Wo Verputzen mehr ist als Putz auftragen

Die Maler Heinrich Hosp, sein Sohn Florian und ihre Mitarbeiter haben die Propstei St. Gerold und das Kloster Marienberg verputzt. Mit Kalkputz, Feingefühl und einem Know-How, das die Wände versteht, statt sie glattzuspachteln.
Heinrich Hosp und sein Sohn Florian bewegen sich ganz selbstverständlich zwischen und in den Gebäuden der Propstei Sankt Gerold. Kein Wunder: Haben sie die Propstei doch vor einiger Zeit innen und außen neu verputzt. Die beiden Maler verwenden im historischen Bereich Kalkverputze, die sie selber herstellen. Im Fall der Propstei nach einem Jahrhunderte alten Rezept. Die Mauern bestehen aus Natursteinmauerwerk, gearbeitet haben Vater und Sohn ebenfalls mit reinen Naturmaterialien: Kalkputz ohne die Zugabe von Kunstharz. Ihre Verputze erfüllen die höchste Ökostufe. „Der Vorteil von unseren Putzen ist: Die Mauern können atmen“, bemerkt Heinrich Hosp.
Er erzählt von der Kunst des Verputzens, die so viel mehr ist als das Auftragen eines Materials. „Man muss die Mauer lesen können“, erklärt er, kneift die Augen zusammen und gleitet mit dem Blick kritisch von unten nach oben eine Außenmauer entlang. Die Fragen, die sich im Fall der Propstei aufgetan haben, waren vielfältig. Es ging darum, was zuvor für ein Putz verwendet und, wie oft mit was drübergemalt wurde. Außerdem, welche Farbe es werden durfte – weiß ist nicht gleich weiß. Bei älteren Gebäuden muss zum Beispiel auch überlegt werden, wie mit den vielen Unebenheiten der Mauern umgegangen werden könnte, die aus asymmetrischen Steinen bestehen. Wie kann der Innenverputz harmonisch an den Außenverputz, wie eine neu hinzugefügte Wand optisch harmonisch angeglichen werden? Das Ergebnis in der Propstei Sankt Gerold ist leicht, schwebend und mühelos. Die Arbeit zuvor ist ein altes Handwerk, das Vater und Sohn Hand in Hand ausgeübt haben.

Behutsame Restaurierung in der Propstei Sankt Gerold
Behutsam annähern. Tradition und Technik gehen in Sankt Gerold ineinander über. Das wird sichtbar, wenn die beiden eine Luftschleuse passieren, um nach oben in die Tenne zu steigen. Sie hält die Fliegen vom Pferde- und Kuhstall erfolgreich draußen. In Sankt Gerold als einem Ort der Begegnung wird gesessen, gegessen, gelehrt, diskutiert, übernachtet, entschleunigt. Die Sorgfalt, die Achtsamkeit, die Wertschätzung des Zwischenmenschlichen, sie alle sind zu spüren, sie alle werden von den verschiedensten Gästen wohlwollend zur Kenntnis genommen. Auch die Menschen, die hier arbeiten, und dazu gehörten die beiden Hosps, haben diese entschleunigte, behutsame Art der Annäherung, die unter anderem daher rührt, dass Jahrhundertealtes bewahrt wird. Während weiter unten die Pferde des ehemaligen therapeutischen Reitstalls Bewegung bekommen, sitzen im Essbereich Gäste aus Rom mit dem Bischof Benno Elbs zusammen beim Mittagessen. Gerne fasst Elbs in einem spontanen Zitat zusammen, warum er es so mag, hier zu sein: „Das hier ist ein Kraftort, der sich über die Jahrhunderte entwickelt hat. Kraft, Freude, Zuversicht, auch die Architektur atmet diesen Geist.“

Kalkputz auch im modernen Wohnbau gefragt
Heinrich Hosp erzählt von weiteren Projekten, die sie betreuen. „Bei altem Gemäuer wie Kirchen und Propsteien gibt es für unsere Art des Verputzes keine Alternativen. Wir spachteln aber auch Wände von neuen Häusern mit Kalkglätte und Lehm – weil es schön aussieht und ein fürs Atmen gesunder Verputz ist. Wesentlich teurer als ein normaler Untergrund ist unsere Kalkglätte nicht.“
Heinrich und Florian Hosp verwenden für ihren Kalkputz keine 08/15-, sondern natürliche Materialien. Für jedes historische Gebäude rühren sie eine eigene Kalkmischung an. In Niederösterreich haben sie eine Kalkgrube gekauft. Diesen Kalk verwenden sie für ihre Projekte. Bei der Kalkerzeugung wird der Kalk drei Tage und drei Nächte bei 1000 Grad gebrannt.
„Jeder Kalkstein enthält 40 bis 45 Prozent Wasser. Dieses Wasser entweicht beim Brennen, danach ist der Stein nur noch halb so schwer. Anschließend wird der Kalk gelöscht – das zischt und dampft, der Kalkstein zerfällt zu einer sämigen Masse“, erklärt Florian. Herausgefunden haben die Sache mit dem Kalklöschen die Alchimisten am Lagerfeuer. Eine Schicht Wasser auf den gelöschten Kalk geben, und dieser bleibt für Jahre so – solange, bis er verwendet wird. Bereits die Griechen und Römer haben Kalk gebrannt, bereits 2500 Jahre vor Christus wurde in Mesopotamien diese Technik angewandt. Heutzutage arbeiten Hosps für Denkmalschutzprojekte und für neue Häuser auch im Privaten mit Kalk. „Bei Architekten ist Kalk gerade voll im Trend“, sagen sie. Sie erzählen von der riesigen Anlage des Klosters Marienberg in Bregenz, die ihr neues Projekt ist. Hier geht es darum, Fehlstellen zu ergänzen mit dem ursprünglichen Material, die richtigen Pigmente zu verwenden, den passenden Farbton zu mischen – und gut beschriftete Farbreste aufzubewahren für ein nächstes Mal.

Familienbetrieb mit Leidenschaft für Handwerk
Vater und Sohn erzählen vom gemeinsamen Arbeiten. Davon, dass jede Generation Neues einbringt, und wie verhindert wird, dass altes Wissen verloren geht. Florian Hosp sagt, er wollte schon immer mit seinem Vater zusammenarbeiten. Mit 15 Jahren begann er seinen ersten Ferialjob bei ihm. „Ich arbeite gerne mit den Händen“, sagt er. Trotzdem hat er, um das Alte mit Neuem verbinden zu können, auf den Rat seiner Eltern hin, in Wien Umwelt- und Bioressourcenmanagement studiert. Jetzt Seite an Seite mit ihm zu arbeiten, macht Florian Freude. Es ist eine Freude, von der auch viele Gebäude und ihre Nutzer profitieren können.
kontakt
Heinrich Hosp – Malerei, Denkmalpflege, Kalk
Faschinastraße 320, Thüringerberg
Tel. 0664 2614789
Mail: heinrich.hosp@iplace.at
Web: www.heinrich-hosp.at