroffene oft zur Verzweiflung. SHUTTERSTOCK/C. NASS

Der schwedische Zahlungsdienstleister Klarna steht für unberechtigte Mahnungen und sein Ratenzahlungsmodell in der Kritik.

Onlineshopping ist reizvoll, besonders für junge Menschen. Mittlerweile kann man so gut wie alles kaufen und zu sich nach Hause bestellen, ohne dafür die eigenen vier Wände verlassen zu müssen. Auch die Bezahlung funktioniert spielerisch leicht, entweder man überweist die Kaufsumme sofort, bezahlt später oder nützt Ratenzahlung. Der Zahlungsdienstleister Klarna punktet vor allem durch die letzteren beiden Punkte und ist bei jungen Menschen im Trend. Doch unumstritten ist die App nicht.

Verschiedene Zahlungsarten

Bei zahlreichen namhaften Onlineshops von Händlern wie Ikea oder About You kann via Klarna bezahlt werden. Man kann Rechnungen direkt per Kreditkarte, Lastschrift oder Sofort­überweisung begleichen, Ratenzahlung in Anspruch nehmen oder Zahlungen aufschieben.

Für Letzteres gibt es eine Frist von 30 Tagen, die man gegebenenfalls verlängern kann. Auf ihrer Website nennt Klarna diese Frist „Zahlungsziel“. Sollte dieses Ziel nicht eingehalten werden, schickt das schwedische Unternehmen eine Mahnung samt Mahngebühren und kontaktiert in letzter Instanz ein Inkassobüro.

Kritik an Klarna

Benutzer von Klarna üben Kritik am Zahlungsdienstleister. Lisa Natter vom Konsumentenschutz der Arbeiterkammer berichtet: „Wenn Kunden auf unseriösen Websites Waren bestellen, die gar nicht oder in beschädigtem Zustand ankommen, verlangt Klarna in vielen Fällen trotzdem die Rechnung und in weiterer Folge Mahngebühren.“ Mit solchen Fällen habe man laut der Konsumentenschützerin mehrmals pro Woche zu tun. Betroffen seien dabei aber nicht nur junge Menschen: „Die Nutzer von Klarna, die sich mit Problemen an uns wenden, sind bunt durchmischt.“

Für die AK gestalten sich solche Fälle nicht leicht, denn die Kommunikation mit Klarnas Kundenservice sei oft schwierig. Um eine böse Überraschung bei der Rechnung zu vermeiden, empfiehlt Natter, schon vor der Bestellung bei Onlineshops deren Seriosität genau zu prüfen.

Mögliche Schuldenfalle

Auch die Ratenzahlung von Klarna steht in der Kritik. Fällige Rechnungsbeträge können in sechs, zwölf, 24 oder 36 Monatsraten geteilt und bezahlt werden. Dabei fällt ein monatlicher Sollzinsbetrag von 11,95 Prozent an. Kritiker sehen bei diesem Modell die Gefahr, in einer Schuldenfalle zu landen.

Simone Strehle-Hechenberger, Leiterin der ifs-Schuldenberatung, macht das Problem aber nicht allein an Klarna fest: „Viele unserer Klienten haben Klarna-Schulden. Selten sind dies jedoch die höchsten und einzigen Schulden. Vielmehr zeichnet sich dadurch ein Gesamtbild ab. Die Menschen sind schon am Ende ihrer finanziellen Möglichkeiten und dehnen ihren finanziellen Spielraum mit Klarna aus, da sie dann die Möglichkeit haben, später zu zahlen.“

Simone Strehle-Hechenberger hat oft mit Klienten zu tun, die Schulden bei Klarna haben. <span class="copyright">Privat</span>
Simone Strehle-Hechenberger hat oft mit Klienten zu tun, die Schulden bei Klarna haben. Privat

Das Problem müsse laut der Schuldenberaterin aber auf höherer Ebene gelöst werden: „Das Geschäftskonzept von Klarna lebt davon, dass Menschen zu spät zahlen und Mahngebühren und Zinsen anfallen. Damit ist Klarna nicht alleine, so funktioniert unser Wirtschaftssystem.“ Aus ihrer Sicht sei ein Eingreifen des Gesetzgebers nötig, sodass Klarna und andere Anbieter dieser Art maximal die doppelte Summe des Geschuldeten zurückverlangen dürfen. „Dann wären diese Geschäftsmodelle weit weniger attraktiv anzubieten“, erklärt Strehle-Hechenberger.

Keine Neuheit

Das Thema Ratenzahlung im Allgemeinen ist für die Expertin keine Modeerscheinung: „Auch schon zu Zeiten der Versandhäuser gab es die Möglichkeit, auf Raten zu bestellen. Die Hemmschwelle ist sicher heute geringer, da die Vorgänge meist digital ablaufen und dem Kunden möglichst einfach gemacht werden. Ein paar Klicks, und der Ratenkauf ist vereinbart.“ Auch Strehle-Hechenberger kann nicht bestätigen, dass ausschließlich junge Menschen auf Ratenzahlung zurückgreifen.

Nicht alles ist schlecht

Offensichtlich beschränken sich die Probleme mit Klarna also nicht nur auf Jugendliche. Es wäre allerdings falsch, die App nur negativ zu sehen. Simone Strehle-Hechenberger stellt fest: „Klarna bietet ein Finanzierungsprodukt an, und Menschen, die geschäftsfähig sind, können dieses eingehen.“

Täglich werden laut Angaben des schwedischen Konzerns etwa zwei Millionen Überweisungen mit Klarna getätigt, und vielfach funktioniert die Bezahlung problemlos. Dennoch sollte man im Hinterkopf behalten, welche Probleme mit Klarna auftreten können, und stets einen Überblick über die eigenen Finanzen behalten.

Nur für die Wahre bezahlen, die ankommt

Um auch praktische Erfahrungen mit Klarna in die Debatte einfließen zu lassen, hat die NEUE am Sonntag mit Paloma Mock, einer Benutzerin von Klarna, gesprochen. Wichtig ist zu betonen, dass die folgenden Aussagen eine subjektive Ansicht wiedergeben und Mock nicht für alle Kunden von Klarna sprechen kann.

Paloma Mock bezahlt alle zwei bis drei Monate mit Klarna <span class="copyright">NEUE</span>
Paloma Mock bezahlt alle zwei bis drei Monate mit Klarna NEUE

Nutzung bei Onlineshopping. Paloma Mock verwendet die App Klarna regelmäßig, wie sie der NEUE am Sonntag erzählt: „Ich verwende Klarna eigentlich immer, wenn ich online einkaufe. Das mache ich etwa alle zwei bis drei Monate.“ Die Lustenauerin, die derzeit im Medienhaus als Trainee arbeitet, bestätigt, dass auch viele junge Menschen in ihrem Umfeld Klarna für die Bezahlung in Onlineshops verwenden.

Die Vorteile der App liegen für die 21-Jährige auf der Hand: „Dank dem Zahlungsaufschub kann ich warten, bis mein Paket ankommt, bevor ich die Rechnung begleiche. So kann ich sicher gehen, dass ich nur für die Ware, die ich auch wirklich bekomme, bezahle.“

Mahnung erhalten

In einem Fall ging diese Taktik bei ihr aber nicht auf. „Ich habe eine Bestellung nicht bekommen, dann habe ich natürlich auch nicht bezahlt. Daraufhin hat Klarna mir eine Mahnung geschickt.“ In der App meldete Paloma Mock daraufhin das Problem, woraufhin sie die Rechnung nicht bezahlen musste. In ihrem Fall gab es keine Probleme mit dem Kundensupport.

Bei einer anderen Bestellung gab die Lustenauerin bei der Bezahlung einen falschen Verwendungszweck an, woraufhin ihre Rechnung nicht als bezahlt angezeigt wurde. In diesem Fall konnte ihr der Kundensupport ebenfalls weiterhelfen. „Ansonsten haben bei mir alle Zahlungen mit Klarna funktioniert.“, bestätigt Mock.

Keine Ratenzahlung

Großen Wert legt Mock darauf, nur auf seriösen Seiten zu bestellen. Außerdem macht sie einen großen Bogen um die Ratenzahlung, wie sie sagt: „Von Ratenzahlung halte ich nichts. Wenn ich eine Zahlung aufschiebe, habe ich eine klare Deadline, bis wann der Betrag bezahlt werden muss, und dann ist alles abbezahlt. Ich schiebe die Zahlungen dann auch nicht noch weiter auf.“
Gleichaltrigen rät sie, sich einen Finanzplan zu machen, um den Überblick über ihr Geld zu behalten und keine Schulden anzuhäufen. „Alternativ kann man sich auch eine Notiz schreiben oder eine Erinnerung am Handy einrichten“, so die 21-Jährige.