Rückbau der Alpe Krähenberg oder „Urlaub am Bauernhof“?

Vor einem Jahr wurde die Benützung der Alpe Krähenberg in Sibratsgfäll von der Gemeinde untersagt. Der unterschriebene Kaufvertrag aus dem Jahr 2022 des Unternehmers Christian Beer liegt auf Eis. Die NEUE hat nachgefragt.
Von Kurt Bereuter
neue-redaktion@neue.at
In letzter Zeit war es verhältnismäßig ruhig, rund um die wohl am heißesten diskutierte Liegenschaft in ganz Vorarlberg. Die NEUE hat sich dem Thema Alpe Krähenberg erneut angenommen und mit sich bei den Protagonisten über den aktuellen Stand informiert.
Eine Frage des Rechts
Seit damals tobt ein oder gleich mehrere Rechtsstreitigkeiten. Während die Verkäuferseite als seinerzeitiger Bauherr von einer Anwaltskanzlei vertreten wird, hat die Gemeinde Sibratsgfäll bislang auf eine anwaltliche Vertretung verzichtet und setzt auf die „Unterstützung“ des Landesvolksanwaltes (VA), der in diese Angelegenheit involviert wurde. Dieser lobt die Gemeinde und den neuen Bürgermeister Martin Bereuter, sich in dieser Sache sehr kooperativ zu zeigen und den Empfehlungen der Volksanwaltschaft zu folgen.

„ Der wesentliche Unterschied liegt nicht in der Größe des Gebäudes, sondern darin, dass statt Abstellflächen zusätzlicher Wohnraum geschaffen wurde. Dazu – und dies ist der einzige Unterschied zum bestehenden Betriebskonzept – sollen bis zu zehn Betten im Rahmen des Urlaubs auf dem Bauernhof verwendet werden.“
Wilhelm Klagian, Rechtsvertreter
Nachgefragt
Die NEUE bei der Gemeinde Sibratsgfäll, beim Amt der Vorarlberger Landesregierung, bei der Volksanwaltschaft (VA) und dem Verkäufer nachgefragt, ob und wann in dieser Rechtssache etwas weitergeht. Christian Beer als potenzieller Käufer erklärt: „Wir sind wie die Jungfrau zum Kind in diese Situation geraten, das spielt sich zwischen dem Verkäufer und der Gemeinde ab. Aber wir verstehen nicht, warum sich das so in die Länge zieht. Das sollte jetzt rasch und sauber abgehandelt werden, sonst verlieren wir das Interesse an einem Kauf. Es schadet auch dem Gebäude, wenn es nicht genutzt wird, und dieses wurde ohne öffentliches Geld, mit privaten, versteuerten Geldern errichtet und bleibt so in Händen von regionalen Eigentümern, was dem Verkäufer, Richard Morscher, ein Anliegen ist.“
Keine weiteren Fehler
Bürgermeister Martin Bereuter hat diesen „Akt“ von seinem Vorgänger „geerbt“ – ein Erbe, das er nicht ausschlagen konnte – und erklärt, dass er keinen Fehler mit einem anderen Fehler korrigieren will und er jetzt rechtlich korrekt handeln wolle. Innert zwei Wochen werde von der Baurechtsverwaltung Bregenzerwald ein letzter Verbesserungsauftrag im Bauverfahren mit einer knappen Frist von 14 Tagen ergehen und ein Abbruchbescheid für die nicht genehmigte Garage erlassen. Falls dieser Verbesserungsauftrag nicht erfüllt werde, dass das Gebäude bewilligt werden kann, werde es einen massiven Rückbau oder sogar einen Abbruch geben müssen.
Und überdies müsse ein schlüssiges Bewirtschaftungskonzept vorgelegt werden, das vom Amt der Vorarlberger Landesregierung geprüft und begutachtet werde. Das sei aber erst möglich, wenn ein solches vorliege. Das Bewirtschaftungskonzept aus dem Jahre 2012 durch den bisherigen Landwirt aus Egg sei so nicht mehr erfüllt worden und somit liege auch kein schlüssiges Bewirtschaftungskonzept vor.

“Es schadet auch dem Gebäude, wenn es nicht genutzt wird, und dieses wurde ohne öffentliches Geld mit privaten, versteuerten Geldern errichtet und bleibt so in Händen von regionalen Eigentümern, was dem Verkäufer, Richard Morscher, ein Anliegen ist.”
Christian Beer, Interessent
Urlaub am Bauernhof?
Dem widerspricht der Rechtsvertreter des Alpeigentümers, Dr. Wilhelm Klagian. Das vom Amtssachverständigen Martin Rusch 2012 bewilligte Betriebskonzept werde fortgeführt, allerdings: „Der wesentliche Unterschied liegt nicht in der Größe des Gebäudes, sondern darin, dass statt Abstellflächen zusätzlicher Wohnraum geschaffen wurde. Dazu – und dies ist der einzige Unterschied zum bestehenden Betriebskonzept – sollen bis zu zehn Betten im Rahmen des Urlaubs auf dem Bauernhof verwendet werden.“ „Dies entspräche auch der Landwirtschaftsstrategie Vorarlberg ‚Landwirt.schafft.Leben‘, aber diese will offenbar niemand umsetzen: Die Politik, das heißt die zuständigen Landesräte müssten dafür sorgen, dass die Verwaltung endlich rechtlich korrekt arbeitet“, so der Rechtsanwalt. Dieser Antrag ist mit 28. April 2025 datiert und bislang nicht beantwortet. Die Frist einer Behandlung ist also am Ablaufen.
Während die Eigentümerseite mit ihrem Rechtsvertreter Dr. Klagian davon ausgeht, dass die Baubewilligung vom 18. Juli 2012 rechtskräftig war, geht die Baubehörde von einem „Aliud“ aus, dass also nicht bloß Planabweichungen stattfanden, sondern etwas anderes gebaut wurde, als bewilligt war und es somit nicht nur keine Baubewilligung gibt, sondern eine etwaige sogar verfallen wäre, weil nicht innert von drei Jahren mit dem Bau begonnen wurde. Die Schlussprüfung am 1. April 2015 ergab nämlich, dass das Bauwerk den vorliegenden adaptierten Plänen entspricht, weshalb das Gebäude von der Baubehörde ohne Beanstandung abgenommen wurde, erklärt Dr. Klagian. Der einzige Fehler war, dass der Bürgermeister vergaß, den Bewilligungsstempel anzubringen, ist Klagian überzeugt. Die Baubehörde und die Volksanwaltschaft sind aber der Meinung, dass diese Schlussüberprüfung nicht ordnungsgemäß beurkundet wurde, nämlich ohne Stempel und ohne Unterschrift des Bürgermeisters Konrad Stadelmann, lediglich eine Paraphe ist erkennbar. Zudem hätte laut Volksanwaltschaft der Baubescheid an die zuständige Bezirkshauptmannschaft übermittelt werden müssen, was nicht geschah.
Landwirtschaftliche Nutzung?
In diesem Punkt scheiden sich die Geister. Während die Eigentümer mit Rechtsanwalt Klagian davon ausgehen, dass „jedenfalls unter Berücksichtigung des ergänzenden Antrages auf Genehmigung der teilweisen ‚Nutzungsänderung/-ergänzung‘ zu ‚Urlaub auf dem Bauernhof‘ dieses Gebäude so für den Betrieb einer landwirtschaftlichen Nutzung notwendig ist“, kann dem die Baubehörde nicht folgen.
Entscheidend wäre hier wieder eine Stellungnahme des Amtssachverständigen der Landesregierung, der aber erst tätig werden könne, wenn das Bauverfahren geklärt wäre. Klagian sieht jedoch den Amtssachverständigen im Amt der Vorarlberger Landesregierung als säumig, weil ein neues, schlüssiges Konzept zur Begutachtung vorliegen würde. Die Volksanwaltschaft merkt in ihrem Tätigkeitsbericht an, dass für die Bewirtschaftung der betroffenen Alpflächen eine Nutzfläche im Gebäude von maximal 145 ausreichend wäre, tatsächlich sind es fast 400, anstatt der „bewilligten“ 200 Quadratmeter. Die tatsächliche Bauausführung wurde laut VA bis dato nicht mit Bescheid bewilligt.

Suche nach einer Lösung
Der Eigentümer und sein Rechtsvertreter suchen nach wie vor eine einvernehmliche Lösung zu finden, die rechtskonform ist. Gegen einen Abbruch oder eine Redimensionierung des Gebäudes würde sich die Eigentümerseite laut Rechtsvertreter Klagian wehren und verlangt von der Baubehörde auch ihrerseits ein Tätigwerden und verweist auf mehrere Urgenzen. Sollte es tatsächlich zu einem Abbruch oder massiven Umbau kommen müssen, wäre die Gemeinde laut Klagian mit Schadenersatzansprüchen in Millionenhöhe konfrontiert. Die Weigerung des Amtssachverständigen, das bisherige und genehmigte Nutzungskonzept aufrechtzuerhalten, habe schon auch eine besondere Dimension.
Ermittlungen
Übrigens ist ein Ermittlungsverfahren wegen Verdachts des Missbrauchs der Amtsgewalt gegen den Alt-Bürgermeister Konrad Stadelmann vor mehr als einem Jahr eingeleitet worden. In welchem Stand sich dieses nach mehr als einem Jahr befindet, wurde von der Staatsanwaltschaft trotz Nachfragen nicht beantwortet. Die Eigentümerseite würde sich jedenfalls mit einer Amtshaftung und einer Schadenersatzforderung gegen die Gemeinde wenden, weil nicht nur der Bürgermeister, sondern auch der Bauausschuss der Gemeindevertretung frühzeitig durch einen Handwerker informiert wurden, dass hier anders gebaut werde, als aus den genehmigten Plänen ersichtlich sei. Daraufhin sei die Gemeinde schuldhaft nicht tätig geworden, habe viel mehr durch den Bürgermeister als Amtsperson bei der Schlussprüfung keine Beanstandung gemacht, so Rechtsanwalt Klagian. Ein Kontakt zum Alt-Bürgermeister Konrad Stadelmann konnte nicht hergestellt werden.
Rechtskonformität
Es würde wieder ein Bekanntmachungsverfahren notwendig, bzw. das von 2022 wieder aufleben, um zu klären, ob ein Landwirt mit Aufstockungsbedarf die Alpe zu einem ortsüblichen Preis kaufen möchte und könnte. Laut Auskunft des Vorsitzenden der Grundverkehrs-Landeskommission stelle das Vorliegen einer rechtswirksamen Baubewilligung für das gegenständliche Alpgebäude einen entscheidungswichtigen Umstand für die Bestimmung des ortsüblichen Preises der Alpe dar, weshalb das Verfahren bis zur Klärung dieser Vorfrage durch die zuständige Baubehörde ausgesetzt wurde.
Bäuerliche Interessen
Übrigens erzählte ein Insider, dass es sehr wohl bäuerliche Interessenten für die Alpe gegeben habe, die davon ausgegangen seien, dass „der Sack schon zu sei“. Aufgrund welcher Interventionen dieses Kaufinteresse dann nicht im Bekanntmachungsverfahren vorgebracht worden sei, könne nur gemutmaßt werden, sei aber wohl von „oben“ so besprochen worden.
Ein Ende in Sicht?
Die Baubehörde wird also einen Abbruchbescheid für die Garage erlassen und einen Verbesserungsauftrag mit einer Frist von zwei Wochen erteilen. Dann wird die Baubehörde mit der Baurechtsverwaltung Bregenzerwald entscheiden, ob das Gebäude laut neuen Plänen genehmigt werden kann, oder eben nicht. Wenn das Gebäude genehmigt wird, oder eben baulich angepasst wird, dass es genehmigungsfähig ist, wird das Nutzungskonzept durch den Amtssachverständigen begutachtet werden müssen. Und dann wird das Bekanntmachungsverfahren folgen, um die Liegenschaft einem Nicht-Landwirt verkaufen zu können.
Es bleibt also abzuwarten, mit welchen baupolizeilichen Schritten die Baubehörde zur Überwachung der Bauausführung und des rechtmäßigen Zustandes nun Erfolg hat oder der Bauwerber mit seinen rechtlichen Schritten. Ein Ende dieses Rechtsstreites ist auf alle Fälle nicht absehbar, weil die Eigentümerseite mit rechtlichen Mitteln ihr Begehr einer Baugenehmigung für dieses Objekt fortsetzen will und die Alpe verkaufen will. Sollte es doch zu einem Rückbau oder gar Abbruch kommen müssen, wird spannend, wer die Kosten dafür tragen wird.
Auch die VA geht davon aus, dass in diesem Verfahren Vorschriften nicht beachtet wurden, die Bauausführung samt Schlussüberprüfung mangelhaft überwacht wurde, die baubehördliche Genehmigung nicht an die Aufsichtsbehörde übermittelt wurde und baupolizeiliche Maßnahmen, trotz Kenntnis der tatsächlichen Ausführungspläne, als Missstand in der Verwaltung der betroffenen Gemeinde festgestellt wurden. Ob diese Fehler im Falle einer Schadenersatzforderung nun der Gemeinde oder dem damaligen Bürgermeister persönlich angelastet werden, bleibt ebenso abzuwarten, wie eine allfällige Aufarbeitung dieser Geschichte im Rahmen eines Strafverfahrens wegen Verdacht des Missbrauchs der Amtsgewalt gegen den Ex-Bürgermeister, falls es zu einem solchen kommt. Für alle Beteiligten gilt die Unschuldsvermutung.